Review
Grab - Kremess

VÖ: 21. Februar 2025
Zeit: 55:39
Label: Prophecy Productions
Homepage: www.facebook.com/@Grabavaria/?locale=de_DE
Mit ihrem 2021er Debüt Zeitlang konnte die südbayerische Band Grab einiges an Aufmerksamkeit und gute Pressestimmen erlangen. Das Konzept, alpenländische Folklore mit Texten in regionaltypischem Dialekt in ein schwarzmetallisches Kleid zu stecken, kannte man zwar bereits von Bands wie Lunar Aurora oder Perchta, in Verbindung mit dem durchwegs überzeugenden und mitreißenden Songwriting erwies sich Zeitlang dennoch als zeitlos und hat das Zeug zum echten Genre-Klassiker.
Hoch gesteckt sind also die Erwartungen an den Nachfolger! So viel vorweg: mit ihrem Leichentrunk (Kremess) schaffen es Frontmann Grant und sein neuer Kollege Gnast aufs Neue mühelos, den Hörer in ihren Bann zu ziehen und in die finsteren Tiefen altbayerischer Mythen zu entführen. Das Rezept bleibt dabei zunächst unangetastet: Grab spielen urwüchsigen Black Metal, dessen Wurzeln wohl im hohen Norden Europas zu suchen sind. Gerade die Band Kampfar soll einem während der Kremess immer wieder in den Sinn kommen. Darüber hinaus lässt sich aber auch die Speerspitze der hiesigen Szene im Klang von Grab erkennen. Helrunar, Dark Fortress oder bereits erwähnte Lunar Aurora ließen sich hier ins Feld führen, was aber nichts an dem Umstand ändert, dass die Songs auf Kremess eben doch felsenfest auf ihren eigenen Beinen stehen. Das mag freilich dem Dialekt geschuldet sein und womöglich auch den feinen Akzenten, die mit Hackbrett, Viola oder Flöte gesetzt werden können. Am Ende ist es aber doch das außergewöhnlich gute und spannende Songwriting, das die Band Grab vom Gros ihrer Zunft separiert!
Mit "Waidler" haben Grant und Gnast eine vortreffliche und eingängige Hymne an den Start ihres Zweitlings gestellt, der unmittelbar an das Geschehen von Zeitlang anzuknüpfen weiß. Darauf folgen wiederholt auch nachdenkliche und schwermütige Momente in gedrosselter Taktung. Hübsche und verträumte Melodien erscheinen in eisiger Finsternis, etwa in "Kerkermoasta". "Vom Gab im Moos" beschreitet eher rockende Pfade, während die Akteure in "Deifeszeig" sprichwörtlich und in feinster Black-Metal-Manier die Hölle losbrechen lassen. Herausragend auch das zwölfminütige Finale, in dem zu eindringlichen und atmosphärischen Klängen samt schamanischer Gesänge "Da letzte Winter" besungen wird und ein feines Gitarrensolo die letzten emotionalen Schreie begleitet, ehe sich das Album im Rauschen des Windes zwischen alpinen Bergwäldern verliert.
Eine lange Reihe an Gastmusikern hat dazu verholfen, dass uns die Kremess wohl als unvergessliches Klanggelage in Erinnerung bleiben wird. Die Songs wirken dichter konstruiert und wohl auch einen Tick nachdenklicher als auf Zeitlang - glatt könnte man meinen, die Band Grab hat sich auf eine Art spirituelle Prozession begeben und man darf gespannt sein, wohin sie ihr Weg als nächstes führt.