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Festival-Bericht

Earthshaker Festival

mit Manowar, Nightwish, Children Of Bodom, Dimmu Borgir, Exilia, Die Apokalyptischen Reiter, Loudness, Grave Digger, Rhapsody, Bludgeon, Masterplan, Hypocrisy & J.B.O.

Festivalgelände Geiselwind, Geiselwind 22. & 23.07.2005

Samstag, 23.07.2005

Der zweite Anlauf auf das Festivalgelände gestaltet sich am Samstag in einigen Aspekten positiver. Der Regen hat aufgehört, man hat das Gelände vom Müll des Vortags befreit, jede Menge Rindenmulch hingeschmissen und so die Schlammerei in den Griff bekommen. Außerdem wissen wir wenigstens, wo wir für die Interviews hinmüssen - und vor allem steigt so langsam die Spannung, was genau uns denn Manowar mit ihrer Show der Superlative alles vor den Latz knallen wollen.
Aber, was ist denn das? Wir sind zwar rechtzeitig da, aber die Running Order ist komplett durcheinander geschmissen: alle Bands müssen eine geschlagene dreiviertel Stunde früher ran, Bludgeon fliegen sogar ganz von der Hauptbühne. Das bringt einige der Akteure gehörig ins Schleudern, die das dann auch gar nicht witzig finden. Und jetzt gilt wieder: ich sehe einen Hund graben, das muss doch einen Grund haben?? Hat es auch: Manowar haben sich kurzfristig entschlossen, sage und schreibe drei Stunden auf der Bühne zu stehen. Das ist natürlich schön für die angereisten Anhänger, aber weniger schön für die restlichen Bands, die allesamt darunter leiden. Wir verpassen durch diese kleine Umstellung mal so eben einiges, auf das wir uns durchaus gefreut hatten: After Forever, Disbelief und vor allem Chefkoch Schmier mit Destruction gehen uns komplett durch die Lappen. Arg! Und da wir ja jetzt noch ein Interview mit Loudness haben, gegen deren Betreuer Nina Hagen aussieht wie eine Internatsgöre, können wir auch den Gig von Primal Fear nur erahnen - "Metal Is Forever" klingt zumindest auch im Backstage-Bereich genial wie immer. Schade - das hätten wir gerne gesehen und erzählt.

Aber dann ist es geschafft, wir gehen in Stellung, rechtzeitig für Masterplan. Mit ihrem traditionellen, melodischen Power Metal passen die beiden ex-Helloweenies und ihr Sangesmeister Jorn Lande bestens in diese Szenerie. Vom ersten Song "Crimson Rider" ab ernten die Meisterplaner Zustimmung vom Volk, das sich, vielleicht auch angespornt von der froh hereinschauenden Sonne, zahlreicher als gestern um diese Zeit versammelt hat. Musikalisch sind Roland Grapow und Uli Kusch natürlich über jeden Zweifel erhaben, und wenn Jorn Lande bei schwierigen Passagen wie etwa "Enlighten Me" vom Erstling auch ein wenig außer Puste kommt, macht der Auftritt trotzdem Spaß. Qualität made in Germany ist halt doch immer wieder ein Garant für metallische Freuden - siehe Grave Digger gestern. Nach dem Gig gibt sich Jorn Lande leutselig und wandert durch das Pressezelt, das heute überraschenderweise keines mehr ist, sondern jedem offen steht.

Eine ungleich härtere Gangart schlagen dann Peter Tägtgrens Aliens von Hypocrisy an - oder Haipokrait, wie es der heute auf einmal tätige Moderator nennt. Im Moshpit versammelt sich dazu das schwarz gewandete Volk und lässt sich von den Brettern der Finnen gerne eine Stunde lang ummähen. Steuerknüppel wie "Roswell" oder "XX" verbiegen sämtliche Nackenwirbel von denen, die sich für den Tägtgren-Sound erwärmen können. Und das nicht gar nicht wenige.

