Konzert-Bericht
Doro, Krypteria & Big Ball
Hirsch, Nürnberg 26.12.2010
Am 26. Dezember hat man ja die weihnachtlichen Feiertage so halbwegs überstanden und jede Gelegenheit, die angefressenen Pfunde wieder loszuwerden, scheint einem recht und billig. Der Besuch eines mehrstündigen Metal-Konzerts ist im Übrigen so eine Gelegenheit. Wenn dann noch Doro Pesch zur Jubiläumstour nach Nürnberg in den Hirsch ruft, wird der Einladung natürlich auch prompt Folge geleistet, erst recht wenn man sich derzeit ohnehin im schönen Frankenland befindet. Das versinkt diese Tage ganz nebenbei erwähnt in einem selten gesehenen Schneechaos. Beidseitig der Straße türmen sich die weißen Berge mannshoch auf, während sich durch den nicht enden wollenden Schneefall auf der Fahrbahn selbst ein richtig schöner Schmierfilm bildet. Aber egal, nach Nürnberg sind's ja nur 60 Kilometer. Da können einen auch die frostigen -10°C nicht abschrecken.
Also graben mein Bruder und ich rechtzeitig das Vehikel aus und begeben uns auf die A9. Dass unterwegs die Scheibenwischanlage den Dienst quittiert und wir jeden zweiten Parkplatz zur Säuberung der Windschutzscheibe ansteuern müssen, trägt nicht gerade zur guten Stimmung bei. Ärgerlich wird es so gleich, als wir uns in einem wetterbedingten Stau wieder finden. Zu guter Letzt gestaltet sich die Parkplatzsuche vor Ort auch nicht gerade einfach. So kommt es, dass die erste Band des Abend, Big Ball, gerade ihren letzten Song anstimmt, als wir den weihnachtlich geschmückten und aus allen Nähten platzenden Hirsch betreten. "Big Ball Crew" heißt im Übrigen der letzte Titel, der mit sattem Klang die Halle erfüllt, als wir uns allmählich durch die Reihen in Richtung Bühne drängen. Die Hartnäckigkeit wird mit einem ordentlichen Platz im vorderen Viertel belohnt und dort warten wir inmitten des kunterbunt gemischten Frankenvolks nun auf die nächste Band. Und da mein Bruder ein großer Fan dieser Kapelle ist, darf er auch gleich seine Eindrücke der folgenden Dreiviertelstunde schildern.
(Dagger)
Nach vorbildlich kurzer Umbauphase betritt kurz vor halb neun die nächste Band das Podium: Krypteria, mein heimlicher Headliner an diesem Abend. Mit "Shoot me" vom aktuellen Album My Fatal Kiss treffen die bezaubernde Deutsch-Koreanerin Ji-In Cho und ihre Mannen gleich voll auf die Zwölf. Man spürt bereits jetzt, dass dies ein sehr energiegeladener, wenngleich letzter Auftritt als Support der Doro-Jubiläumstour werden würde. Als dann gleich mein persönlicher Favorit "Sweet Revenge" folgt, hat sich die beschwerliche Anreise bereits gelohnt, denn ich hatte ihn noch nie live gehört - einfach klasse! Nach "Ignition" vom Fatal Kiss-Album folgen dann mit der Single-Auskopplung "Somebody Save Me", dem selbsternannten Lieblingssong von Energiebündel Ji-In "Scream", "Out Of Tears" und dem Album-Opener "All Systems Go" wieder einige Hymnen vom Vorgänger Album Bloodangel's Cry.
Als bekennender Fan des Female Fronted (Gothic) Metal kommt man bei Krypteria voll auf seine Kosten. Auch wenn der kurzweilige Gig bereits nach 45 Minuten mit dem Album-Titeltrack "My Fatal Kiss" endet, so beginnt nach diesem tollen Erlebnis sofort die Vorfreude auf das für April 2011 angekündigte neue Studioalbum. 45 Minuten pure Energie, in denen nicht nur die eingefleischten Fans (leider die Minderheit an diesem Abend), sondern auch die Band selbst extrem viel Spaß versprühten! Die Bühne ist somit bereitet für die Queen of Heavy Metal!
