Review
Starquake - Times That Matter
Willkommen in den 1970ern! Willkommen in der Gesellschaft von Rainbow, Deep Purple, Uriah Heep und Iron Butterfly! Willkommen bei Starquake! Mikey "the Voice" Wenzel, bayerischer Multiinstrumentalist und Songwriter, ist es gelungen, die Stimmung jener Zeit des musikalischen Aufbruchs, in der das graue Alltagsleben gerne mal dank mach kleiner Pille etwas aufregender und bunter gemacht wurde, nahezu perfekt und authentisch einzufangen. Dafür stehen schon die ersten beiden Stücke seines Albums Times That Matter, für das er eine Reihe talentierter Gastmusiker mit ins Boot geholt hat. "Scenes From A Revolution" und "Close Encounter" sind hymnisch, progressiv und verspielt zugleich. Gerade die Gitarrensoli, die Hammondsounds und Synthesizerarrangements auf Times That Matter sind erste Klasse, wie man im Instrumentalstück "Goodbuye My Friend" in komprimierter Form bestätigt findet. Dazu schwankt die Stimmung von Song zu Song. Neben hymnischen Nummern haben auch Balladen ihren Platz ("Times That Matter" mit herrlichem Thema von der Akustikgitarre), selbst etwas düstere, sphärische Klänge dürfen nicht fehlen ("The Needle Lies") und am Ende gibt es noch einen Schuss NWOBHM mit oben drauf ( "Here I Go Again"). Krönender Abschluss ist das bizarre Artwork von Cover-Künster Rodney Matthews, das die Stimmung des Albums nicht besser hätte umsetzen können.
So weit so gut? Nicht ganz! Denn die bunt schillernde Fantasy-Welt hat auch ihre Schattenseiten! Zwar braucht man über die stimmliche Wandlungsfähigkeit des Herrn Wenzel nicht diskutieren, in den höheren Lagen kommt er aber gelegentlich ins Straucheln. Der Song "Going Mad" wird dank grauenvoll hoher Verse und einem völlig schrägen, kanonartigen Chor zur nervlichen Zerreißprobe. Gut - ist in Anbetracht des Titels vermutlich sogar gewollt. Dafür fehlt im 20-minütigen "Rise And Fall" über weite Strecken ein roter Faden, der die aneinander gereihten Passagen verbindet. Schließlich ist da noch der Song "No More Hate", der sich von Anfang bis Ende als eine 1:1-Kopie des Maiden-Klassikers "Wasted Years" entpuppt. Da möchte man schon mitsingen, nur der Text passt eben nicht. Vielleicht steht im CD-Booklet, das mir leider nicht vorliegt, ja irgendwo eine Fußnote mit dem Hinweis "Music by Iron Maiden, Lyrics by M. Wenzel". Ohne diese Erkenntnis kann man über den Song allerdings nur den Kopf schütteln. Wenigstens verdeutlicht er die tiefe stimmliche Kluft zwischen Wenzel und einem Kaliber wie Bruce Dickinson!
Am Ende der 73 Minuten Spielzeit heißt es Pro und Kontra abzuwägen. Times That Matter bietet unheimlich viel zu entdecken und richtig starke Momente, man hat aber auch das Gefühl, dass hier unterm Strich einfach etwas zu viel reingepackt wurde und einige Schwachpunkte noch ausgemerzt werden konnten.