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Interview

Interview mit Helrunar (07.08.2006)

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Mit Frostnacht haben die Münsteraner Helrunar ein überzeugendes und mit keiner Minute langweiliges Black Metal Album veröffentlich, mit dem sie ihren Stand in der Szene nach ihrem erstklassigen Demo Gratr und einer Split CD mit den nicht weniger bekannten Nachtmahr untermauern. Sänger Skald nahm sich die Zeit und beantwortete mir einige Fragen...

HH: Hallo zusammen! Wie geht es euch?

Skald: Hei! So weit ganz gut, etwas stressig ist es für uns alle zur Zeit. Das hat aber nix mit der Band zu tun, sondern mit all unseren mehr oder weniger sinnvollen Nebenbeschäftigungen.

HH: Erzähl uns doch kurz etwas zur Bandgeschichte. Wann habt ihr Helrunar gegründet und wie kam es dazu?

Skald: Helrunar wurde im Frühjahr 2001 gegründet... ich trug schon länger die Idee zur Gründung einer Black Metal Band mit mir herum, genauer gesagt seit Jahren. Aber erst dann haben sich die Dinge so ergeben, dass das auch möglich war. Alsvartr habe ich bei der Gelegenheit erst kennen gelernt. Dionysos kannte ich schon länger, und als ich ihm von meinen Plänen erzählte, bekundete er sofort Interesse daran mitmachen zu wollen. Etwa zwei Jahre später begannen wir mit den Aufnahmen zu Gratr.

HH: Wie kam es zur Entscheidung Helrunar als Bandnamen zu wählen?

Skald: Nun, ich hatte das Buch Helrunar von Jan Fries schon vor längerer Zeit gelesen... es ist ein sehr gutes Buch über Runenmagie. Als wir dann einen Namen für die Band suchten, fiel mir erneut dieser Name ein. Er gefiel mir sehr gut was Bedeutung und Klang betrifft und auch die anderen waren einverstanden.

HH: Wenn wir schon bei Vergangenheitsbewältigung sind, skizziere doch kurz euren Weg von der Bandgründung bis heute.

Skald: Ei... also, wie gesagt, im Frühjahr 2003 begannen wir unsere selbstproduzierte Demo-CD Gratr aufzunehmen. Die Aufnahmen und der Mix zogen sich sehr lang hin, etwa bis Juli. Dann habe ich erste Promo-Exemplare verschickt, die alle ganz gute Kritiken bekamen. Ab Dezember 2003 war Gratr dann aus dem Presswerk und verkaufte sich sehr gut. Sehr bald danach bekundeten Prophecy Productions bzw. Lupus Lounge Interesse an einem Plattenvertrag, den wir im Sommer 2004 unterschrieben. Im Dezember 2004 nahmen wir "Hauch Wird Sturm" für den Split mit Nachtmahr auf... dieser erschien im Mai 2005. Zu jener Zeit waren wir schon im Studio um Frostnacht aufzunehmen. Frostnacht erschien dann Ende Oktober 2005. So sieht's aus...

HH: Wie sieht der Entstehungsprozess eurer Stücke aus? Existiert zunächst ein Text oder beginnt ihr mit den Instrumenten?

Skald: Das ist immer verschieden. Bei Helrunar ist jeder von uns am Songwriting beteiligt. Die Texte sind aber immer von mir. Manchmal existiert ein Song zuerst, für den ich dann einen Text schreibe. Manchmal ist der Text schon lange fertig und ich lege ihn auf das Stück. Manchmal läuft auch beides parallel.

HH: Wovon lässt du dich beim Songwriting inspirieren? Welche Bands haben hier Einfluss auf dich?

Skald: Generell hat der alte norwegische Black Metal aus den Anfängen der 90er großen Einfluss auf unsere Musik. Aus anderen Ecken kommt aber mehr oder weniger bewusst auch etwas... verschiedene Arten von Metal, bei mir auch viel Klassik.

HH: Generell spiegelt sich das Heidentum und die nordische Mythologie in euren Texten wieder. Wie definierst du den Begriff Mythologie für dich und welchen Stellenwert nimmt sie in deinem Leben ein?

Skald: Eine etwas komplexere Frage... wie definiere ich Mythologie...? Nun, Mythen sind in aller erster Linie alte Geschichten, die in allen Völkern oder Religionen der Welt vorkommen. Der Verfasser ist unbekannt, allenfalls weiß man in einigen Fällen wer sie aufzeichnete. Bei Naturreligionen wurden Mythen allerdings vor der Verschriftlichung stets mündlich tradiert. Mythen enthalten Muster, die versuchen die Welt zu erklären, von der Entstehung über scheinbar übernatürliche Vorgänge bis hin zu ganz normalen menschlichen Alltagsproblemen. In jedem Fall enthalten sie viele Weisheiten, die für jeden Menschen sehr nützlich sein können, wenn man lernt Mythen zu dekodieren. Dieses Dekodieren ist sehr wichtig und muss behutsam gemacht werden. Denn Mythen sprechen keinen Klartext, sie sprechen in Bildern und archetypischen Symbolen. Daher sind sie auf den ersten Blick oft unverständlich und leiten viele in die Irre, die nicht genug Wissen haben.

