Review
Happy The Man - The Muse Awakens
Also, auf Endlos-Gefidel a la Spock's Beard oder Transatlantik stehe ich ja nun überhaupt nicht. Leider muss man sich durch das nimmer enden wollende dreieinhalb Minuten lange Intro "Contemporary Insanity" schlagen, bis Happy The Man endlich mal zur Sache kommen mögen. Auch beim zweiten Song, dem Titeltrack "The Muse Awakens", muss man sich arg gedulden: Wieder elegische Melodien mit Klarinette, gezupften Gitarren und luftigen Tastenakkorden – wo bleibt der Gesang? Und auch der dritte, der vierte, der fünfte Song verläuft nach dem gleichen Muster...
Nun, vermutlich habe ich das Prinzip von Happy The Man nicht ganz verstanden. Immerhin waren die heute nicht mehr ganz so taufrischen fünf Amerikaner in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts (hört sich ja wahnsinnig alt an) eine der erfolgreicheren Progrockbands. Die damals veröffentlichten Alben (Happy The Man, 1977 und Crafty Hands, 1978) gelten als Meilensteine des Genres und wurden mehrmals wiederveröffentlicht. Seit kurzer Zeit sind Happy The Man nun fröhlich reunioniert und beglücken ihre Fans mit harmonischem Progrock, der auch nicht vor Jazz-Einflüssen zurückschreckt.
Noch mal zum aktuellen Album: Angeblich soll "Stepping Through Time" mit bedächtigen Piano-Akkorden und verträumter Querflötenmelodien zu den ruhigsten Passagen des Albums zählen – ja, wird's denn noch ruhiger?! Langsam nähern sich Happy The Man schon der Fahrstuhlmusik bei Peek & Cloppenburg. Und die eingestreuten Klangspielereien von "Barking Spiders" finde ich auch nicht zum Lachen.
Mir fehlt anscheinend der nötige Respekt für eine so altehrwürdige Band. Da fällt mir ein, ich habe noch so eine Kassette mit spiritueller Entspannungsmusik, passend zum Sternzeichen...
Ja, The Muse Awakens ist entspannend. Man kann den Liedern gut lauschen, so nebenbei, oder wenn man gestresst aus der Arbeit kommt. Arbeitet man den ganzen Tag mit dem Schlagbohrer, mag The Muse Awakens wirklich ein Segen sein. Ich gebe es zu: Happy The Man verstehen es, raffinierte Melodien aus dem Ärmel zu schütteln, die zum Wegdriften einladen. Aber das eine Stunde lang? Dafür bin ich einfach noch nicht gestresst genug, glaub' ich.
Liz
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