(Jason)
Dem ist nichts hinzuzufügen. Unter lautem Beifall verabschieden sich die Dame und die Herren, die ihren Job als Support-Act bravourös gemeistert haben. Einen überschaubaren Soundcheck gilt nun noch zu überstehen. Schon gehen die Lichter aus und Doro stürmt zu den Klängen des "Earthshaker Rock" im obligatorischen Leder-Outfit euphorisch und wie immer in bester Laune das Podium. Hautnah und nicht auf einer weit entfernten Festivalbühne können wir sie an diesem Abend erleben, die Metal Queen, und lassen uns von ihrer guten Laune auch gerne anstecken. Zu tadellosem Sound gehen die Blondine und ihre Mannen sogleich ordentlich in die Vollen. "Live To Win" und das neue Stück "Running From The Devil" werden vom Publikum bestens angenommen. Überhaupt rekrutiert sich die Setlist aus einer homogenen Mischung aus Doros Solo-Karriere und dem alten Warlock-Material. Dazu zählt auch das folgende "I Rule The Ruins", das erste Highlight des Konzerts. Doro selbst legt sich trotz Erkältung und heiserer Stimme so richtig ins Zeug, ist unermüdlich auf den Brettern unterwegs und hört nicht auf, das Publikum anzufeuern. Ihr kennt ja sicherlich ihre lebensfrohe Art und all das überschwängliche Lob auf den Metal und insbesondere seine Fans. Doch was bei anderen vermutlich übertrieben wirkt, kauft man dieser Lady eben ab. Schließlich ist sie seit knapp 30 Jahren im Geschäft und aus der Szene nicht mehr wegzudenken.
Zum Mitsingen animieren im Anschluss die Hymnen "Night Of The Warlock", der uralte Warlock-Klassiker "Burning The Witches" und schließlich der 2009er Wackensong "We Are The Metalheads", mit dem letztes Jahr Doro, Udo Dirkschneider und die Band Skyline das W:O:A eröffneten. Headbangen sollen wir nun, so richtig die Sau raus lassen, also gut! Runter mit dem Haargummi und ab geht die Post! Schließlich ist "Metal Racer" prädestiniert für solche Eskapaden. Kurz darauf erinnert Doro an einen Weggefährten, mit dem sie oft die Bühne teilen durfte und der uns dieses Jahr verlassen hat. "Egypt (The Chains Are On)" wird dem unvergessenen Ronny James Dio gewidmet. Und diese epische Nummer mit dickem Keyboard-Einsatz hätte Herrn Dio sicherlich gefallen. Der oft zitierte Spirit im Metal ist nun zum Greifen nah. Wenn schon Freundschaft und Verbundenheit das Thema sind, kann nur ein einziger Song der nächste sein: "Für Immer". Nun sind wir und unsere allmählich heiser werdenden Stimmbänder erneut gefordert.
Zum kommenden "Haunted Heart" beschert uns Johnny Dee ein ausgiebiges Schlagzeugsolo, während sich der Rest der Truppe zur Erholung hinter die Bühne verkrümelt, um mit neu getankter Energie zurückzukehren. "Bad Blood" und "Out Of Control" stehen als nächsten auf dem Plan, gefolgt vom Balladen-Doppel "Herzblut" und "Love Me In Black", für das ein Piano auf der Bühne bereit steht. Nach einem mitreißenden "Burn It Up" naht auch schon der Endspurt. Wieder beteuert die unermüdliche Doro ihre Liebe zum Schwermetall und vor allem zu den Fans. "Ihr seid die Besten!" kann sie gar nicht oft genug verkünden. Ein Stückchen Metal-Geschichte bringt sie uns zum Dank für unser Engagement, und zwar den Priest-Klassiker "Breaking The Law". Was nun folgt ist allen klar. Im Sinne der großen Warlock-Hymne "All We Are" steigt die Queen herunter in den Fotograben und singt den Song gemeinsam mit der ersten Reihe, hält den Fans sogar das Mikro vor die Nase, damit diese auch ganz hinten noch zu hören sind.
Danach verschwinden die Musiker, lassen sich aber nicht lange bitten. Das markante Riffing von "Unholy Love" von Doros Solo-Debüt leitet die Zugabe ein, die außerdem noch den rasanten Warlock-Hit "Touch Of Evil" und zuletzt den "Metal Tango" enthält. Nach knapp zweistündiger Spielzeit verlassen Doro und Konsortium den Schauplatz.
Was soll man sagen? Doro ist eine Klasse für sich. Das hat sie an diesem Abend einmal mehr beeindruckend unter Beweis gestellt. Müde, zufrieden und sicherlich um die eine oder andere Plätzchen-Kalorie erleichtert machen wir uns auf den Weg zum Auto. Zum Glück schneit es nicht mehr und einer stressfreien Heimreise steht nichts entgegen.
(Dagger)
Setlist Krypteria:
Shoot Me
Sweet Revenge
Ignition
Somebody Save Me
Scream
Out Of Tears
All Systems Go
My Fatal Kiss
Doro:
Earthshaker Rock (Warlock)
Always Live To Win
Running From The Devil
I Rule The Ruins (Warlock)
Night Of The Warlock
Burning The Witches (Warlock)
We Are The Metalheads (Skyline)
Metal Racer (Warlock)
Fight For Rock
Egypt (The Chains Are On)
Für Immer (Warlock)
Haunted Heart inkl. Drum-Solo By Johnny Dee
Bad Blood
Out Of Control (Warlock)
Love Me In Black
Herzblut
Burn It Up
Breaking The Law (Judas Priest-Cover)
All We Are (Warlock)
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Unholy Love
Touch Of Evil (Warlock)
Metal Tango (Warlock)