Nach so viel Boshaftigkeit muss die Welt einfach rosarot eingefärbt werden. Die Franken von J.B.O. entern die Bretter mit lustigen Kurzhaarschnitten, einem aufblasbaren Logo und rosa Marshall-Amps. Dass diese Metal-Komiker es draufhaben, muss man nicht zum xten Male betonen - die Stimmung steigt enorm, als Hits wie "Ein Guter Tag Zum Sterben" und "Ein Fest" den Spaßfaktor der Veranstaltung in die Höhe bringen. Mitsingen, Mitklatschen allenthalben, und ein guter Beweis dafür, dass man mit Ironie und Hintersinn mindestens genauso viel Begeisterung auslösen kann wie mit bierernsten Posen. Bei der Signierstunde werden J.B.O. dann auch fast überrannt, bestehen diese Probe aber mit Bravour.

Weiter geht das Kontrastprogramm: durch die vorgezogene Spielzeit viel zu früh, noch bei hellichtem Tag, springen die finsteren Gesellen von Dimmu Borgir ins Bild. Wie viel an dem fucking evil Gehabe dran ist, haben wir gerade Backstage gesehen - dort war Fotosession, und das ging so: cool rumhängen, schauen wie ein Kinderfresser fürs Foto, dann wieder relaxen. Genauso ist es auch auf der Bühne: am Rand für die Fans den wilden Mann gegeben, dann ganz entspannt auf die andere Seite gewandert. Bürgerschreck? Daniel Küblböck ist da erschreckender. Zur Musik: die Dimmus liefern eine saubere Inszenierung ihres symphonischen Black Metal und bedienen sich reichlich aus den Erfolgsalben Death Cult Armageddon und Puritanical Euphoric Misanthropia. Durch den immer gegebenen Melodiefaktor, den vor allem Keyboarder Mustis zurührt, bleibt das auch für Nicht-Schwarzheimer immer interessant anzusehen. Shouter Shagrath kommt anfangs noch mit langem schwarzen Mantel daher, den er aber im Verlauf des Geschehens von sich wirft und dann in der Sonne des Frankenlands entblößt dasteht. Summa summarum: für diese Art von Sound viel zu früh, Tageslicht ist hier Gift. Aber dennoch: vor einer True-Band nicht so unpassend, wie man das hätte vermuten können.

So, jetzt sind der Worte aber genug gewechselt: jetzt wollen wir endlich wissen, was genau uns beim vielbeschworenen Manowar-Mega-Gig erwartet! Die Roadies machen sich schon mal massiv zu schaffen, es werden riesige Schlagzeugpodeste aufgebaut, die für Manowar zwingenden Marshall-Wände sind bald hingestellt, die Lichtanlage glüht in allen Farben, und man sieht deutlich, dass mindestens vier Kameras das Spektakel festhalten sollen. Von Orchester und Chor ist allerdings weit und breit nichts zu sehen. Die Sympathisanten sind mittlerweile nun alle aus ihren Löchern, Zelten und unter den Steinen hervorgekrochen - später wird man von 20-25.000 Zuschauern lesen, und das ist durchaus plausibel. Dann endlich klingt Orson Welles' Stimme vom Band: "Ladies and Gentlemen... Manowar!" Die Spannung ist spürbar, die Fahnen wehen im Wind, und Eingefleischte machen den Sign Of The Hammer schon mal profilaktisch. Und da sind sie jetzt endlich - Karl Logan schrubbt das Riff des Openers "Manowar", Scott Columbus rührt locker-entspannt die Kessel. Jetzt schon wie ein Pfau stolziert Cheffe Joey deMaio umher, und Eric Adams, der höhere Plateausohlen trägt als Paul Stanley das vertragen würde, zeigt sich von Anfang stimmlich wirklich auf der Höhe. So weit so gut, das brettert ordentlich und wird entsprechend quittiert. "Brothers Of Metal" bildet die zweite Hymne, auch das macht Laune, tausende Arme schwenken im Nachthimmel, während Eric Adams und Karl Logan durchaus Spaß bei der Sache zu haben scheinen. Nur Joey, der wirkt irgendwie nicht glücklich. Ja was hat er denn?

