Review
Reverend Peyton's Big Damn Band - The Whole Fam Damnily
So, bevor ich jetzt weiter schreibe und ihr hier weiter lest, machen wir alle zusammen eine kleine Übung. Wir stehen auf, knien uns vor den Frühstückstisch und konzentrieren uns auf unsere Müslischüssel (der echte Schwarzmetaller darf gerne auch Schokoflakes verwenden). Dann richten wir uns ein klein wenig auf und blicken über den Tellerrand hinaus - weit, sehr weit darüber hinaus. Was wir dann am Horizont erahnen können, das ist der Reverend.
Der hat mit Metal nämlich soviel zu tun wie Cola mit Diätlimo. Anstatt auf harte Töne zu setzen, spielt der (leibhaftige) Reverend zusammen mit Frau und Bruder auf so weit verbreiteten Instrumenten wie Gitarre, Waschbrett und Schlagzeug eine recht unorthodoxe Mischung aus Hillbilly-Mucke, Country und Blues und hört sich dabei an, als hätte er eine Familienpackung Kautabak im Mund. Das musikalische Grundgerüst ist also recht spärlich gehalten. Zugegeben, singen kann der gute Mann nicht wirklich und auch die Instrumentalisierung ist sehr schlicht ausgefallen, d.h. die Töne, die den Instrumenten entlockt werden und auch die vorhandenen Songstrukturen sind unterm Strich recht bieder. Trotzdem oder vielleicht sogar deshalb entwickeln die Songs einen ganz eigenen Drive, bei dem es schwer fällt, ruhig sitzen zu bleiben. Live dürfte diese Mischung jedenfalls ziemlich mitreißend sein.
In den Liedern an sich geht es dabei zumeist nicht um Benedikts Vorgesetzten, sondern um die Sorgen und Nöte der "normalen" Bevölkerung. So schimpft der Reverend in "Can't Pay The Bill" über das amerikanische Gesundheitssystem oder prangert in "Walmart Killed The Country Shop" die Expansionspolitik des weltgrößten Einzelhändlers an. Bewegen sich die Texte dann doch einmal auf klerikalem Terrain, geschieht dies nie ohne ein Augenzwinkern. So heißt es in "Mama's Fried Potatoes" recht nüchtern: "I wanna thank Him for the food that He gave us - but it don't hold a candle to mama's fried potatoes."
Stellt sich letztlich nur noch die Frage, wem man dieses Album empfehlen kann. Jedem und niemandem würde ich sagen. Ich für meinen Teil hätte mir aber nicht träumen lassen, von einem Country-Blues-Album so gut unterhalten zu werden und kann nur jedem zu einer Hörprobe raten.
JR
Ohne Wertung
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