Mythen sind für mich persönlich sehr wichtig. Oftmals haben sie mir geholfen Aspekte des Lebens besser zu verstehen oder ein wenig Abstand von mir oder der Welt zu gewinnen, um einmal einen ruhigeren, entspannteren Blick auf die Dinge, die geschehen, zu werfen. Dabei spreche ich nicht nur von der nordischen Mythologie... vielmehr betrachte ich die Mythen und ihre Elemente eher indoeuropäisch. Viele Mythen Europas sind stark miteinander verwandt. Sie ergänzen sich gegenseitig oder haben gemeinsame Wurzeln. Natürlich sind sie auch ein unerschöpflicher Vorrat an Bildern und Inspiration für Texte. Mittlerweile würde ich mich selbst aber nicht mehr ohne weiteres als "Heiden" bezeichnen, auch wenn meine Religion und die der Neo-Heiden scheinbar oftmals die gleiche ist. Ich finde aber, dass in jenen Kreisen oftmals viel zu naiv, idealisierend oder schlichtweg dumm mit den Mythen verfahren wird. Im Prinzip haben sie die Art und Weise wie das Christentum seine Religion lebt schlichtweg übernommen und einfach nur die Götter ausgetauscht. Bei anderen Neo-Heiden habe ich das Gefühl, dass sie mit der Art, wie sie ihren Glauben ausleben eher psychische Defekte kompensieren als wirklich Weisheit zu suchen. Einen intelligenten, vernünftigen Umgang mit vorchristlicher Spiritualität konnte ich bisher zumindest nur bei wenigen beobachten. Und diese Menschen halten sich meist - wie ich - eher der Neopaganen Szene fern.

HH: Was ist für dich Black Metal, was Pagan und welcher Stilrichtung fühlst du dich - wenn überhaupt - eher verwandt?

Skald: Das kommt vor allem auf die Texte, bzw. die Einstellung der Band an. Sind die Texte satanisch ist es Black Metal, sind die Texte heidnisch ist es Pagan Metal. Musikalisch gesehen sind sich beide Richtungen ja oft sehr ähnlich, wenngleich Pagan Metal oft epischer ist bzw. mit scheinbar mittelalterlichen Klängen aufwartet. Wenn man mich fragt fühle ich mich eher dem Pagan Metal verwandt, einfach, weil das Heidentum eher meiner Lebensphilosophie entspricht. Musikalisch tendieren wir allerdings eher in die Black Metal Richtung. So wirklich fühlen wir uns aber keiner der beiden Szenen zugehörig. Der Umgang mit dem Heidentum ist uns im Pagan Metal oft bei weitem zu naiv und Satanisten sind wir nun mal auch nicht. Eigentlich müssten wir für unsere Musik eine neue Stilbezeichnung entwickeln... Vorschläge von Fans per E-Mail werden gerne angenommen!

HH: Betrachtet man sich die Entwicklung des Black Metal der letzten Jahre, drängt sich einem immer öfter der Verdacht auf, dass diese Musikrichtung immer mehr auf eine Sackgasse zusteuert und in einer Art Schaffenskrise steckt. Wie stehst du dazu und was wären Wege aus dieser Situation in deinen Augen?

Skald: Das stimmt. Aber es liegt natürlich auch daran, dass die Szene aus ihrer Grundhaltung heraus so etwas wie Weiterentwicklung gar nicht will. Man kann eigentlich gar nichts Neues im Black Metal machen ohne die Grenzen des Genres zu überschreiten. Und alles ist schon gemacht worden. Daran wird diese Szene wohl früher oder später auch musikalisch zugrunde gehen. Niemand braucht 1000 neue Undergroundbands im Monat, die sich alle anhören wie die 1000 neuen Undergroundbands aus dem Monat zuvor. Einen Ausweg gibt es nur, wenn die Szene anfängt sich zu öffnen und neue Ideen importiert und zulässt. Das wird früher oder später auch passieren denke ich, zum Teil passiert es ja jetzt schon. Aber was dann die "wahren" Fans davon halten ist eine andere Geschichte. Ich denke, die Szene wird sich aufspalten, in eine innovatives und ein fanatisches Lager. Und das fanatische Lager wird auf die Dauer den Kürzeren ziehen.

HH: Kommen wir zu eurem Album. Die Reaktionen auf Frostnacht sind durchweg positiv ausgefallen. Wie schätzt ihr euren Erfolg ein?

Skald: Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Offensichtlich mögen viele Leute die Frostnacht und die Kritiken waren auch größtenteils sehr gut. Wie erfolgreich wir aber wirklich sind vermag ich nicht zu sagen.

HH: Gibt es Dinge, die ihr bei eurem nächsten Album ändern würdet?

Skald: Natürlich macht man immer irgend etwas anders, sonst gäbe es keine Weiterentwicklung. Was genau das sein wird kann ich aber noch nicht sagen. Wir werden auf jeden Fall versuchen, die Produktion noch passender hinzubekommen.

HH: Verlier doch bitte ein paar Worte über die Unterschiede des Demos Gratr im Vergleich zu Frostnacht.

