Review
Mystic Circle - Hexenbrand 1486

VÖ: 31. Oktober 2025
Zeit: 46:43
Label: ROAR! Rock Of Angels Records
Homepage: www.mystic-circle.de
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Wann immer ich Musiker im fortgeschrittenen Alter mit Corpsepaint, massenhaft Nieten und Patronengurten so böse wie nur irgendwie möglich posieren sehe, stelle ich mir wie von selbst die Frage, ob man solch ein Gehabe nicht irgendwann einmal hinter sich lässt. Im Fall von Mystic Circle zaubert es mir allerdings ein wohlwollendes Grinsen ins Gesicht, wenn Graf Beezlebub und Kollege Blackwar dieses uralte Black-Metal-Klischee mit maximaler Akribie zu erfüllen versuchen. Schließlich wurde die Band von Anbeginn wie kaum eine andere gemobbt und des schweren Verbrechens des Posings ohne ernsthaften Prozess schuldig gesprochen. Es gleicht also einem dicken Stinkefinger, wenn sich die Musiker auch im vierten Jahr nach der Re-Union keinen Deut darum scheren, was andere über sie sagen. Soviel Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr, schließlich werden die beiden schon ganz genau wissen, was sie für ein Brett am Start haben.
Hexenbrand 1486 ist - der Name verrät es bereits - ein Konzeptalbum über die mittelalterliche Hexenverfolgung. Genau das richtige Futter also für all jene, die mit Religiosität nichts am Hut haben! Musikalisch schielt das Rheinland-Pfälzer Duo in Richtung seiner ersten drei Alben und liefert wütenden, aber stets melodischen Black Metal. Der Synthesizer ist weit weniger präsent, als in den späten 1990ern, wird stattdessen dezent aber effektiv eingesetzt, um hier und dort ein gewisses 70er Horrorfilm-Feeling zu erzeugen. Gelegentlich gesellen sich auch weibliche Vocals zu Beelzebubs heiseren Screams und zaubern schauderhaft schöne Momente. Keine Geringeren als Sarah Jezebel Deva (Cradle Of Filth) und Karo Hafke (Umbra Et Imago) konnten für ein Stelldichein verpflichtet werden! Was dem traditionsbewusst schwarzmetallischem Material jedoch einen besonderen Stempel aufdrückt, sind die zahlreichen "sauber" gespielten Gitarrensoli, die ebenso gut auf einem klassischen Heavy-Metal-Album ihren Platz gefunden hätten.
Mit dieser Mischung - schnell und pointiert gespielter Black Metal, viel Melodie und Atmosphäre, dazu manch ein Blick über den Tellerrand - erwachsen Songs wie "Luciferian", "The Scarlet Queen Of Harlot" oder "Ghost Of Whitechapel" zu rabenschwarzen Gassenhauern. Bis hin zum Endspurt mit dem eindringlichen "Dance On The Wings Of Black Magic" halten Mystic Circle das Feuer am Lodern und beweisen, dass überzeugender Black Metal nicht zwangsläufig nach Skandinavien klingen muss. Das werden eingefleischte Underground-Verfechter, denen es nicht roh und primitiv genug klingen kann, freilich anders sehen. Black Metal ist eben ein weites Feld, in dem auch unterschiedliche Herangehensweisen toleriert werden sollten. Also transportieren wir die Hexenjagd doch nicht ins Hier und Jetzt, sondern freuen uns über ein Album, welches im ausklingenden Jahr 2025 als kleines Genre-Highlight gesehen werden kann.


