Review
Uriah Heep - Celebration - Forty Years Of Rock
Es gibt nicht viele Kombos, die zum einen über einen Zeitraum von vierzig Jahren im Geschäft sind (das ist eine lange Zeit. Glaubt einem alten Mann), und noch weniger, die zumindest einen Song ihr Eigen nennen können, den nicht nur Hinz und Kunz, sondern auch deren Kindeskinder und Väterväterväter kennen und trällern. Und wer noch nie am Lagerfeuer oder bei Klassenfahrten (solche seltsamen Dinge gab es vor dem Zeitalter von Lokalisten & Co., liebe Kinder) auf irgendeiner Schrammelgitarre, die der langhaarige Typ immer dabei hatte, dem unsterblichen, unverwüstlichen "Lady In Black" lauschen durfte und sich finster an den Auftritt der wirren Gestalten in Ilja Richters Disco erinnerte, für den sind die 70er oder 80er so weit wie die Steinzeit.
Aber nicht mit uns! Niemals! In unserer gehegten Sammlung historischer Konzert-Tickets findet sich als eine der frühesten Beiträge ein Pappdeckel vom 7. September 1987, und da spielten beim 19. Miltenberger Rockfestival im Rahmen der allseits beliebten Michaelimesse "The successful Live-Bands of the '70th" - und wenn es wohl immer ein Geheimnis bleiben muss, wer denn wohl der angesprochene Siebzigste gewesen sein mag (nun gut, man hob wohl eher auf die "'70s" ab), war die Vorstellung von Golden Earring, Wishbone Ash und eben Uriah Heep damals durchaus mustergültig. Und wurde seinerzeit schon zu Unrecht als Rentnertour bezeichnet.
Für alle, die wissen, was ich mit dem ganzen Präambeln meine, sollte zumindest die Songauswahl auf dieser Scheibe ein Leckerbissen sein. Denn die Heeps (oder zumindest das, was in der sehr wechselvollen Geschichte noch von ihnen übrig geblieben ist) haben zu ihrem 40jährigen Jubiläum die Highlights ihrer Bandhistorie nochmals neu eingezimmert. Puristen werden jetzt wie üblich die Originale vergleichen, feststellen, dass der Sound damals viel wärmer und authentischer war, dass der Gesang nicht passt, und warum eigentlich muss man alte Songs noch mal neu einspielen. Andererseits kann man aber auch einfach zurücksinken und die neuen Fassungen als Streifzug durch einige Juwelen des melodischen Hardrock erleben. Immer im gleichen Fahrwasser wie Rainbow und andere Hammond-Rocker der Dekade langer Haare und schlechten Geschmacks zeigt diese Zusammenstellung, welche kompositorische Klasse die Jungs in ihren besten Zeiten erreichten: "Sunrise", "Stealin'", "Free And Easy" (Speed!), "Gypsy" (massiver Groove), "Between Two Worlds", "Easy Living" (das ja von Blackie auch für W.A.S.P. umgeschmiedet wurde) - solche Nummern leben von dichter Atmosphäre, massiven Orgelteppichen und schwerer erdiger Schlagseite. Vor allem machen sie deutlich, dass die Band mit dem (natürlich auch vertretenen) "a ahaa a haa ha ha"-Stück und der besungenen Dame in Schwarz eigentlich falsch im kollektiven Gedächtnis hängt - keineswegs sind das die Hippie-Rocker, die der Unbedarfte hier vermuten sollte. Nein, trotz aller Balladen ("The Wizard", "Free Me" - herrje, das hab ich von den Schlagern von Woche auf Kassette aufgenommen) ihnen gebührt ein Platz gleich in der Nachbarschaft von Rainbow, UFO, Whitesnake und neueren Vertretern der Richtung wie Thunder.
Zwei neue Songs gibt es auch zu bestaunen: "Only Human" bietet eingängigen Radio-Rock, während "Corridors Of Madness" eher in die groovig rockende Kerbe schlägt.
Im Winter kommen sie auch nach Deutschland. Und bis dahin blättern wir alle noch mal im David Copperfield (nix Fernsehzauberer, Charles Dickens) und lesen nach, wie der gute Uriah Heep beteuert, dass er "ja so bescheiden" sei.