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Konzert-Bericht

Die Happy & Revolverheld

Muffathalle, München 14.10.2005

Also, in Sachen Metamorphosen, Mutationen etc. ist man als alter Comic-Leser ja mit allen Wassern gewaschen. Aber eine Verwandlung dieser Art hat man selten gesehen: da trifft man vor dem Konzert eine höfliche, zurückhaltende junge Dame, die sich sehr verbindlich und sympathisch allen Fragen stellt. Und dann springt einen kurz danach auf der Bühne ein Orkan an, der vor positiver Energie, Sprungkraft und Stimmgewalt nur so sprüht. Ist das wirklich die selbe und die gleiche (nur Anorakträger erklären immer noch den Unterschied)? Ja - das ist Marta. MARTA!! Aber beginnen wir mit dem Anfang.

Mit ihrer letzten Scheibe Bitter To Better nehmen Die Happy eindeutig Kurs Richtung straighten Rock - weniger Crossover, weniger alternative Klänge, dafür Losgeh-Rocker allererster Qualität (siehe Review). Dass sich dieses Material für die livehaftige Präsentation bestens eignet, liegt eigentlich auf der Hand, und so wollen sich an diesem Freitag gut 1500 Nasen davon überzeugen, wie die Ulmer sich auf der Bühne schlagen. Das Publikum ist überraschend mainstream-mäßig, mit gehörigem Girlie-Faktor - ob das wohl am Opener liegt?

Revolverheld scheinen nämlich vor allem bei der holden Weiblichkeit populär zu sein, was aber definitiv nicht gegen sie spricht. Die fünf Jungs schießen fröhlichen Hüpfburg-Sound in die Menge, die von Anfang an dem bunten Treiben auf der Bühne geneigt gegenübersteht und sofort brav mitspringt.
Musikalisch orientierten sie sich an deutschen Szene-Größen wie Silver Surfer und Sportfreunde Stiller, aber ihre freche Kombination aus Rock-Riffs und deutschen Texten hebt sich durch die wirklich bemerkenswerte Sangesleistung von Frontmann Johannes über die Masse der Rocker aus diesem unserem Lande empor. Die Menge feiert die Stücke wie "Die Welt Steht Still" und "Generation Rock" denn auch gebührend ab - offensichtlich ein neues Erlebnis für die Mannschaft, die, so erzählt der Sänger, letztes Jahr noch vor zwei Stück Mann, die auch noch aus zweifelhaften Gründen da waren, in Freibädern auftrat. Auch Interaktion mit dem Publikum ist angesagt, als die Pistoleros einige Fans auf die Bühne bitten, von denen einige das Material dann auch ganz offensichtlich kennen. Die Truppe freut sich - wir auch. Schöner Start in den Abend!

Aber dann, Freunde, aber dann. Dann nehmen Ralph, Thorsten und Jürgen ihre Positionen ein und starten in ein Set von zwei Stunden (Prospekt für diese Spielzeit!), das einen Tourauftakt markiert, wie er fulminanter nicht sein könnte. Und das liegt nur teilweise an der gekonnten musikalischen Inszenierung, dem druckvollen Sound und der hervorragenden Song-Auswahl. Das ist wichtig, und das ist die Basis, und die stimmt. Keine Spur von "Wir müssen uns erst mal einstimmen" - von Sekunde eins an passt alles. Aber was Frontfrau Marta heute abend hier abzieht, das ist die wirkliche Offenbarung, denn sie lehrt alle Mores, die meinen, deutscher Rock ist out. Von den ersten Takten des Openers "Bitter To Better" an springt, nein, hüpft, nein, fegt sie derartig über die Bühne, dass ihr gleich mal das Mikro-Funkdingens wegfliegt, feuert die Fans an, die nicht lange mit einem kleinen Moshpit(!!) und Crowdsurfern warten, und bietet dazu ganz nebenbei eine gesangliche Qualität, die auf internationaler Ebene absolut keinen Vergleich zu scheuen braucht. Guano Apes - wer war das noch mal? Sämtlich alle Sympathien hat sie dann auf ihrer Seite, als sie immer wieder durch frenetische Aktionen und monumentale Gestik/Mimik zum Mitsingen und Mitmischen animiert - hier können sich so verschiedene vermeintliche Stars eine ganz gehörige Portion abschauen. Und haben wir schon erwähnt, dass die Frau übrigens auch noch die attraktivste Sängerin von ganz Welt ist? Im Fotograben gibt's in jedem Fall 'ne Menge zu tun, um alles für die Nachwelt festzuhalten.

