Review
Ulysses - The Gift Of Tears
VÖ: 03. März 2009
Zeit: 61:52
Label: Symbioses Music
Homepage: www.ulysses-online.nl
Odysseus war schon ein cleverer Bursche. Denn schließlich haben die Griechen ihm und seiner Idee zum trojanischen Pferd zu verdanken, dass Troja erobert werden konnte. Vielleicht hatten die Niederländer Ulysses (die englische Übersetzung unseres Helden) mit ihrem dritten Album The Gift Of Tears eine ähnliche Idee: die Eroberung meines CD-Players. Nun ja, so ist es nun auch wieder nicht, aber das was das Quintett in etwas mehr als einer Stunde vom Leder zieht, hat volle Aufmerksamkeit verdient.
In gerade mal sieben Liedern verknüpfen Ulysses Stilmittel wie Tempo- und Rhythmuswechsel, Laut-Leise-Dynamiken, harmonische Melodien und eine Spur Bombast. Dabei werden verschiedene Richtungen abgedeckt, von Rock bis hin zum Metal. Natürlich werden die Grenzen nicht überschritten, aber die Bandbreite ist schon enorm, gerade wenn der ruppige und an Dream Theater angelehnte Opener "Family Portrait" mit dem melancholischen "Lost" verglichen wird. Doch völlig egal in welchen Feldern Ulysses weiden, die Arrangements sind packend und mit einigen wirklich großartigen Spannungs- und Melodiebögen ausgestattet. Dazu passt die angenehme Stimme von Sänger Michael Hos, der seine volle Stimme in den mittleren Tonlagen am besten ausnutzt. Die Songs werden nie langweilig und auch trotz vorhandener Komplexität steht immer der Song an sich im Mittelpunkt, wie zum Beispiel im Titeltrack zu hören ist. Extrem verfrickelte Songs lassen sich hier trotz hohem spielerischen Anteil nicht finden, was allerdings nicht heißen soll, dass das Album leicht zugänglich ist. Anspruchsvoll ist The Gift Of Tears in jedem Fall geworden. Siehe dazu die beiden Longtracks "How Much More" und "Anat".
Was soll man zu einem Album sagen, das sich mit zunehmender Dauer immer mehr einnistet und an Charme gewinnt? Außerdem wer solch starke Songs wie das an Vanden Plas erinnernde "Guardian Angel" oder die wunderschöne Pianoballade "Silence Of The Night" (Queensryches "Silent Lucidity" grüßt an dieser Stelle dezent) im Repertoire hat, kann nur gewinnen. Eine schöne warme und organische Produktion rundet das Album ordentlich ab. Vielleicht haben Ulysses bei der Namensgebung auch an das gleichnamige Werk von James Joyce gedacht, doch die Eroberung des ein oder anderen CD-Players von Progressive Rock-Fans in genannter Schnittmenge plus Threshold und Sieges Even sollte ihnen auch gewiss sein. Allerdings in der Hoffnung dass es nicht wie seinerzeit in der Antike zehn Jahre dauert um irgendwo anzukommen...
Andi