Review
Revolting Cocks - Got Cock?
VÖ: 13. April 2010
Zeit: 53:54
Label: 13th Planet Records
Homepage: www.revoltingcox.com
Ministry is history, long live the Revolting Cocks! Was vielen entging, ist der Umstand, dass die Cocks von Mastermind Al Jourgensen bereits vier Jahre nach Ministry ins Leben gerufen wurden - 1985 - und somit 2010 schon ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Got Cock?, das dieser Tage rechtzeitig zur gepflegten Industrial-Jubiläums-Party erscheint, bedeutet Studio-Album Nummer sechs des Sideprojekts, in dem Jourgensen von jeher sein Faible für Dance-Rhythmen, elektronische Spielereien in sämtlichen Farben und derb-sarkastische Lyrics auslebte. Verstärkt wird der Pate des Industrial Metals von Sin Quirin (Git.), Josh Bradford (Voc.) und Clayton Worbeck (Keys). Wer allerdings mit der Erwartung, eine andere Version von Ministry zu hören, an die Cocks herangeht, dürfte enttäuscht werden.
Denn schon der Opener "Trojan Horse" liegt fast meilenweit von deren Ultraschall-Geschredder entfernt, werden doch in "Trojan Horse" schleppende Dead Can Dance-Grooves mit bitterkalter Sisters Of Mercy-Atmosphäre angemixt. Im Folgenden ergibt sich ein buntes Sammelsurium tanzbarer Nummern, die mal nach The Doors meet Depeche Mode, wie in "Dykes", mal gar nach Pain, wie in "Air Traffic Control" und mal nach Cheech und Chong, denen die Ehre zuteil wurde, einer Techno-Party als DJs vorstehen zu dürfen, wie in "Filthy Senoritas" klingen. Allerdings finden sich auch einige ordentlich scheppernde Nummern auf Got Cock?. Man teste "Juice" und die daran anschließenden "Piss Army" und "Fuck Monkey" an, die dann doch ruckartig an Liedgut vor allem von Filth Pig (Ministry, 1995) und Animositisomina (Ministry, 2003) erinnern, was wie die alles andere als jugendfreien Texte des Meisters (man vergleiche dazu beispielsweise die Verse im sehr gelungenen, energiegeladenen und sogar mit kurzen Growls aufwartenden "Bitch Addictive) zum hohen Overall-Unterhaltungsfaktor beiträgt. Am Ende der Scheibe erklingt "Poke-A-Hot-Ass" mit allem Alice In Chains-Flair der ersten Stunde und das von Damenstimmchen verzierte und mit dem Potential zum Disco-Hit ausgestattete "Me So Horny", so dass der Hörer einen recht kurzweiligen Trip the revolting way erleben darf.
Zwei Drittel der Stücke machen letztlich Laune, laden dazu ein das Tanzbein zu schwingen und liefern die Verpackung bissigster Sozialkritik. Der Clue liegt sicher in den schweineigeligen Lyrics, die Jourgensen pur ins heimatliche Wohnzimmer bringen. Gut zu wissen, dass Mr. Al keineswegs auf dem musikalischen Rückzug ist. Electro-Freaks, tolerante Ministry-Anhänger und vor allem Freunde abartigen Humors sei die Platte ans Herz gelegt. Bleibt nur noch die finale Frage: Got Cock?
Fuxx
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