Review
Umphrey's McGee - Anchor Drops
Asche auf mein Haupt. Da hat der Redakteur doch glatt neben dem aktuellen Kino-Output ein weiteres Juwel aus dem Hause Inside Out verschlampert und nach Umräumen der Wohnung wieder erblickt. Entschuldigung an Label und vor allem Band ist angebracht und ich hoffe, es schmerzt nicht zu sehr. Aber diese Art Alzheimer hat auch sein Gutes, kann man die Scheiblette von Umphrey's McGee nach guten vier Monaten der VÖ nochmals promoten und dem erlauchten Kreise der Leser vorstellen.
Laut Infoletter der Plattenfirma haben wir es neben einer DVD bereits mit dem vierten CD-Release der Band um Kopf und Songwriter Brendan Bayliss zu tun. Progrock der jammigen Art, Jazz, Fusion und und und. Manchmal kommt mir beim Drumming von Kris Myers der famose Stewart Copeland von The Police in den Sinn. Sehr gut. Die 14 Songs sind nichts zum mal Nebenbeihören, während der Fernseher flimmert, die Mutti bügelt und der Papi das Fahrrad zusammen mit dem kleinen Bruder in der Waschküche repariert. Nein, hier heißt es sich verdammt nochmal auf die vier Buchstaben zu setzen und sich Song für Song über Kopfhörer einzuverleiben. Dieser Drops wird nicht in einer schnellen Hast gelutscht, das Teil ist ein Dauerlolly, der auch nach hunderten Durchläufen nicht langweilt und vorzüglich mundet. Mehrstimmige Gesangsparts, aberwitziges Gitarrengefrickel, ausgedehnte Improvisationen auf Gitarre und Keyboard, vertrackte Rhythmen auf Viersaiter und Drums, Bongospielereien en masse.
Trotzdem muss man nicht studierter Vollblutmusiker sein, um diese Platte genießen zu können. Nein, die Chose bleibt immer nachvollziehbar und songorientiert. Nachzuhören im flotten Opener "Plunger", der in zwei Teile gesplitteten Instrumentalorgie "JaJunk" oder dem funkigen "In The Kitchen". "Anchor Drops" besitzt eine relaxte Atmosphäre, gerade das Keyboard zeigt dezent, wie man mit wenig viel erreichen kann. "Bullhead City" bietet mit weiblichem Gesang unterstützt ungepluggtes Southern Rock-/Country-Feeling a la Tom Petty oder Fleetwood Mac. Und so geht es in einem fort.
Was soll ich noch groß sagen? Es ist trendfreiste Musik mit mächtig viel Raum für improvisierte Sperenzchen angelehnt an die Tradition der 60er/70er Jahre und in das neue Jahrtausend portiert. Kein Metal, aber trotzdem extrem geil.
Siebi