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Konzert-Bericht

Sonata Arctica, Triosphere & Striker

Backstage, München 23.02.2017

Juhu, ich geh mal wieder auf ein Konzert. Zeit iss worn! Dabei habe ich mir gleich ein äußerst dickes Paket ausgesucht mit gleich drei guten Bands.

Striker beginnen pünktlich um 19:30 Uhr im halb gefüllten Backstage-Werk ihren Set. Die fünf Kanadier geben optisch die 80er mit wallenden Mähnen (wo ausreichend Haare vorhanden), engen Klamotten und einem Totenkopf-Aufkleber auf der Gitarre. Musikalisch können sie ihre Wurzeln in den 80ern ebenfalls nicht verleugnen. Der traditionell gehaltene Heavy Metal mit Speed-/Thrash-Anleihen wird frisch und abwechslungsreich dargeboten. Mir fällt dabei auf, dass die Instrumentalanteile um einiges mehr sind als gemeinhin üblich. Es gibt viele Gitarrensoli, gerne auch mal doppelt. Die musikalische Erfahrung von mittlerweile vier vollständigen Alben kommt hier gut rüber. Der Sound ist ebenfalls prima, die mehrstimmigen Chöre schallen klar aus den Boxen.
Striker überzeugen mit absoluter Spielfreude. Es wird gepost, gegrinst und bis auf den Schlagzeuger (nona, wie die Österreicher sagen) sind alle Beteiligten gut auf der Bühne unterwegs. Sehr unterhaltsam die kleinen eingestreuten Choreografien wie gleichzeitig-die-Gitarren-nach-oben-und-wieder-runter-wippen und ähnliches. Dabei wirkt nie etwas aufgesetzt, sondern es kommt absolut rüber dass die Fünf da oben mächtig Spaß haben und alles dafür tun dass auch die da unten mächtig Spaß haben können. Sänger Dan Cleary gibt den Entertainer "When we are in Munich and have a day before take-off, we always go to a beer hall and we remember nothing after. The next song talks about that" - und schon erklingt "Too Late", in dem übrigens kein Wirtshaus erwähnt wird. Mit der Hymne "Fight For Your Life" vom Labeldebüt Armed To The Teeth beenden Striker ihren Auftritt.
Das Publikum nimmt Striker gut an, die vordersten drei, vier Reihen stehen noch etwas locker, gehen aber die Dreiviertelstunde ganz gut mit. Im Feuilleton würde stehen: Freundlicher Applaus.

Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause entern fünf Minuten später die Norweger Triosphere mit einem Intro von "My Fortress"(? bin mir nicht ganz sicher) die Bühne. Sofort fällt dem Unkundigen auf, dass hier eine Frau am Mikro steht - Ida, ein sehr schlankes, durchtrainiertes blondes Persönchen. Überhaupt ist anzumerken, dass heute nur schöne Menschen auf der Bühne stehen. Egal bei welcher Band - wer die Arme textilfrei ließ, konnte sich das absolut leisten, da wackelte und schwabbelte nichts. Das Publikum war da leider nicht durchgehend so gut anzuschauen, aber lassen wir das. Ida ist insofern ein Unikat, als sie als Frontfrau singt und gleichzeitig den Bass bedient - eh schon eine seltene Kombination. Ihre raue Stimme passt gut zu dem eher melancholischen Atmospheric Metal, den Ida jetzt mit ihren drei Mitstreitern abliefert. Dabei ist vor allem die Gesangsleistung hervorzuheben. Die ist nämlich astrein - was ihr ziemlich schwer gefallen sein dürfte, weil sie wohl recht erkältet ist. Triosphere fahren nicht auf dem Gute-Laune-Zug wie Striker, sondern spielen progressiv angehauchten atmosphärischen Metal. Dieser wird sowohl von Idas leicht rauen Stimme als auch von filigraner Gitarrenarbeit geprägt. Gut erkennbar z.B. am flotten "Steal Away The Light". Sehr intensiv dargeboten wird "Breathless", wo am Schluss das Publikum ganz gebannt dasteht und einen Moment braucht bis dann der Applaus einsetzt. Das folgende "As I Call" ist dann wieder etwas klassischer und kommt sehr kraftvoll rüber. Nach dem fragilen "Relentless" schließen Triosphere mit "The Heart's Dominion" nach einer knappen Dreiviertelstunde einen memorablen Auftritt ab.

