Konzert-Bericht
Doro, Krypteria & Merendine Atomiche
Backstage, München 15.12.2009
Mit den leibhaftigen Auftritten der unbezweifelbaren Königin des traditionellen Metalls verbinde ich zwei Erinnerungen: einmal einen Auftritt auf der Force Majeure-Tour, wo sie sich ja erstmals als Solo-Artistin präsentierte. Und bevor hier gleich wieder die Rufe kommen, man solle nicht immer sagen, früher sei alles besser gewesen: das war nix damals, kam uns schon seinerzeit saft- und kraftlos vor. Komisch. Dann ein zweiter Anlauf 2004, das war schon besser, aber so richtig reingezerrt hat das auch nicht, und so ganz voll war die Spielstätte ebenfalls nicht. Andererseits werden die Live-Qualitäten der Dame immer wieder gepriesen, also wagen wir den nächsten Anlauf.
Austragungsort ist dieses Mal das Backstage Werk, mittlerweile ja geziert durch eine nahe liegende Station des öffentlichen Nahverkehrs - und dennoch ist der ebenfalls zugehörige Parkplatz (massive Buckelpiste) auch schon gesteckt voll, als man einläuft. Also eher zweifelhaft irgendwo hingequetscht, und hineingeeilt.
Die Kollegen von Merendine Atomiche bitte ich um Nachsicht, da sie dem dichten Verkehr zum Opfer fielen, aber dafür springen wir mit Krypteria mitten ins Geschehen. Die Jungs und das Mädel haben ja schon mit ihrem Debüt Bloodangel's Cry 2007 ein Rufezeichen gesetzt und mit My Fatal Kiss ein ebenso freudiges Werk nachgelegt. Und ein Blick genügt: auch live setzen sie den female fronted Metal ordentlich in Szene, natürlich nicht zuletzt dank der Frontgrazie Ji-In, die schon durch ihre koreanischen Wurzeln (aber nicht nur durch die!!) einen Farbkleckser setzt. Tighter Sound, hervorragender Gesang, sympathische deutsche Ansagen und starke Nummern wie "Somebody Save Me", "Scream" und "Never Say Die" zeigen, dass Krypteria live weniger Gothic als eher Power Metal mit feiner Frauenstimme machen. "For You I'll Bring The Devil Down" und "My Fatal Kiss" heißen weitere Highlights, die von der durchaus ansehnlichen Menge (geschätzte 500-600 Nasen) bestens goutiert und gefeiert werden. Dass die Dame am Ende beim Abbau der Ausrüstung mithilft, ist ein nettes Bonmot am Rande.
Püntklich um 21:30 Uhr (recht so, so muss das sein) beginnt dann ein feines Lichtspiel auf der Bühne, und kurz darauf springen die Musikanten hervor und stimmen den etatmäßigen Opener "Earthshaker Rock" an. Nach den ersten Takten entert dann auch Frau Pesch herself die Bühne, und sofort ist zu erkennen, was die alle immer meinen: hier ist Kraft, gute Laune, Publikumsnähe, eine gute stimmliche Leistung und vor allem eine Authentizität, die man nicht immer vorfindet. Die Menge geht sofort steil, Doro platziert sich immer wieder direkt vor die Banger, von denen einige wohl seit Hellbound-Zeiten in der ersten Reihe stehen, und mischt die Herren massiv auf. Mit "I Rule The Ruins" folgt ein kluger Schachzug, indem ein starkes - meiner bescheidenen Meinung nach eines der besten - Stückchen die Stimmung sofort weiter am Köcheln hält, nicht zuletzt durch die energiegeladene Darbietung. Mittlerweile ist ebenfalls festzuhalten, dass im Hause Pesch im Dachboden wohl irgendwo ein verhangendes Portrait stehen muss, das man besser nicht zu genau ansieht, denn die Dame scheint irgendwie zeitlos und im Vergleich zu vielen ihrer männlichen Kollegen deutlich weniger vom Zahn der Zeit erfasst. Immerhin 26 Jahre mit dabei, wie sie uns wiederholt informiert, und sich immer konsequent treu geblieben, das ist schon was. Weiter im Text mit "You're My Family" (von Warrior Soul, also neuen Datums), und spätestens jetzt ist klar, dass das heute Abend eine