Review
Pain Of Salvation - BE
VÖ: 27. September 2004
Zeit: 75:58
Label: Inside Out
Homepage: www.painofsalvation.com
Puh, das ist ja mal ganz schön harter Tobak. Einfach war die Musik von Daniel Gildenlöw und seiner Band Pain Of Salvation noch nie, aber was die Jungs hier abliefern übersteigt dann den Horizont des Progressive Rock schon bei Weitem. Auf den ersten Blick erscheinen die zusammen gewürfelten Brocken aus orientalischen und folkloristischen Klängen, Akustik-, Gospel- und Orchesterparts sowie harten metallischen Klängen als zusammenhangloses, einer Fieberphantasie entsprungenes Stückwerk. Erst nach mehreren Durchläufen offenbart dieses Album seine wahre Tiefe.
Als Konzeptalbum über das große Geheimnis des irdischen Daseins, die Entstehungsgeschichte des Lebens und das Verhältnis von Mensch zu Gott, von Wissenschaft zu Glauben angelegt, will BE den Anforderungen und Erwartungen, die aus diesem Thema entspringen in nichts nachstehen. Und dementsprechend "ambitioniert" geht es dann auch los.
Über drei Tracks und damit geschlagene fünf Minuten wird dem Hörer die Rahmenhandlung des Albums erklärt. Danach folgt ein halb-akustischer Folksong, der zwar nichts mit Rock zu tun hat, dafür aber schon mal recht gut klingt und an den sich ein ruhiger, instrumentaler Pianopart anschließt. Mit "Lilium Cruentes" (die Tracks haben nebenbei bemerkt allesamt lateinische Namen) wird's dann erstmals ein wenig lauter: coole Bassläufe, abwechslungsreicher Gesang, jazzige Einlagen und treibende Beats vereinen sich zu einem knackigen Rocksongs, der irgendwie an Faith No More erinnert. Nach einem weiteren kurzen Zwischenspiel schlägt dann zum ersten Mal so richtig die Prog-Ader durch und Pain Of Salvation zeigen, dass sie ihren Ruf nicht umsonst innehaben. Das zehnminütige "Dea Pecuniae" ist der erste härtere Track der CD und verdient den Namen Prog-Metal zu Recht. Breaks, abwechslungsreiche, verspielte Melodiebögen, Tempi- und Tonartwechsel sowie der geniale Gesang Gildenlöws machen dieses Lied neben dem abschließenden "Martius/Nauticus II" zum Besten der gesamten Scheibe. Die darauf folgenden "Diffidentia" mit seinen von verträumten Pianopassagen getragenen Riffgewittern, "Nihil Morari" welches durch vertrackte, stimmungsvolle Gitarrenläufe, Flötensoli und einen geilen, morbiden Gesang glänzt, und das schon musical- bzw. opernmäßige "Iter Impius" vollenden meisterhaft das, was so schwer in Tritt kam.
Es fällt anfangs schwer, in diesem Gewirr aus unterschiedlichsten Stilen, Instrumenten und Arrangements auch nur ansatzweise einen roten Faden zu entdecken. Hat man ihn aber erstmal gepackt, lässt man ihn dafür nur ungern wieder los. BE ist wahrlich kein einfaches Stück Musik geworden. Hier sind schon einige Anläufe notwendig, um mit dem dargebotenen Material warm zu werden. Doch die Zeit, die man dafür benötigt ist es allemal wert. Vielleicht fällt es leichter, wenn man die gegen Ende des Jahres erscheinende DVD mit den Aufzeichnungen der zugehörigen Show zu Rate zieht. Ich kann nur jedem aufgeschlossenen Kopf raten, sich dieses Meisterwerk zu Gemüte zu führen. Etwas Besseres wird im Prog Bereich so schnell nicht zu finden sein, denn das hier ist ganz, ganz großes Kino.
JR