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Konzert-Bericht

Within Temptation & Delain

Zenith, München 06.04.2014

Mittlerweile ist das Leben als Anhänger der female fronted-Schule ja durchaus wieder freudvoll. Nach dem absoluten Overkill vor ein paar Jahren, wo gefühlt jede Minute eine neue Kombo mehr oder minder zweifelhafter Qualität aus dem Busch sprang, hat auch in dieser Branche das eingesetzt, was man gerne mal als Konsolidierung bezeichnet - spricht, nur die Besten kommen durch, und die Spreu trennt sich vom Weizen. Mit Floor Jansen rollen Nightwish endlich wieder mit mächtiger vokalistischer Ausstattung an, Epica blieben unverzagt, und selbst die deutschen Matadoren Xandria haben sich neu sortiert. Fehlen eigentlich nur noch unsere doch all time favourites um Sharon den Adel, die sich ungeachtet des Auf und Abs im Frauenmetier in zunehmend wachsender Beliebtheit sonnen dürfen und deren Gastspiele stets ein ganz besonderer Leckerbissen sind.

So verwundert es kaum, dass die diesjährige Ansetzung aus der doch eher überschaubaren Tonhalle relativ schnell ins Zenith verlegt werden musste, das zwar für Konzerte ungefähr so geeignet scheint wie eine Hundehütte, aber im Gegensatz zu dieser deutlich mehr Platz bietet. Die Schlange von Schlachtenbummlern wickelt sich denn auch mehrmals um die Straßenecken, bis um 19:30 Uhr endlich die Pforten geöffnet werden (bei der Witterung geht das gerade noch ok, wenn hier Unbill in Form von Regen gedroht hätte, wäre das in der Tat unangenehm gewesen!). Also flugs hineingesprungen - wollen wir sehen, ob die Herren und die Dame ihre Großtaten auf der Unforgiving-Tour noch toppen können.

Zunächst aber steht mit den verwandtschaftlich nahestehenden Delain endlich wieder mal ein Support auf dem Speisezettel, der nicht so unnötig ist wie ein Bierwärmer. Wie schon auf dem Female Voices Festival exerziert, feuern Charlotte Wessels und Bandgründer Martijn Westerholt ihr Programm mit Verve in die Menge, die von Beginn an sichtlich entzückt mitgeht. Nummern vom aktuellen Album The Human Contradiction, wie etwa "Army Of Dolls", zünden dabei fast ebenso gut wie Klassiker wie "The Gathering" oder "We Are The Others". Frau Wessels gefällt nicht nur stimmlich, sondern gibt sich in Kleid und Halterstrümpfen auch optisch als Fixpunkt, der Sound ist nach einigen Anlaufschwierigkeiten so gut, wie er es im Zenith eben sein kann - sehr feine Leistung, die nach 30 Minuten wie im Fluge vergangen zu sein scheint. DAS ist eine Vorgruppe, die passt. Schön!

Jetzt aber wird ein gewaltiger Hydra-Backdrop aufgezogen, hinter dem die Crew emsig die Within Temptation-Bühne herrichtet. Als vagabundierender Pressemensch darf ich den ersten Song zwar nur von der Seite aus bestaunen, aber nachdem man uns vor massiven Pyro-Einsätzen warnt, dürfte klar sein: den Einstieg heute gibt - erwartungsgemäß - der Opener vom aktuellen Album, "Let Us Burn". So ist es dann auch, nach einem filmischen Intro donnern Robert Westerholt und seine Kumpane ordentlich los, und die Ankündigung stellt sich wohl begründet heraus - erneut beglücken uns die Holländer mit einem Multimedia-Spektakel, bei dem die Bühne von einer Leinwand dominiert wird, die jedem imax-Kino zur Ehre gereichen würde. Der Sound drückt gewaltig, die Menge springt sofort an, und spätestens als Sharon im weißen Jäckchen und mit Stiefeln bekleidet in die feinen Zeilen "a darkness has come to the roses" einsteigt, bleibt kein Zweifel: auch dieses Mal werden sie wieder ein Sahnestückchen abliefern. Gleich weiter im Text dann mit dem nach meinem bescheidenen Dafürhalten besten Titel des neuen Albums: Kollegin Tarja beehrt uns beim heftig treibenden "Paradise (What About Us)" zumindest von der Leinwand, und man mag Zweifel hegen, ob das nicht eine Visitenkarte in Richtung Nightwish darstellt. Wie dem auch sei, das knallt gewaltig, und Sharon ist auch heute bestens aufgelegt. Vollends in Verzückung geraten dann vor allem die holden Damen im Publikum, als mit "Faster" der erste Track von der Sternstunde The Unforgiving auf dem Programm steht. So geht eingängiger, aber nicht abgeschmackter melodischer Metal, so geht live, ohne Schnörkel geradeaus. Weiter im Text mit dem schnellen "Iron", ebenfalls vom Comic-Crossover-Werk, bevor es dann mit "Edge Of The World" wieder zu Hydra geht und die bedächtigen Momente einsetzen. Allerdings nur kurzzeitig, denn nach einem ausgedehnten filmischen Intro, in dem uns Mother Maiden gewohnt gruselig die Mission der Unforgiven erklärt, brettern sie eine äußerst heftige Fassung von "In The Middle Of The Night". Jetzt aber doch bitte wirklich einmal Zeit zum Durchatmen, und die gibt es mit "Angels" dann endlich - sehr schön, stimmlich brillant, einfach wunderbar. Hier gibt es nun endlich auch ein bisschen Ausdruckstanz zu bestaunen, für den Sharon ja in früheren Zeiten manchmal etwas Häme einstecken musste. Hier passt das Ganze formidabel, keine Frage.