Veranstaltung mit hohem Spaßfaktor wird. Nach "Running For The Devil" kramt die Dame zunächst den unverwüstlichen SichBesoffenInDieArme-Faller "Für Immer" und dann sogar ein ganz altes Juwel aus der Kiste und feuert uns ein furioses "Burning The Witches" um die Ohren, das den originalen Warlock-Stil des krachigen Teutonenmetals blitzblank poliert serviert und zu den Glanzlichtern des Abends gehört. Jawoll, so muss das sein! Das wäre doch eher eine Hymne für Frau Halmich gewesen... aber gut, wir freuen uns an "Night Of The Warlock" und "Burn It Up", bevor eine durchaus plauderfreudige Doro erzählt, dass das nun folgende Stückchen historisch zurück in die Zeit der Support-Tour mit Judas Priest führt: "True As Steel" war seinerzeit sicherlich kein starkes Warlock-Album, aber der Titeltrack funktioniert live nach wie vor bestens. Mit "I Lay My Head Upon My Sword" vom aktuellen Album Fear No Evil präsentiert uns Frau Pesch in eigenen Worten einen "symbolischen Antikriegssong", bevor es dann sogar ein wenig lustig wird. Auf einmal ist Gitarrist Bas Maas, frisch geholt von leider sich aufgelösten After Forever, verschwunden. Freimütig erklärt Doro, der Mann müsse erstmal kotzen ("das Tourleben ist hart"), und deshalb baue man den Set jetzt ein wenig um - anstelle im Zugabenblock kommt schon jetzt die Halbballade "Love Me In Black", für die eine Gitarre wohl ausreicht. Fein und auch gut dahergebracht, und von massiven Sprechchören belohnt. Bei "Free My Haunted Heart" steigt die Stimmung dann noch weiter, wird dann aber leider von einem Drumsolo unterbrochen, dem populären Konzertbestandteil also, das selbst dann noch überflüssig wäre, wenn es von Moses auf dem Berg Sinai gebracht würde. Mit einen "I Love It Loud"-Einlage rettet man sich aber über die Zeit, und mit wieder komplettierter Mannschaft geht's in den Endspurt. "Metal Racer" vom Debüt ist der härteste Song des Abends und wird von Doro den Headbangern gewidmet, zu "Fight For Rock" (von True As Steel) erzählt sie, dies sei seinerzeit das erste Video der Band gewesen (wie Loddar sagt, again what learned), bevor die Wacken-Hymne "We Are The Metalheads" zelebriert wird, allerdings nicht so ganz zündet, da die entsprechende Bekanntheit mangelt. Um so besser dann die nächste Lektion in Geschichte: zur Priest-Tour studierte man mit U.D.O. himself einen Klassiker ein und liefert zwar ohne Udo (der ist zwei Tage später im Backstage zu Gast), dafür aber mit formidablem akustischen Intro eine hervorragende Fassung von "Breaking The Law" (die die Dame im Gegensatz zum Original-Shouter nach wie vor durchaus singen kann). Und dann kommt endlich die Nummer, auf die die ganze Meute wartet - das oft zu Tode genudelte "All We Are" kann live immer noch alles, und es darf sogar fast jeder aus den vorderen Reihen die (oft genug mehr als zweifelhaften) Gesangskünste unter Beweis stellen. Feine Sache! Ohne viel Federlesens geht es mit "Unholy Love" in den Zugabenteil, und für eine gewisse Anja hören wir noch das ordentliche "Herzblut". Nun kündigt man noch den "Metal Tango" an, aber nachdem sich der Gitarrist nun wirklich in die ewigen Jagdgründe verabschiedet, wird kurzerhand "Always Live To Win" zum Rausschmeißer. Fazit: bestens. Klasse. In der Form gerne immer wieder.
Setlist Doro:
Earthshaker Rock
I Rule The Ruins
You're My Family
Running For The Devil
Burning The Witches
Night Of The Warlock
Burn It Up
True As Steel
I Lay My Head Upon My Sword
Love Me In Black
Für Immer
Free My Haunted Heart
Metal Racer
Fight For Rock
We Are The Metalheads
Breaking The Law
All We Are
Unholy Love
Herzblut
Always Live To Win