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Joachim Witt - Dom

Joachim Witt - Dom
Stil: Epic Rock
VÖ: 28. September 2012
Zeit: 55:40
Label: Sony Music
Homepage: www.joachimwitt.de

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Ja, er war der Goldene Reiter. Doch dann fiel er ab. Es gibt wohl kaum einen Song, der zumindest den Anbruch einer Ära so gut verkörpert - minimalistisch instrumentiert, mit symbolischem, nur an der Oberfläche absurdem Text, der Krise und Scheitern nach einem vermeintlichen Höhenflug markiert. Joachim Witt dürfte 1981 kaum gewusst haben, wie prophetisch sein erster größter und markantester Hit für ihn selbst sein sollte. War die Neue Deutsche Welle, zu deren erfolgreichstem Vertreter er schnell avancierte, anfangs durchaus anarchisch-rebellischer Experimentier-Raum, geriet sie bald zur Kommerzkasperei, die in der Hitparade auch unsere Eltern amüsierte. Nach weiteren Erfolgen wie "Kosmetik" und dem absolut legendären "Herbergsvater" dokterte Witt weiter zwischen Rock, Funk und Industrial, aber Alben wie Mit Rucksack und Harpune waren kommerzielle Desaster.

Dann versank der in der Bedeutungslosigkeit, zog sich zurück, durchlebte private Tiefen, bevor ihm dann 1998 erneut gelang, den Zeitgeist zu kristallisieren: mit "Die Flut" gab er der unartikulierten Millenniums-Angst eine Stimme, fand in der Neuen Deutschen Härte, die sich damals um Wolfsheim und Rammstein formierte, eine stilistische zweite Heimat und landete seinen zweiten Mega-Hit. Die folgende Werkeihe Bayreuth verbindet Wagner-Pathos und Kommerz, aber nach dem zweiten Album schmiss er beim Label Sony hin und agierte unter eigener Flagge, was mit Bayreuth 3 und Pop umgesetzt wurde. Witt ist in der politischen Linken angekommen, ist Mitglied beim Wir Sind Gegen Alles-Verein Attac, besetzt wahrscheinlich in Guy Fawkes-Maske demnächst auch die Wall Street... und hat nach fünf Jahren Pause nun doch ein neues Album am Start.

Wieder sind wir eher minimalistisch unterwegs, die Songs werden dominiert von Witts in der Tat enorm ausdrucksstarker Stimme, schwebende Melancholie ist der Grundtenor, klassisch-orchestrale Anleihen finden sich, meilenweit ist das weg von der aufgesetzten Fröhlichkeit der letzten NDW-Ausläufer, aber ebenso wenig findet sich die Stechschritt-Aggression der Neuen Deutschen Härte, hier haben wir zarte, höchste persönliche Lieder vor uns, die wie "Gloria" und "Jetzt Geh" immer wieder von Verlust, Vermissen, aber auch Dankbarkeit und Hoffnung erzählen. Wenn es manchmal ein klein wenig rhythmischer wird, wie bei "Königreich", dann dominiert das niemals, sondern behält immer die gleiche Stimmung bei. Das klingt irgendwie, als ob Der Graf nicht mehr ganz so kommerziell unterwegs sein wollte... Nicht gerade Hintergrundmusik für einen Grillabend an der Isar, aber doch ein hoch spannendes Werk von einem, der immer für eine Überraschung gut ist.

Holgi

5 von 6 Punkten

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