Review
Ned Evett - Middle Of The Middle
Ned Evett ist so etwas wie ein Pionier. Und das kam so: vor ungefähr 15 Jahren kam der Herr aus Nashville auf die Idee, mit einer Zange die Bundstäbe aus einer billigen Fender Stratocaster zu zerren. Weil da ja nicht genug ist, versah er das Griffbrett mit verspiegeltem Glas. Warum man so was macht? Nicht nur, um bei Wetten Daß...? eine lustige Geschichte zu haben. Nein, man erzeugt somit auch eine ähnliche Spieltechnik, wie sie bei klassischen Saiteninstrumenten wie Geige oder Bass üblich ist: nämlich die Nutzung eines größeren Klangspektrums durch Entfernen der Begrenzung durch die Bundstäbe.
Auf seiner Website www.fretlessguitar.com bietet der Meister seine Kreationen feil, und illustre Kollegen wie John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers zählen zur zurfriedenen Kundschaft. Musikalisch blickt er ebenso auf eine durchaus bemerkenswerte Karriere zurück - so etwa durfte er mehr als fünfzig Male für Gitarrenheld Joe Satriani die Meute anheizen und ging auch wiederholt selbst auf Tour.
Auf seinem aktuellen Studioalbum präsentiert dieser Meister der eigenwilligen Spielart nun also insgesamt 13 Beispiele, was man aus einer umgebauten Gitarre alles herauszaubern kann. Der Sound ist im Easy Listening-Bereich angesiedelt: böse Zungen könnten das Fahrstuhlmusik nennen, aber fairer wäre wohl die Einschätzung extrem gekonnt gemachte Chillout-Klänge. Mit rockiger, manchmal leicht jazziger Basis kredenzt Herr Evett eins ums andere Sahnetörtchen in Sachen Singer/Songwriter, die nie anecken, aber immer sehr fein zusammengestellt sind und durchaus eine große Bandbreite klanglicher Art offenbaren.
Hut ab für die kreative Leistung, Gitarren hin zum klassischen Gebrauch zu bringen, und Respekt für die lockere Art, dann damit musikalisch umzugehen. Nix für Betonköpfe, aber durchaus testenswert für Freunde von entspannten Momenten.