Die Ansagen klingen ungekünstelt und authentisch - und wer sonst würde in der Höhle des bajuwarischen Löwen mit der Aussage davonkommen, anstelle von Bayern München ein Anhänger von Sparta Prag zu sein? Aber das ist uns egal, viel wichtiger ist das, was heute hier musikalisch auf dem Programm steht: die rockigen Stücke der neuen Scheibe, die klar im Vordergrund des Sets stehen, zünden live sofort. Neben dem Titeltrack gibt es noch die Riff-Attacke "In Love" (der erste Song, für den wir uns bei Sascha alias Dick Brave bedanken müssen!), "Love To Hate You" und so weiter - fast das gesamte neue Album wird hier dargeboten, und der stetig nach oben ausschlagende Stimmungspegel zeigt, dass nicht zuletzt die straighte Ausrichtung der Band live vorzüglich zustatten kommt. Die Single "Big Big Trouble" wird frenetisch gefeiert, wieder unterbrochen von einem gekonnten Pantomimen-Einsatz von Marta, die es selbst dem Textunkundigen durch vielsagende Gesten ermöglicht, lauthals mitzusingen. Muss man gesehen haben!
Mit "Cancer" kommt sogar ein Stück zu Ehren, dass zwar auf Vorab-Promo-Ausgaben zu hören war, aber letztendlich nicht auf der endgültigen Songauswahl gelandet ist (siehe Review) - egal, auch dieser Song kommt bestens. Weiter geht's mit den gefühlvolleren "I Am" (die neue Single!), aber natürlich dürfen auch die Veröffentlichungen älteren Datums nicht fehlen: der "Big Boy" wird selbstverständlich lauthals mitintoniert, "Goodbye" kommt als verkappter Reggae daher, was erstaunlich gut funktioniert, "Don't Be Scared" ("Manchmal brauchen Jungs eine Tracht Prügel mit Worten" - was immer du sagst, Marta) und "Blood Cell Traffic Jam" treten das Gaspedal durch, und bei "Supersonic Speed" geht die Meute dann komplett steil.

Als zweite Zugabe bringen sie uns wie immer eine Überraschung mit: und zwar aus Flashdance. Wer es schafft, eine verpoppte Nummer aus dem ersten Tanzfilm der tiefsten Achtziger, den "Maniac" (Hall & Oates, für alle die seinerzeit nicht mit mir gelitten haben - "She's a maniac, I sure know/And she's dancing like she's never danced before" - urgl) in eine bollernde Rock-Hymne zu verwandeln, der liefert ganz großes Kino ab. Dann stimmt Thorsten an der Gitarre auch noch das wunderbare "Wonderwall" der Britrocker Oasis an und singt dazu respektabel. Sonst würde mich ja allein so etwas zu Begeisterungsstürmen hinreißen, aber das nehmen wir gar nicht mehr so richtig wahr, denn wir sind völlig berauscht von diesen zwei Stunden. "München", so versichern sie glaubhaft zum Abschied, "was ihr hier bringt, wird auf der Tour schwer zu toppen sein". Was ihr hier gebracht habt, auch. Ulm - Rock City - wir danken dir.

Setlist Die Happy:
Bitter To Better
Weekend
Love To Hate You
Big Big Trouble
Perfect
Big Boy
Colourblind
Wrong + 5 p.m.
Inside
In Love
Like A Flower
Cancer
I Am
Goodbye
Don't Be Scared
Blood Cell Traffic Jam
---
Slow Day
Supersonic Speed
---
Maniac
Stranded

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