Review
Liv Kristine - Skintight

Die gute Liv Kristine Espenæs Krull kennen wir ja in erster Linie in ihrer hauptamtlichen Tätigkeit als Frontelfe bei Leaves' Eyes, aber so ganz nebenher haut sie mit Skintight bereits ihr drittes Soloalbum raus, auf dem sich die Grazie aus Norwegen in einem durchaus anderen Licht zeigt als gewohnt.
Regieren bei Leaves' Eyes gothisch-düsterer Bombast, mythisch-epische Texte, jede Menge Pyroeffekte und teilweise unterstützendes Gegrunze des Göttergatten Alex Krull, geht die Reise hier in andere Gefilde. Darauf weist schon der Waschzettel hin, der die zweifelhafte Ehrbekundung enthält, die Dame habe schon Songs zu TV-Juwelen wie Tatort und Schimanski beigesteuert. Oh weh, erwartet uns jetzt etwa Schmusebackenmaterial wie das seinerzeit unentrinnbare "Midnight Lady" (die Älteren erinnern sich mit Grausen) oder etwa SPD-Rock wie "Faust Auf Faust" des (hoffentlich) seligen Klaus Lage?
Na, so schlimm wird's natürlich nicht, ganz im Gegenteil. Richtig ist, dass Frau Kristine hier keinen Gothic Rock, sondern - je nach Geschmack - poppigen Rock oder rockigen Pop serviert, aber der ist allererster Kajüte. Immer durchzogen mit akustischen Grundelementen, eher minimalistisch instrumentiert, bietet Skintight hochmelodische Nummern, die nie auf Bayern 3-Level abgleiten, sondern immer stimmige Kompositionen bieten. Soundtechnisch bewegt man sich in der Nähe von Acts wie Die Happy, und mal tendiert das Ganze eher in den schmissigen Bereich ("Skintight", "Emotional Catastrophes"), mal schwebt man im balladesken Raum (das superbe "Love In Grey", "Lifeline") - und interessanterweise passt die Stimme der guten Frau zu diesem Songmaterial irgendwie sogar besser als zum Gothic-Rummel, an dessen hohen Klippen sie manchmal ein wenig scheitert.
Also, feine Sache für alle, die nicht immer Vollgas brauchen und akustische Gitarren zu schätzen wissen.