Nun wird es Zeit für den Hauptact - die Finnen Sonata Arctica. Die Wände mit den Triosphere-Logos werden weggetragen, Kabel werden aufgerollt, Striker-Gitarrist Timothy Vega pfaut ein bisschen auf der Bühne herum und steht denen die abräumen im Weg, das große Backdrop mit dem Motiv des aktuellen Albums The Ninth Hour wird heruntergelassen, das große Schlagzeug im Hintergrund enthüllt. Dieses steht auf der linken Seite auf einem Podest, während auf dem rechten Podest ein großes Keyboard aufgebaut wird. Vorne ein großer Mikrofonhalter mit schicken LEDs.
Auch das Werk selbst füllt sich sichtlich, wenngleich auch vorne in den ersten Reihen einiges an Bewegungsfreiheit bleibt. Der Großteil der Besucher ist zwischen 20 und 30, also eher jünger als die Band, außerdem ist die Damendichte verhältnismäßig hoch.

Um 21:38 Uhr gehen die Lichter wieder aus und die ersten Töne des Intros von "Closer To An Animal", dem ersten Song von The Ninth Hour, sind zu hören. Dieses Album ist ja etwas anders gelagert als noch der Vorgänger Pariah's Child, bei dem die Finnen vom absolut Progressiven wieder etwas zurück zu ihren Wurzeln gegangen sind. The Ninth Hour ist getragen von vielen epischen (Halb-)Balladen, die ganz schnellen Kracher der Anfangstage fehlen ganz. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen ist The Ninth Hour ein sehr intensives, emotionales Album geworden. Ich bin gespannt, welche Epen es heute auf die Setlist schaffen.
Die Band geht mit viel Applaus auf die Bühne. Die Saitenspieler sind in unauffälligem Schwarz gekleidet, Tony trägt eine graue Flecktarn-Hose und ein ärmelloses (erinnert ihr euch was ich vorher über schöne Menschen gesagt hab?) Oberteil ebenfalls in grau. Seine langen Haare sind ja schon länger ab, jetzt ist auch der Bart wieder etwas reduziert.
Wie gesagt - es geht los mit "Closer To An Animal" und es zeigt sich, dass Sonata Arctica es mit der Präsentation von The Ninth Hour ernst meinen. Viele Samples ergänzen die Live-Darbietung, es laufen Zwischenintros vom Band und verbinden die einzelnen Songs. Gleich am Anfang fällt jedoch negativ auf, dass jemand vergessen hat die Mikros anzuschalten. Sowohl Tonys Frontmikro als auch die Backgroundmikros sind viel zu leise, Tony ist kaum zu hören. Sehr schade. Als Zweites schließt sich wie auf dem Album nahtlos "Life" an und es zeigt sich, dass das Publikum zum Großteil durchaus vertraut mit dem neuen Material ist. Lalalaalalalalalalalalaaaaaa... Tony macht gar nicht viele Ansagen, sondern zelebriert seine Songs. Nach "The Wolves Die Young" von Pariah's Child ist die Choreographie für den heutigen Abend klar: Bis auf Tony verharren alle recht statisch auf ihren Plätzen. Ab und zu tauschen Gitarrist Elias und Bassist Pasi (der seinen Kamm verloren hat und eine Frisur trägt, die an eine explodierte Klobürste erinnert) die Plätze. Keyboarder Henrik bleibt auf seinem Podest und singt manchmal in sein Retro-Mikro. Leider hört man ihn dabei kaum. Tony ist der agilste und auf der ganzen Bühne unterwegs. Auch bei dem Klassiker "Black And White" zeigt sich, dass die Background-Mikros praktisch aus sind. Das bleibt leider das gesamte Konzert über so.
