Review
Ihsahn - After
VÖ: 25. Januar 2010
Zeit: 53:07
Label: Candlelight Records
Homepage: www.ihsahn.com
Nach dem fabelhaften Zweitwerk AngL sind meine Erwartungen an das neue Album aus dem Hause Ihsahn hoch gesteckt. Vegard Sverre Tveitan, der Mann hinter diesem Pseudonym und nebenbei noch einer der kreativsten Musiker in der norwegischen Metal-Landschaft, vertraut auf das Erfolgsrezept des Vorgängers, hat erneut Asgeir Mikelson (Borknagar, Spiral Architect) für das Schlagwerk und Bassist Lars Norberg (Spiral Architect) ins Boot geholt und diese formidable Truppe nun noch mit dem Saxophonisten Jorgen Munkeby von der norwegischen Band Shining komplettiert. Das Saxophon in seine Kompositionen einzubringen, war besonderes Anliegen des Allrounders. Das ist im Metal zwar nicht unbedingt neu, aber immer noch exotisch und hat auch entscheidenden Anteil am Gesamtwerk After, dem so ein Hauch von Jazz eingeblasen wurde. Aber eines nach dem anderen.
So schwer und sperrig sich der Opener "The Barren Lands" aus den Boxen rollt, so wild und chaotisch fegt das anschließende "A Grave Inversed" aus denselben. In all seiner hysterischen Raserei weckt das Stück Erinnerungen an Ihsahns Schaffen bei Emperor, distanziert sich von diesem aber dank irrwitziger Gitarrenduelle und nicht zuletzt durch konfuse Saxophoneinlagen, die hier zum ersten Mal in Erscheinung treten. Regelrecht versöhnend wirken da die Noten des Titeltracks, in dem Ihsahn demonstriert, dass er in all den Jahren seiner Karriere nicht nur als Musiker und Komponist, sondern auch als Sänger gewaltig gewachsen ist, wenn er neben seinem garstigen Keifen zu singen beginnt. Ein hypnotisch-stures Midtempo-Drumming treibt das schwarzmetallische "Frozen Lakes On Mars" voran. Allerhand periphere Spielereien, ruhige Einschübe und nicht zuletzt ein herausragender Refrain sorgen für ein Highlight des Albums - ein Song, in dem man sich verlieren kann. Mit "Undercurrent" folgt nun der erste von zwei Zehnminütern auf dem Silberling. Entspannt und meditativ ist sein Auftakt - zarte Akustikgitarren, vom Saxophon in warmen Klängen untermalt, dann erste Dissonanzen, schließlich drückende Stromgitarren, zähflüssig wie erstarrendes Magma, alles überschlägt sich ehe einem ruhigen Ausklang. Fabelhaft!
Mit der sanften Ballade "Austere" bleibt das Album gemäßigt, Akzente werden durch eine Hammondorgel gesetzt. Doch all die Harmonie soll sogleich auf der Strecke bleiben: nach beklemmendem Einsatz wartet das energetische "Heavens Black Sea" mit einem markanten Gitarrenthema und erstklassigen Soloeinlagen auf, aber eben auch mit einem improvisiert, beinahe entnervend wirkenden Saxophonspiel, dem hier vielleicht ein wenig zu viel Raum gegönnt wurde. "On The Shores" nennt sich der finale Monstertrack, der nahtlos an seinen Kollegen "Undercurrent" anknüpft, indem er dessen ausklingendes Saxophonthema als sein Hauptmotiv aufgreift, das Blasinstrument zum unumstößlichen Protagonisten macht und ebenfalls durch unterschiedlichste Emotionen führt.
Zurück zum Anfang: AngL hatte in meinem kleinen Hafen sicherlich schneller einen festen Ankerplatz gefunden, als es nun bei After der Fall ist. Mit einem leicht zugänglichen Album war von Ihsahn allerdings auch nicht zu rechnen. Und man hätte an dieser Stelle gut und gerne einen doppelt so langen Text verfassen können angesichts dessen, was auf After alles geboten wird und erfahren werden kann. Aber auf diese Reise muss sich der geneigte Hörer schon selbst begeben. Der Weg mag streckenweise zwar lang und beschwerlich wirken, aber das Ziel zu erreichen lohnt sich auf jeden Fall. After ist ein faszinierendes Werk geworden. Freunde aktueller Alben von Enslaved, Borknagar und Opeth werden sicher ihre Freude haben.