"Dangerous" und "And We Run" kehren dann wieder zu Hydra zurück, und auch diese Duette (mit Killswitch Engage-Shouter Howard Jones und dem Rapper Xzibit) krachen live mindestens genauso gut ins Kontor wie auf der neuen Scheibe. Robert Westerholt entschuldigt sich nun launig bei uns für seine mangelnde Bewegungsfreiheit: "please excuse me, I hurt my back, ich habe meinen Rücken verletzt, that's why I'm walking around like Ozzy Osbourne", aber das tut der Show ins keinster Weise Abbruch. "Tell Me Why" wäre für mich dann durchaus verzichtbar gewesen, und auch "See Who I Am" (nach filmischem Intro von der Elements-Scheibe, mit Sharon mit glitzerischem Kostüm inklusive Micky Maus-Kappe) gehört nicht zur allerersten Kajüte im Repertoire, aber "Stand My Ground" macht diesen kleinen Durchhänger dann locker wieder wett. "Our Solemn Hour" eröffnet nun endlich auch den Reigen von Songs von The Heart Of Everything, an den sich das mächtige "The Cross" gleich anschließt. Flott zur Sache dann wieder mit dem neuen "Covered By Roses", bevor dann mit einer epischen, folkloristischen, harten und gleichzeitig wehmütigen "Mother Earth" ein Klassiker den regulären Teil beschließt.

Naja, Freunde, wir wissen ja, da geht noch was, aber neben den etatmäßigen Nummern wartet jetzt auch noch eine handfeste Überraschung! Denn nach dem wie immer gut reinlaufenden "What Have You Done" und dem hinreißenden "Fire And Ice" (wir erinnern uns, auf der Unforgiving-Tour dieses göttliche Duett mit Anneke van Giensbergen!) informiert uns Sharon, dass es ja immer den einen oder anderen guten Song gebe, den man selbst gern geschrieben habe und deshalb auch mal zum Besten gibt - und nun folgt ein krachiges Cover des melancholischen "Summertime Sadness" der spannenden Kunstfigur Lana Del Rey. Den direkten Vergleich am gleichen Austragungsort - Lana gastierte ja letztes Jahr auch im Zenith - entscheiden Within Temptation locker für sich. Objektives Argument: Sharon springt vor den schönen Zeilen "kiss me hard before you go" jeweils beherzt in die Höhe, während Lana angewurzelt dastand. Darüber gibt es keine Diskussion. Aber die einzige, die unvergleichliche Eiskönigin darf natürlich nicht fehlen, und sie beschließt wie immer einen bunten, eindrucksvollen, gekonnten, melodisch ausgefeilten Abend. Within Temptation sind mittlerweile eine Macht für sich, konstant, zuverlässig und auch immer sympathisch. Nächstes Jahr, selbe Zeit.

Dragon (Short Movie)
Let Us Burn
Paradise (What About Us?)
Faster
Iron
Edge Of The World
Mother Maiden (Short Movie)
In The Middle Of The Night
Angels
Dangerous
And We Run
Tell Me Why
Elements Intro
See Who I Am
Stand My Ground
Our Solemn Hour
The Cross
Covered By Roses
Mother Earth
---
What Have You Done
Fire and Ice
Summertime Sadness (Lana Del Rey cover)
Ice Queen

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