Review
Whitesnake - Live - In The Still Of The Night (DVD)
VÖ: 30. Januar 2006
Zeit: ca. 110 min.
Label: Soulfood Music
Homepage: www.whitesnake.com
Unglaublich aber wahr: zumindest in Europa gab es von Whitesnake bislang noch keine offizielle DVD-Veröffentlichung. Da wird nun endlich Abhilfe geschaffen, und zwar mit einem rundum fetten Teil, dem sich alle Freunde von David Coverdale ruhigen Gewissens an die durchtrainierte Brust schleudern dürfen.
Dass bei dem alten Haudegen (mittlerweile zählt er immerhin 54 Lenze!) mittlerweile live durchaus wieder was geht, stellte er bei seiner 2004er-Hallentournee deutlich unter Beweis. Nix von wegen trauriges Abgenudel alter Heuler, die keiner hören will: Coverdale präsentierte sich frisch, peppig und wohltuend volksnah. Und vor allem: im Gegensatz zu manch anderen Fabrikaten funktionieren die Whitesnake-Songs nach wie vor bestens. Sie sind, im besten Sinne des Wortes, zeitlos - dafür sorgt die tiefe Blues-Wurzel, die jenseits von allen Moden immer irgendwo in ihrem Sound aufblitzt. So zu lesen in der Besprechung des Auftritts hier im Bajuwaren-Staate, und nun so optisch nachzuvollziehen auf dieser gefälligen DVD, die es wahlweise auch im Doppelpack mit CD geben wird.
Auf Silberling geb(r)annt wurde hier, wie könnte es bei Coverdale anders sein, ein Gig im Londoner Hammersmith Apollo. Nicht nur, dass er als alter Engländer dort ein Heimspiel hat. Nein, dort, so stellt es der gute Meister im Verlauf des Geschehens selbst fest, wohnen für Whitesnake auch viele gute Geister- schließlich wurde dort ihr Geniestreich Live In The Heart Of The City aufgezeichnet, der sie auf dem Höhepunkt ihrer glorreichen Blues-Phase erstrahlen lässt. Jetzt, fast 20 Jahre später, ist die Hütte wieder rappelvoll, und Coverdale zeigt mit einer bestens aufgelegten, hochkarätig besetzten Band, dass er es immer noch kann. "'Eres a zong for yaa!!", hallt es, und dann hüpfen die Burschen umher, als ob's das erste Mal wäre. Vor allem Felldrescher Tommy Aldridge, der auch schon für Ozzy Osbourne und Gary Moore auf den Putz haute, langt mächtig hin. Die restliche Band, bestehend aus Doug Aldrich (war schon Saitenzupfer bei Dio), Reb Beach (u.a. Alice Cooper) und Basser Marco Mendoza, setzen die Songs mit einem druckvollen Sound, kompakter Darbietung und flächigen Backing Vocals bestens in Szene. Dreh- und Angelpunkt ist natürlich der Meister selbst, und der schlendert locker mit Jeans und weißem Hemd über die Bühne, wirkt bestens gelaunt und tritt fortwährend in Kontakt mit dem Publikum: "You lost two fingers?", fragt er einen, der ihm die Pommesgabel zeigt. "I prefer peace", und hoch mit den zwei Lennon-Fingern. Ja, so sind die Blueser. Was wollen wir denn hören, fragt er? "Complicated songs, or lots of songs about bonking? Ok, let's do lots of songs about bonking." Über seine Texte kann er also selbst grinsen - ist doch schön. Zum Material: wie schon auf Tour knallt er uns mit "Burn" und einem zumindest kurz angerissenen "Stormbringer" zwei Juwelen aus seiner Zeit bei Blackmores Freunden um die Ohren. Das kann er noch richtig gut. Respekt.
Dann steigt ein Whitesnake-Kracher nach dem anderen: "Love Ain't No Stranger", "Ready An' Willing" (die Menge wippt, sweet satisfaction, that's what you waaant), "Give Me All Your Love", auch das bombastische "Judgement Day" von Slip Of The Tongue kommt an die Reihe. Zwischendurch immer wieder das, was auch mir am Auftritt am besten gefiel: Coverdale betätigt sich als, wie er sagt, "human jukebox", nimmt Zurufe aus dem Publikum entgegen und singt einige Songzeilen ohne Begleitung. Wer das kann, sich vor einem ausverkaufen Haus einfach hinzustellen und ein paar Zeilen zu intonieren und dabei jede Menge Stimmung zu erzeugen, der hats wirklich raus. Weiter im Text geht's mit "Cryin' In The Rain", dem wie immer ganz wunderbaren "Ain't No Love In The Heart Of The City", bei dem Coverdale wie immer seine sangestechnische Glanzleistung liefert, dann kommen das obligatorische Gitarren- und Schlagzeugsolo, wobei wie immer gilt: live manchmal nervig, hier kann man skippen. Aber das Ende des Drum-Parts sollte man sich nicht entgehen lassen - da hämmert Aldridge mit bloßen Händen auf die Kessel ein. He's a da fuckin crazy, you kno? Nicht fehlen dürfen "Fool For Your Lovin'" und natürlich der Bauernrenner "Here I Go Again", der allerdings durch flottes Arrangement auch leicht verdaulich wird. Päuschen, danach kommen sie wieder und schmettern den alten Reißer "Take Me With You" (vom Zweitling Trouble, 1978!), bevor ein wirklich krachiges "Still Of The Night" die Schau (fast) beendet. Fast: denn Coverdale kommt nochmal an den Bühnenrand und singt ganz allein ein unschlagbar schönes "Soldier Of Fortune", eine fast vergessene Perle aus der Purple-Ära.
Das Ganze sehen wir also durch insgesamt 26 Kameras aufgezeichnet, die uns in fast jeden Winkel der heiligen Hammersmith-Hallen bringen, und hören tun wir es in bestem Sound. Dass der Meister bei den ganz hohen Tönen bisweilen Zurückhaltung walten lässt, hatte ich anläßlich des München-Auftritts schon festgestellt. Aber auch hier gilt: na und? Wenn das Gesamtergebnis so überzeugt, die Stimmung so gut und die Songauswahl so stimmig ist - dann sind wir sehr zufrieden. Wie war das mit neuer Tournee? Das wär doch was!
Der Veröffentlichungstermin wurde übrigens verschoben - direkt dazu gab es das folgende Statement:
"We regret to inform you that the November 2005 release date for the DVD, Live - In The Still Of The Night, is being pushed back until January 30th of 2006. As our team worked toward the November date it became apparent that it was increasingly unrealistic, and rather than force the timeline we decided upon the delay. We sincerely regret any
inconvenience or disappointment this may have caused, but we are confident that upon final release you will see & hear that it was worth
waiting for! We recommend you check regularly with the WS.com for any further updates."
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