Review
Atrocity - Werk 80 II
VÖ: 29. Februar 2008
Zeit: 46:19
Label: Napalm Records
Homepage: www.atrocity.de
Ja, wo isses denn? Es scheint irgendwo verschwunden zu sein. Habt ihr es gesehen? Ups, ihr wisst ja gar nicht, was ich suche. Die Rede ist von meinem Humor-Gen, das sich anscheinend sang- und klanglos verabschiedet hat. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, ich sollte diese Scheibe lustig oder wenigstens unterhaltsam finden. Gelingt mir aber nicht wirklich...
Wie der Titel der CD schon andeutet, handelt es sich bei Werk 80 II um den zweiten Anlauf von Atrocity, 80er-Jahre-Hits in ein neues, metallisches Gewand zu kleiden und somit einer neuen Zuhörerschaft zu eröffnen. Und sowohl produktions- als auch spieltechnisch macht der Fünfer dabei eine recht gute Figur. Die Produktion klingt klar und differenziert und Verspieler lassen sich auch nirgends heraushören. Auch das Orchester, welches die Band bei den Aufnahmen unterstützte, wirkt organisch eingebunden und nicht nur aufgesetzt. Das alles liest sich doch gar nicht schlecht, warum zündet der Longplayer dann bei mir nur sehr bedingt? Die Hauptursache dafür liegt meiner bescheidenen Meinung nach in der Songauswahl. Die meisten der hier verwendeten Stücke sind in der Originalversion so stink langweilig, dass es schon ein Wunder wäre, wenn eine Neuauflage da wirklich zünden würde. Mal ehrlich: Welchem Metaller fallen denn bei Titeln wie "Forever Young" oder "Hey Little Girl" nicht nach spätestens 30 Sekunden die Augen zu? Und der einzige Grund, warum ich bei "Smalltown Boy" in der Originalversion nicht sofort wegpenne, ist das zehennagelaufrollende Kastratengejaule, welches mir die verbliebenen Haare zu Berge stehen lässt. Ich bin leider mit dem Zeug aufgewachsen (ja, ich bin wirklich so alt) und ich fand es damals schon öde wie sonst was, daran hat sich mit der Zeit auch nicht viel geändert. Gut, durch die Neubearbeitung gewinnen die Stücke tatsächlich was, aber leider nicht so viel, dass man mehr als gepflegte Langeweile damit verbreiten könnte. Einzig die schon im Original stärkeren Songs "Fade To Grey" und "Relax" wissen dann doch zumindest ansatzweise zu überzeugen, was wiederum deutlich macht, dass hier zwar Potenzial vorhanden wäre, aber mit der Auswahl der übrigen Stücke einfach kein Glücksgriff getan wurde. Und wenn bei den langweiligeren Songs durch die durchaus vorhandenen griffigen Riffs mal ein Aufhorchen meinerseits erzielt wird, werden diese Ansätze ziemlich schnell wieder zunichte gemacht, indem die Streicher und Bläser des Orchesters das Ganze durch ihren Einsatz wieder glattbügeln. Und ein klein wenig leistet auch die Stimme von Frontmann Alexander Krull ihren Beitrag dazu, den Songs die Energie zu nehmen. Er hat keine schlechte Stimme, das will ich gar nicht behaupten, aber sein Sangesstil ist auf Dauer doch ein wenig gleichförmig, da fehlt mir etwas das Besondere.
Insgesamt eignet sich das hier gebotene Liedgut vorzüglich als Hintergrundbeschallung zu gediegenen Anlässen, wirklich mitreißend finde ich sie nicht. Die CD ist nicht wirklich schlecht, und sie wird auch ihre Zielgruppe finden (wobei ich da nicht sicher bin, wer das sein soll), ich persönlich aber versehe sie mit dem Prädikat "gepflegte Langeweile", da hilft auch die durchaus ansprechend präsentierte Dita von Teese auf dem Cover nicht viel.
Hannes
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