Weiter geht's mit "Call To Arms", dem Opener von Warriors Of The World, und noch hat keiner was zu uns gesagt. Komisch, sehen müsste man ja eigentlich, dass hier ein paar Leute stehen. Und jetzt nimmt das Drama schon seinen Lauf: nach dem dritten Song (!!!) fängt Herr Logan ein Gitarrensolo an, und man wird das Gefühl nicht los, das hier irgendwas überhaupt nicht zusammen passt. Joey springt sofort hinter die Bühne und bleibt erst mal verschwunden. Jetzt wird zumindest mal ein Versprechen eingelöst - für den nächsten Song holt man sich den ersten "Ehemaligen" mit auf Bühne. Dave Shankle, Gitarrero auf The Triumph Of Steel, darf noch mal die Mähne schütteln und spielt mit den Jungs "Metal Warriors". Irgendwie wird das aber alles nicht gebührend zelebriert, der Mann wird kurz angekündigt, und dann isser halt da. Sagen darf er schon mal gar nix, denn reden tut der Joey, und das ausführlichst.
Nächste Abteilung: jetzt kommen auch noch der legendäre Ross The Boss und die Drummer Donnie Hamzik und Rhino mit ins Spiel, und das sieht ja alles recht gut aus: Rhino erhebt sich auf einem neuen Drumkit neben Scottie in die Höhe, und Ross greift beherzt in die Saiten. Vom Erstling Battle Hymns bringen sie uns jetzt das groovige "Metal Daze" und - den "Dark Avenger", den ja eigentlich Christopher Lee hätte sprechen sollen. Der Song kommt gut, aber mit Orson Welles vom Band - im ganzen Wortschwall, den Joey von sich gibt - wir sind die tollsten, ihr seid die tollsten, Metal is forever, ja ja - nicht ein einziger Hinweis, warum der groß angekündigte Meister Lee nicht da ist. Schmal, schmal. Dabei sind ja durchaus witzige und schöne Sachen dabei: da verleiht man der Familie Strohofer, die das ganze Spektakel überhaupt möglich gemacht hat, eine goldene Schallplatte, und Opa Strohofer hält eine lustige Rede, in der er "unsere Grubbe Mennowahr" und seinen "Freund Joey" lobt. Ob man so einen Freund wie Herrn deMaio haben will, da kann man zweifeln, aber Hut ab für einen älteren Herrn, der so einen Event mit schmeißt.

Da referiert Joey eine ganze Weile darüber, dass Richard Wagner ja der erste Metaller überhaupt war. Man hat entsprechend einen Brief an den Wagner-Nachfahren gerichtet und gebeten, ebenfalls eine goldene Schallplatte anzunehmen. Der hat natürlich dankend abgelehnt - und jetzt muss man mal grundsätzlich unterscheiden: wer mit der Manowar-Pos(s)e grundsätzlich nix anfangen kann, der ist ohnehin hier verkehrt. Das sind die Kings Of Metal, das sind die Sons Of Odin, und wir reiten alle in die Schlacht, und wir sind die Defender. Das ist so, und wer sich daran stört, ist ein wimp und poser - leave the hall! Solche Kritik zieht nicht. Aber: was hier massiv nicht stimmt, ist die Professionalität der Produktion. Es gibt immer wieder Leerlauf zwischen den Songs, jedes Mal haut Joey sofort von der Bühne ab. Es scheint massive Probleme mit dem Bass-Sound zu geben, er verzichtet sogar auf das berüchtigte Bass-Solo und ist darüber sichtlich überhaupt nicht amüsiert.
Aber das ist nicht allein der Haken: durch die endlos dahingezogenen Song-Abschlüsse und den dann folgenden längeren Pausen zwischen den Songs geht die Stimmung immer wieder in den Keller. Da will uns Joey z.B. das Antwortschreiben von Herrn Wagner zeigen, und auf der Videoleinwand erscheint nur eine Anzeige, die aussieht wie das Eingabefeld eines C64. Kann keine Sau lesen, deshalb liest er uns das in radebrechendem Deutsch vor. Dann brechen sie - unglaublich! - einen Song ab, um mittendrin Soundcheck zu machen, und erzählen uns noch, das wäre nur um uns die beste Qualität zu bieten. Leute, das ist was ganz anderes: das wäre selbst einer Schülerband peinlich. Der Grund liegt in dem fürchterlichen Star-Gehabe, von dem man hinter vorgehaltener Hand von den anderen Bands hört: wer allen anderen Bands die Gesamtleistung der PA vorenthält und nur selbst alle Boxen und Subwoofer nutzt, der darf sich über Soundprobleme nicht wundern.

