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Konzert-Bericht

In Extremo & Fiddlers Green

Zenith, München 13.04.2011

Die sieben Spielmannsleute sind wieder auf Tour, und ihr Tross führt sie wieder in unsere schöne Landeshauptstadt. Auch wenn mir persönlich das neue Album nicht so ganz zusagt, so hat es doch in den Charts einen Raketenstart hingelegt. Grund genug also für viele, sich in Richtung Zenith im Münchner Norden in Bewegung zu setzen. Auch meine Wenigkeit parkt sein Fahrgerät auf dem Acker, den andere gern als Parkplatz bezeichnen und pilgert zur Halle. Vorher gilt es jedoch noch, der Abendkasse zwecks Passierschein, sprich Gästeliste, anzusteuern. Auf dem Weg dorthin wird schnell klar, der Mensch an sich steht wahnsinnig gern an. Wie sonst ist es zu erklären, dass vor dem Eingang die üblichen Abtastkontrollen stattfinden, während sich bei zweien dieser Anlaufstellen jedoch der Andrang in Grenzen hält, zieht sich an der dritten die Warteschlange über die ganze Hallenlänge hin. Wie dem auch sei, von der netten Dame hinter der Scheibe die Einlasstapete (von Karte kann bei dieser Größe nicht mehr wirklich die Rede sein) erhalten und flugs die kurze Schlange ausgewählt, und siehe da, so schnell war ich noch nie in der Halle. Im Inneren erst das Rund inspiziert. Der Merch der Spielleute ist taktisch klug direkt neben dem Eingang/Ausgang platziert und bietet alles, was das kaufkräftige Herz begehrt, die Preise sind aber nicht wirklich günstig. Vom Merch der Vorband Fiddlers Green ist hier jedoch nichts zu sehen.... hm, denk ich mir, haben die nix dabei? Oh doch, wie sich heraus stellt, ist der Merch-Stand der Jungs etwas unscheinbar ganz hinten in der Halle (die zur Hälfte abgehängt ist), direkt neben der Garderobe angesiedelt worden. Im Moment herrscht hier, im Gegensatz zum Stand von In Extremo, wenig Andrang, doch das soll sich im Laufe des Abends noch ändern.

20:00 Uhr, die Lichter gehen aus und sofort brandet Beifall auf. Ich muss es einfach gleich vorweg nehmen: selten, ganz selten hat eine Vorband die Aufgabe des Anheizers besser erledigt als diese Jungs. Nachdem man sich zum Intro in einer Reihe aufgestellt hat, werden schnell die Posten an den Instrumenten bezogen und dann geht die musikalische Sause auch schon los. Wem diese Band noch nicht bekannt ist, sei gesagt: Fiddlers Green feiern ihr 20-jähriges Bestehen, das heißt, wie es auch auf dem Banner über den Drums zu lesen ist: 20 Years of Speedfolk. Und genau das ist das, was die Menge hören will. Sofort bei den ersten Klängen wird vielerorts das Tanzbein geschwungen, es wird gehüpft, es wird geschunkelt, es wird geklatscht. Die Stimmung ist von 0 auf 100 in nicht mal einer Sekunde und so haben Fiddlers Green leichtes Spiel. Auf der Bühne ist, genauso wie davor, reichlich Bewegung zu verzeichnen, die Jungs haben sichtlich Spaß an diesem Gig bzw. auf dieser Tour. Egal ob es die "Highland Road" entlang geht oder der "Bottom Of Our Glasses" besungen wird, die Fans machen alle Aufforderungen zum Klatschen oder Hüpfen bereitwillig mit. Dann wird es dunkel auf der Bühne, auf der Tobias Heindl dann mit beleuchtetem Bogen sein Geigensolo zum Besten gibt. Sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt. Die Menge geht steil, doch es geht noch mehr. Bevor "Rocky Road To Dublin" angestimmt wird, wird das Auditorium für die Wall Of Folk geteilt, bei der auf Kommando alle schnellstmöglich die Seiten wechseln müssen. Als der Probelauf zu langsam von statten geht, kommt lapidar die Ansage: "O.K., beim nächsten Mal bitte etwas mehr in Richtung Wall Of Death". Das verstehen die Leute. Zu "The Night Pat Murphy Died" wird mächtig gen Himmel geschrien ehe das flotte "Folk's Not Dead" nach 40 Minuten den Auftritt beschließt. Mit tosendem Beifall wird dieses Event gewürdigt. Nach dem Konzert (also nach In Extremo) kann sich der Merch-Stand der Jungs eines großen Ansturms erfreuen.