Vor "Tallulah" erzählt uns Tony, dass das Leben voller Wunder steckt und wir uns Mühe geben sollen, die schönen Augenblicke zu erkennen und zu genießen. Bei dieser Liebes-Trennungs-Ballade leidet Tony quasi mit, er wirft sich voll in die Handlung des Songs. Das Publikum folgt ihm dabei gern und nimmt die Performance dankbar an. Beim folgenden "Fairytale" mit seiner wütenden politischen Aussage wird der Gesang zum Glück lauter. Ah, jemand hat beim sechsten Song endlich gemerkt dass da was fehlt! "Full Moon" passt meines Erachtens gar nicht so in dieses Set, muss aber wohl sein. Das Publikum geht dankbar mit. Run away, run away, run away! Versteht mich nicht falsch, ich mag das Lied sehr, aber ich muss es nicht jedes Mal live hören. Tony unterstreicht auch hier den Text durch Mimik und Gestik... "We're gonna make the love complete tonight" O la la! Dieser Kerl ist wirklich sexy as hell (entschuldigt mein Klatschianisch). Der Applaus nach diesem Stück ist der bisher lauteste. Jetzt... oooh, das Intro... emporschießende Nebelsäulen... "Among The Shooting Stars". Mein Lieblingslied von The Ninth Hour. Eine Liebes-erlöse-mich-mit-deiner-wahren-Liebe-von-meinem-Fluch-oder-du-musst-mich-umbringen-Ballade. Herzergreifend und absolut authentisch dargeboten. Ich schwebe. Mit einem gehauchten "Fuck You" am Ende verrät uns Tony dann, wie diese Erlösung durch die wahre Liebe in der Praxis aussieht. A-ha! Danach verschwindet die Band erstmal von der Bühne und es ertönt ein Zwischenspiel "...Of Silence" vom Band. Zu diesem Zeitpunkt finde ich das unnötig und es nimmt auch einigen Schwung raus, wenngleich die Band zu "Abandoned, Pleased, Brainwashed, Exploited" enthusiatisch vom Publikum zurück begrüßt wird. Tony hat sein Shirt gewechselt und trägt jetzt ein dunkles Rot. Nach diesem Ausflug in die Winterheart's Guild... Tatsächlich. "We Are What We Are", die Öko-Ballade. Hätte ich nicht erwartet. Freut (nicht nur) mich aber außerordentlich. Ich schwebe wieder. Was für ein emotionales, mitreißendes, großartiges Set. Jetzt bleibt Elias auf der Bühne allein und bietet ein kurzes Gitarrensolo dar. Danach... nein! Doch! Oh! Vom Band erklingt die erste Strophe von "The Power Of One", dem elf-Minuten-Track von der Silence, bevor die Band einsteigt. Das habe ich live noch nie gehört. Einfach großartig. Tony hat bei seiner Rückkehr auf die Bühne schon wieder ein anderes Shirt an, diesmal blau. Isses denn so heiß da oben? Mir jedenfalls schon. Um 22:45 Uhr verabschiedet sich die Band schon wieder. Wie, wir sind schon fast fertig?! Nach ein paar Minuten bekommen wir von Tony eine mehr oder minder flammende Rede, in der er sich bei allen Gästen bedankt. Mit ihren Tickets machen sie diese Konzerte überhaupt möglich, sorgen dafür dass sich die Läden wie das Backstage halten können, dass es immer neue Scheiben und Tourneen geben kann. Diese Unterstützung macht es möglich, dass es Live-Musik überhaupt noch gibt und dass wir das auch unseren Kindern weiter geben können. Ein bisschen dick aufgetragen vielleicht, aber man merkt, dass es Tony ernst ist. Er bedankt sich nochmal und dann stimmt Henrik das großartige "I Have A Right" an. Zum Abschluss noch eine Liebeserklärung von Tony ans Publikum "Ich liebe Dich!" und "Don't Say A Fucking Word" setzt einen fulminanten Schlusspunkt unter ein ungewöhnliches und mutiges Set. Tony kann sich gar nicht von der Bühne trennen, dirigiert das Publikum noch zu "We need some vodka" und luftknuddelt alle. Um kurz nach elf ist leider endgültig Schluss und wir werden alle in die kalte Nacht entlassen. Ein wunderschöner Abend mit drei Bands, die jede auf ihre Art absolut großartig waren. Gerne wieder.

Setlist Triosphere:
My Fortress(?)
Steal Away The Light
Driven
Breathless
As I Call
Human Condition
Relentless
The Heart's Dominion

Setlist Sonata Arctica:
Closer To An Animal
Life
The Wolves Die Young
Black & White
Tallulah
Fairytale
Full Moon
Among The Shooting Stars
...Of Silence
Abandoned, Pleased, Brainwashed, Exploited
We Are What We Are
Gitarrensolo
The Power Of One
---
I Have A Right
Don't Say A Word

Kara

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