Zurück zum Gig: nach "Sign Of The Hammer" und "Kill With Power" kündigt Meister deMaio nun endlich das Orchester an, und die sitzen wirklich da: drei Etagen hoch, rechts und links neben der Bühne. Imposant! Aber was machen die jetzt eigentlich hier? Zunächst mal spielen sie uns ein Stückchen aus dem dritten Akt von Wagners Lohengrin. Das ist für alle taugliche Klassik, schön. Und jetzt?
Ab jetzt sind die Damen und Herren mehr oder weniger arbeitslos. Bisweilen wird mitgefiedelt und mitgesummt, aber so richtig zum Einsatz kommen sie nicht mehr. Was hätte man mit dem Orchester anstellen können - Stücke wie "The Crown And The Ring", "Kingdom Come" oder "Heart Of Steel" wären doch bestens für eine klassische Interpretation geeignet gewesen, von der Turandot-Arie "Nessun Dorma" ganz zu schweigen, die Eric Adams ja respektabel auf der letzten Scheibe eingesungen hat. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: entweder es hat gar nix funktioniert und man hat alles sein lassen was eigentlich geplant war. Wohl kaum. Oder das Orchester, und mehr oder weniger der ganze Event, sollte nur als hübsche Kulisse für Hell On Earth Teil V dienen. Auf der DVD-Hülle kann man dann tönen: with a choir and an orchestra! Dass die nix getan haben, steht da nicht drauf. Im Nachhinein wurden sogar berechtigte Zweifel angemeldet, ob das Orchester überhaupt live gespielt hat. Das kann und möchte ich nicht beurteilen - aber von einer sinnvollen Integration ins Gesamtgeschehen war das alles meilenweit entfernt.

Aber dennoch, und das muss festgehalten werden, gibt es Momente, in denen das alles funktioniert, in denen Stimmung herrscht, die zeigt, wie gut dieser Abend hätte sein können, ja sein müssen: "Herz aus Stahl" wird von Eric Adams verdammt gut gebracht und eröffnet den besten Abschnitt des Konzerts. "Hail And Kill" und "Black Wind, Fire And Steel" markieren die Highlights des Tages. Hier funktioniert alles, die Band ist tight, und die Menge geht sofort steil. Hier sieht man das Potenzial, das greifbar gewesen wäre. Warum, warum muss man dann danach einen Song für einen Soundcheck abbrechen? "Warriors Of The World" sorgt für ein Meer aus Flaggen, das sich wirklich beeindruckend anschaut, und mit "Battle Hymn" verabschieden sich dann alle jemaligen Manowar-Mitglieder - nochmal großes Kino an diesem Abend, wo diese Momente leider rar gesät waren. Danach gibt's noch "The Crown And The Ring" vom Band (!) - auch hier kommt es zu einem Schnitzer, das Tape läuft viel zu früh an und wird von Joey wieder abgewürgt - und ein fettes Feuerwerk, dann ist Ruhe im Kartong.

Ja, was sagt man nun dazu? Verschenkte Chancen, nennt man das wohl am besten. Wie gut hätte dieses Ereignis sein können! Ahnungen davon waren zu erhaschen, der Gesamteindruck enttäuschte. Drei Stunden Bühnenzeit - bestenfalls 100 Minuten Spielzeit, das sagt eigentlich schon alles. Irgendwie schien es in manchen Momenten, als wäre das hier nicht das Konzert, sondern eine Probe dafür. Wir machen mal das, dann mal das, aber wie das alles abläuft und zusammen passt, das wissen wir noch nicht so genau. Sicher gibt es davon eine schicke DVD, auf der alles ordentlich gedubbt und zusammengeschnitten ist. Aber an diesem Abend bleibt die Erkenntnis einer vergebenen Möglichkeit und der blöde Beigeschmack, nur Kulisse für einen Videodreh gewesen zu sein.

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