Kurz vor Beginn des Hauptteils drehe ich meine Runden im Zenith und muss feststellen, dass das Auditorium zwar recht gut besucht ist, von voll aber keine Rede sein kann. Während im hinteren Bereich die Reihen mehr als licht sind, ist es im vorderen Drittel zwar deutlich voller, man hat aber immer noch genug Platz zum Stehen. Um kurz nach neun ist es dann soweit: die Lichter gehen aus, auf dem vor der Bühne aufgehängten Vorhang erscheint der Intro-Film, ehe selbiger von Raketen unter lautem Pfeifen abgeschossen wird. Und da stehen sie, die sieben Spielleute. Die Menge vor der Bühne feiert In Extremo gleich ordentlich ab, als mit dem Titelsong des aktuellen Albums in den 95-minütigen Set eingestiegen wird. Doch wahrer Jubel sieht anders aus, das wird sofort beim zweiten Song "Frei Zu Sein" deutlich, der um einiges gradliniger gehalten ist. Überhaupt merkt man an diesem Abend, wie die Stimmung bei den neuen Songs zwar gut ist (neun der zwölf auf Sterneneisen vorhandenen Songs haben es in die Setlist geschafft), aber so richtig gut ab gehen die Fans bei den alten Songs. Speziell als sich Dr. Pymonte mit seiner Harfe in der Mitte der Bühne platziert wird jedem sofort klar, was kommen wird, entsprechend gespannt sind alle. Und als die ersten Klänge von "Vollmond" erklingen, wird der Refrain von Anfang an kräftig mitgesungen. Rein optisch fahren In Extremo mächtig was auf, viel Feuersäulen werden gezündet, viel Funkenflug abgefeuert. Und über den erhöht platzierten Drums werden Einspielungen zu den Songs oder auch mal Livebilder projiziert. Alles also im grünen Bereich? Nun, nicht ganz. Der Auftritt ist solide und die Songs sind auf den Punkt gespielt und auch gesungen. Und mehr halt leider auch nicht. Wo ist die Spielfreude geblieben, die diese Band früher versprüht hat? Wo ist die Ausstrahlung, wo ist das Charisma, das früher einfach greifbar war? Speziell Das Letzte Einhorn (Vocals) macht einen mehr als routinierten, ja gerade am Anfang des Sets fast schon gelangweilten Eindruck. Und so ist es auch kein Wunder, dass Ansagen wie "München ist immer ein Reise wert" mehr oder weniger unbeachtet verhallen, da hilft auch ein nachgeschobenes "das meinen wir wirklich so" nicht mehr. Die Ansagen wirken einfach hölzern, leb- und ja leider auch lustlos. Die Menge erfreut sich jedoch dennoch an dem Liedgut, und das ist wohl auch gut so. Die Rufe nach dem "Spielmannsfluch" werden mit "ja ja, der kommt später schon noch" kommentiert und als es dann auch soweit ist, geht vor der Bühne gut die Post ab (allerdings ohne dem guten alten Moshpit). Nach "Sängerkrieg" ist dann mit dem ruhigen "Auf's Leben" der reguläre Teil des Sets beendet. Doch die Zugabe-Rufe wollen nicht verhallen, und so kommen In Extremo noch einmal auf die Bühne zurück und steigen mit "Gold" in den Zugabenteil ein. Während Dr. Pymonte die Bühne mit Schubkarre abgeht und daraus reichlich Gold-Glitter auf die Band und die Fans in den ersten Reihen verteilt, regnet es selbige von der Hallendecke herab. Sehr eindrucksvoll. "Mein Rasend Herz" folgt, ehe das endgültig finale "Omnia Son Temperat" angestimmt wird, bei dem noch einmal verhalten das Tanzbein geschwungen wird. Mit viel Beifall werden In Extremo noch einmal abgefeiert, ehe die Security die Fans langsam aber bestimmt aus der Halle geleitet.
Und wie schon erwähnt, erfreut sich jetzt der Merch-Stand von Fiddlers Green eines regen Zulaufes und das nicht nur, weil Sänger Ralf 'Albi' Albers dort bereitwillig Autogramme gibt.

Was an diesem Abend bleibt, sind zwei Erkenntnisse:
1) Fiddlers Green treten live mächtig Popo.
2) In Extremo vermitteln live dagegen den Eindruck, nur noch das Soll erfüllen zu wollen.

Setlist In Extremo:
Sterneneisen
Frei Zu Sein
Liam
Erdbeermund
Zigeunerskat
Vollmond
Unsichtbar
Herr Mannelig
Horizont
Zauberspruch No. VII
Siehst Du Das Licht
Stalker
In Diesem Licht
Ave Maria
Hol Die Sterne
Spielmannsfluch
Küss Mich
Vica La Vida
Sängerkrieg
Auf's Leben
---
Gold
Mein Rasend Herz
Omnia Sol Temperat

Ray

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