Review
Perchta - D'Muata
VÖ: 14. Juni 2024
Zeit: 47:51
Label: Prophecy Productions
Homepage: perchta.tirol
Skandinavischer Black Metal, der Elemente der landeseigenen Folklore verarbeitet, ist im Grunde genommen eine Selbstverständlichkeit. Ganz anders sieht es aber aus, wenn Musiker aus dem südlichen deutschsprachigen Raum die traditionellen Klänge ihrer Heimat in ihre Musik mit einfließen lassen. So praktiziert es die Band Perchta aus Südtirol, die uns mit D'Muata ihr zweites Album vorstellt.
Der Albumtitel und bei einem zweiten Blick natürlich auch die Titel der einzelnen Lieder lassen es bereits erahnen - D'Muata ist gänzlich in Südtiroler Dialekt verfasst. Nicht minder außergewöhnlich erweist sich schließlich das lyrische Konzept des Albums, welches sich in vollem Umfang mit dem Thema Weiblichkeit befasst. Das reicht von der Rolle der Frau im ländlich-alpinen Raum, über weibliche Sexualität, Gewalt gegen Frauen und Femizid bis hin zum Verlust eines Kindes. Solche eine Thematik dürfte man im weiten Feld des Black und Pagan Metals wohl mit der Lupe suchen können!
Schlussendlich passen Perchta mit ihrer Musik aber schon recht gut in diese Schublade. "Vom Verlanga" erzählt uns das erste Lied und liefert hymnischen Black Metal, der neben seiner finsteren Atmosphäre vor allem durch Frau Perchts Performance am Mikro getragen wird. Die reicht nämlich von ausgesprochen fiesem Keifen über angenehmen Klargesang bis hin zum alpenländischen Jodeln. Ja, richtig gehört! D'Muata kann auch jodeln!
Als Ergänzung dieser folkloristischen Ausrichtung sind neben dem obligatorischen Metal-Repertoire auch traditionelle Instrumente wie Teufelsgeige, Hackbrett, Maultrommel oder Zither zu vernehmen, was das Anliegen der Band nur noch ernsthafter erscheinen lässt.
"Ois Was Ma San", "Hebamm" oder der Titeltrack "D'Muata' schlagen in eine ähnliche Kerbe wie der Opener und zeigen ein gutes Händchen für spannendes Songwriting, wenn beispielsweise hübsches Klavierspiel in den Sound mit eingeflochten wird oder sehr melodische und ruhige Parts einen willkommenen Kontrast zum boshaften Schwarzmetall liefern. Aber Perchta besitzen noch ein zweites Gesicht, welches die tiefsten Abgründe oder möglicherweise auch die heidnischen Ursprünge der alpenländischen Volksmusik spiegelt!
Sei es in "Heiliges Bluat" mit gesprochenen, geflüsterten oder leidenschaftlich herausgeschrienen Versen zu gezupfter Kulisse oder im schamanisch anmutenden "Wehenkanon", welcher sich zu einem rituellen "Ausbruch" mit Trommelklängen und wildem Geschrei steigert - hier wird die Toleranz der Audienz ganz gehörig auf den Prüfstand gestellt. Spätestens bei "Longtuttin Und Stampa" bekommt man den Eindruck, dass nach einem mitternächtlichen Fliegenpilz-Festmahl endgültig die Perchten mit den Südtirolern durchgegangen sind!
Das ist ganz schön schwere Kost, der man seinen künstlerischen Anspruch nicht absprechen mag, die aber gerade für einen wiederholten Konsum wohl eher einen überschaubaren Hörerkreis erreichen dürfte. Von diesen experimentellen Exzessen abgesehen besitzt D'Muata viele interessante Details, die man eben nicht gleich beim ersten Hören erfasst. Eine Zwickmühle! Daher die Empfehlung, beim nächsten Streifzug durch die alpinen Wälder vielleicht doch den einen oder anderen Pilz am Wegesrand stehenzulassen und den Hörer zwar weiterhin zu fordern, aber eben nicht zu überfordern.
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