Review
Grave Digger - Bone Collector
VÖ: 17. Januar 2025
Zeit: 46:47
Label: ROAR! Rock Of Angels Records
Homepage: www.grave-digger-clan.com
Nachdem uns Grave Digger mit den letzten beiden Drehern Fields Of Blood und Symbol Of Eternity wieder einmal in mittelalterliche Zeiten entführt hatten, ist das Metal-Urgestein um Chris Boltendahl im 45. Jahr seines Bestehens endlich zurück in der Gegenwart angelangt. Oder doch eher in der eigenen Vergangenheit? Der Geschichtsunterricht ist jedenfalls erst einmal ad acta gelegt. Schließlich liefern auch Tod und Teufel ausreichend Songmaterial und sind zu jeder Zeit ein aktuelles Thema, auch im Hier und Jetzt!
Aus musikalischer Sicht ließe sich den Totengräber sicherlich unterstellen, an die Grave-Digger-Frühphase Mitte der 1980er anknüpfen zu wollen, aber vielleicht ist die gefühlte Rückbesinnung auch dem Wechsel an der Leadgitarre geschuldet. Das Heckmeck um die Trennung von Axel Ritt hat nämlich endlich ein Ende gefunden und Tobias Kersting heißt der neue Axtschwinger, der womöglich auch etwas neuen oder doch eher alten Wind in die Band bringt!
Freilich hat man bei Grave Digger immer irgendwie das Gefühl, dass in Sachen Songwriting und Lyrik auf ein gewisses Baukastensystem zurückgegriffen wird, dennoch klingt Bone Collector erfreulich frisch und vor allem so aggressiv wie lange nicht. Keine Keyboards, keine opulenten Chöre, nur beinhart und traditionsbewusst vorgetragener Metal! Gleich der Opener und Titeltrack nimmt keine Gefangenen und liefert messerscharfe Riffs bei halsbrecherischem Tempo. Dass ausgerechnet dieser erste Eindruck im Refrain ein wenig schwächelt, ist schnell vergessen. "The Rich, The Poor, The Dying" setzt in puncto Energie und Spielfreude gleich noch einen obendrauf und animiert dazu mit empor gestreckter Faust in den Chorus einzusteigen.
Aushängeschild des Albums ist sicherlich das von einem lässigen Bass-Solo eingeleitete "Kingdom Of Sculls", zu dem man sich ein Video im Netz reinziehen und Grave Digger in Reinkultur erleben kann. "The Devil's Serenade", ebenfalls vorab als Single erschienen, setzt auf Melodie und Stadion-Feeling, während "Killing Is My Pleasure" als einer der schnellsten Songs des Albums die Nackenmuskeln stimuliert. Natürlich gibt es auch wieder düster-doomiges Material, wie etwa "Mirror Of Hate" inklusive einiger fieser Grunts und das programmatische Groove-Monster "Riders Of Doom". Danach geht es wieder flotter zur Sache bis im versöhnlich klingenden Finale "Whispers Of The Damned" zu eingängiger Riffarbeit höchst hymnische Töne angeschlagen werden.
Im Grunde fehlen auf Bone Collector nur noch Boltendahls hysterisch hohe Screams und das 80er-Revival wäre perfekt gewesen. Doch selbst ohne dieses markante Element aus längst vergangener Zeit, ist Bone Collector eine runde und vor allem scharf geschliffene Angelegenheit geworden, die manch langjährigen Digger-Fan mit ihrem im Grunde zeitlosen Charme mühelos um die Pommesgabel wickeln dürfte.