Skald: Frostnacht ist spontaner als Gratr, was die Komposition betrifft. Während wir das Material auf Gratr in einem Zeitraum von fast zwei Jahren geschrieben haben, ist Frostnacht in nur etwas mehr als zwei Monaten entstanden. Aber das ist in Ordnung so, es ist einfach eine andere Arbeits- und Herangehensweise. Außerdem ist die Produktion auf der Frostnacht klarer, differenzierter und aggressiver. Ferner haben wir auf Chöre verzichtet, was beim nächsten Album vermutlich wieder anders sein wird.

HH: Euer Album ist ein Wechselbad zwischen rauen, kalten, verbitterten und eher ruhigen Parts bzw. bedächtigen und spartanischen Akustikstücken. Was inspiriert euch zu dieser Musik, in wieweit fällt es euch schwer oder leicht dies umzusetzen und ist das der Weg, den ihr verstärkt gehen wollt?

Skald: Diese Abwechslung aus ruhigen und aggressiven Passagen finde ich persönlich sehr wichtig, denn vor allem in diesen Spannungsfeldern werden Emotionen frei. Nach Möglichkeit werden wir das auch weiter so handhaben. Was die Inspiration betrifft - nun, es ist wohl das Übliche. Das Leben, Dinge, die man beobachtet, auch die Natur oder andere Musik, die man hört.

HH: Im Lied "Minis Brunnr" benutzt du isländische oder altnordische Lyrics. Wie kamst du auf diese Idee und siehst du in dieser Sprache eine Möglichkeit gewisse textliche Zusammenhänge und Passagen besser auszudrücken?

Skald: Ja, natürlich, darum benutze ich sie. Und auch wegen dem Klang der Sprache, weil er sehr archaisch ist. Die Mythen des Nordens sind nun einmal im Original in Altisländisch geschrieben. Eine Übersetzung, die dem Sinn gerecht wird ist oftmals nicht ganz leicht, da lasse ich die Texte einfach so. Manchmal schreibe ich auch Sachen auf Deutsch und übersetze sie dann in's Altnordische, damit sie sich besser einfügen. Die Sprachen die ich verwende, der Klang und die gewählten Worte sollen eine Brücke bilden, die dem Hörer vielleicht eine neue Art Zugang zu diesen alten Geschichten gewährt.

HH: Bei manchen Bands hat man den Eindruck, dass die Texte nur Beiwerk zur Musik sind und keine tiefere Bedeutung haben. Was bedeuten die Lyrics für dich?

Skald: Vielleicht kann man aus meiner vorherigen Antwort bereits erahnen, dass die Lyrics sehr wichtig für mich sind. Ich schreibe sie jedenfalls mit großer Sorgfalt und brauche dafür auch oft längere Zeit. Eine tiefere Bedeutung verbirgt sich tatsächlich in den meisten Texten, auch wenn man sie manchmal auf den ersten Blick nicht erkennt. Ein wenig Kenntnis was Skaldendichtung oder nordische Mythologie betrifft hilft sicherlich die Texte besser zu verstehen.

HH: Was ist für dich der nächste logische Schritt in der Entwicklung von Helrunar?

Skald: Oh, das kann ich dir nicht sagen... das entscheidet sich, wenn wir im Proberaum sind um das nächste Album zu komponieren.

HH: Ich habe euch vor einigen Wochen live in Ingolstadt erlebt und du meintest nach dem Auftritt, dass ihr mit der Show überhaupt nicht zufrieden gewesen seid. Was war das größte Manko an diesem Abend?

Skald: Nun, das größte Manko war wohl, dass zwei unserer Bandmitglieder ausgefallen sind. Unser Leadgitarrist Dionysos war nicht dabei, ebenso wenig unser Session-Bassist Garmr. Das hieß für uns, dass wir in aller Eile (innerhalb einer Woche) unserem Roadie das Bass-Spielen beibringen mussten, und alle Songs nur mit einer Gitarre spielen konnten. Das unter diesen Umständen der Auftritt nicht so qualitativ hochwertig wie sonst sein kann, versteht sich von selbst.

HH: Mit welchen Bands würdet ihr euch deiner Meinung nach auf der Bühne gut ergänzen?

Skald: Primordial, Skyforger, Enslaved.

HH: Welches ist der größte Stolperstein, der dir in deiner musikalischen Laufbahn je im Weg gelegen hat?

Skald: Fehlendes Geld, fehlende Zeit, Leute, auf die man sich nicht verlassen kann.

HH: Drei Bücher für eine einsame Insel?

Skald: Helrunar von Jan Fries, Cyrano de Bergerac von Edmond Rostand und Der Herr der Ringe von J.R.R. Tolkien.

HH: Wäre Frostnacht ein Tier, welches käme in Frage?

Skald: Ein Falke. Wenn du wissen willst warum: Die Antwort findet sich in der nordischen Mythologie.

HH: Danke für die Antworten. Die abschließenden Worte gehören dir.

Skald: Danke für das Interview und die interessanten Fragen! Knowledge is a weapon - arm yourself!

JR

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