Review

Leicht haben es einem Dornenreich noch nie gemacht. Doch Erfolg war den österreichischen Musikern, egal ob mit dem Black Metal der frühen Tage oder den mit Dark Rock- und Neofolk-Einflüssen durchsetzten Kompositionen der letzten Alben, an sich immer beschieden. Warum sollte es also dieses Mal anders sein - auch wenn die Vorraussetzung nun wieder anderer Natur sind?

In Luft Geritzt heißt der neueste Streich der beiden Ausnahmekünstler Jochen "Eviga" Stock und Thomas "Inve" Riesner. Und dies könnte als Titel nicht passender sein, denn 2008 gehen Dornenreich noch einen Schritt weiter und warten mit einem reinen Akkustikalbum auf, welches sich jeder Kategorisierung in den oft bemühten und bekannten Sparten völlig zu entziehen vermag. Einzig Akkustikgitarre, Geige und Schellenkranz finden Verwendung, nur an einigen wenigen Stellen schleicht sich Gesang in die Lieder.

Zu minimalistisch mag mancher nun denken - faszinierend und fesselnd trifft es in meinen Augen aber eher. Die Kompositionen entwickeln gerade durch die Abwesenheit einer Vielzahl von Instrumenten eine ganz eigene Atmosphäre und Dramatik, welche durch ein geschicktes Spiel von Dynamik und unterschiedlichen Tempi noch verstärkt wird. Zugegeben, daran muss man sich erst einmal gewöhnen - entziehen kann man sich der Faszination der Lieder nicht. Das Zusammenspiel von Gitarre und Geige (wobei letztere das führende Instrument ist) begeistert die Ohren und kann immer wieder mit unerwarteten Melodien und Akkorden aufwarten, die der Musik Tiefgang und Intensivität verleihen. Intensivität erlangen die Stücke auch durch den "Gesang". Anstatt Strophen belässt man es bei Wortfetzen, teilweise auch einzelnen Sätzen, die trotz ihres Minimalismus perfekt zur Musik passen und ihren eigenen Raum für Interpretation lassen.

In Luft Geritzt benötigt Zeit - viel Zeit. Den richtigen Zugang zu diesem Album zu finden heißt die Herausforderung vor die Dornenreich ihre Fans wieder einmal stellen. Diese zu bewältigen erscheint auf die ersten Durchläufe schwerer denn je aber sobald es gelingt, erwartet den Hörer ein atemberaubendes Kunstwerk, mit dem die Österreicher wieder einmal beweisen, dass sie in der Szene einzigartig sind. Hoffentlich bleiben sie das noch lange Zeit...

JR

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