Review
Proghma-C - Bar-do Travel
Ich möchte diese Rezension ausnahmsweise einmal mit einer kleinen Anekdote beginnen. Es ist der Tag vor Weihnachten. Wie in jedem Jahr bin ich in dieser Zeit bei meinen Eltern zu Besuch und habe mir über die Feiertage auch ein wenig Arbeit mitgenommen. So rotiert gerade das Album Bar-do Travel von Proghma-C im Player, als meine Mutter das Zimmer betritt. Und obwohl sie wirklich einiges an musikalischen Entartungen von ihrem Jüngsten gewohnt ist, verzieht sie doch ungläubig das Gesicht und verlässt mit dem Kommentar "Was hörst du denn da wieder?" schnell den Raum.
Ja, die Polen von Proghma-C stellen auch für mich eine Herausforderung dar. Das progressive Liedgut erhält seine düstere und morbide Atmosphäre durch ein tief gestimmtes, kratziges und fürchterlich abgehacktes Gitarren-Riffing. Dazu gesellen sich nach Belieben fragile Strukturen aus Akustikgitarre und Synthesizer, der gelegentlich auch flächig über den Sechssaiter gepinselt wird. Unverhofft stellen sich rockige Augenblicke ein, um kurz darauf mit einem Hauch von Ambiente oder New Age in Trance zu verschwimmen. Die Lyrics werden durch brutale Shouts zum Ausdruck gebracht, denen ein nahezu schüchtern wirkender Klargesang, Gesprochenes und Screams gegenüber stehen. Kurz: jeder Song auf diesem Album durchläuft seine eigene Metamorphose, bei der es oft holprige und schier endlos wirkende Brücken aus monotoner Instrumentalarbeit zu überwinden gilt.
Und obwohl ich ahne, dass auf deren anderer Seite eine geheimnisvolle und faszinierende Welt auf mich warten könnte, stellen diese Brücken ein echtes Hindernis für mich dar. Der Drang, die Skip-Taste zu betätigen erscheint oft übermächtig, aber ich halte durch. Nach der finalen Cover-Version von Björks "Army Of Me" habe ich es geschafft. Ich unternehme zwar noch manch anderen Anlauf, den Zugang zum komplexen Material will ich aber nicht finden. Andere haben womöglich mehr Erfolg. In der Fachpresse ihrer Heimat werden die vier Musiker mit ihrem Debüt jedenfalls euphorisch umjubelt. Für Freunde von Tool könnte sich das Antesten lohnen.
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