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Festival-Bericht

Wacken Open Air

mit Ozzy Osbourne, Motörhead, Judas Priest, The Aberlours, Golem, Skyline, Bülent Ceylan, Frei.Wild, Coldwar, Helloween, Blind Guardian, Battle Beast, Ensiferum, Pharao, Suicidal Tendencies, Morbid Angel, Skalmöld, Ignis Fatuu, Betontod, Sodom, Rhapsody Of Fire, Negator, Deadlock, Bullet, Heaven Shall Burn, Suidakra, Sirenia, Tsjuder, Kyuss Lives, Triptykon, The Murder Of My Sweet, Moonsorrow, Girlschool, Visions Of Atlantis, Crash Diet, Kataklysm, Onslaught, Torture Squad, Dir En Grey, Knorkator, Iced Earth, Vreid, Sepultura, In Solitude, Avantasia, Kreator, Hail Of Bullets, Motörhead, Edelweiss & Children Of Bodom

Festivalgelände Wacken, Wacken 04.-06.08.2011

(Fotogalerien: Wacken2011 Donnerstag, Wacken2011 Freitag, Wacken2011 Samstag)

Donnerstag, 04.08.2011
A Night To Remember

Es sind die Klänge von Regentropfen, die gegen meine Zeltwand schlagen und mich so aus meinem ohnehin nicht sonderlich guten Schlaf zurück ins Land der Lebenden und Halbtoten reißen. Ein widerlicher Sprühregen und eine unangenehme, blasenfeindliche Kälte versauern den Vormittag. Da macht selbst die Guten-Morgen-Halbe keinen Spaß. Und überhaupt: das war vom Wetterdienst so nicht gemeldet!

Gegen 15:00 Uhr begeben wir uns schließlich auf das Festivalgelände, wo man nicht umhin kann, eine weitere Neuigkeit zu entdecken: mit einem Logo, das ebenso gut von einer Metalcore-Kapelle stammen könnte, tritt heuer ein Energy-Drink namens Relentless als omnipräsenter Sponsor auf und hat den österreichischen Bullen vom Platz gejagt. Auf dem Gelände gibt es neue Videowalls, die das Geschehen auf den Bühnen übertragen, es gibt neue Ein- und Ausgänge und die Party-Stage wirkt größer als bisher.

Golem
Was macht man am nun besten, um sich die Zeit bis zur großen Sause auf der Black Metal Stage zu vertreiben? Richtig, man stattet der altehrwürdigen W.E.T. Stage einen Besuch ab, schließlich hat man hier schon die ein oder andere positive Überraschung erlebt. Und so auch heute. Golem kommen aus Italien und haben den dortigen Metal Battle Contest für sich entscheiden können. Und das zu Recht, denn was mir da aus der PA entgegen schallt, ist wirklich feines Zeug. Fetter, groovender Death Metal mit ordentlich Melodien unterlegt, jedoch nicht damit überfrachtet. Das Zelt ist zwar noch nicht wirklich gut gefüllt, aber das macht nichts, denn die Stimmung ist schon mal sehr gut. Die vier Jungs bringen die Anwesenden auch gleich zum Mitklatschen bei "No Remorse" und ernten dafür auch den verdienten Beifall. Zu "Psycho Born" gibt es dann auch noch einen kleinen Moshpit vor der Bühne. Zum Ende des Sets kommt dann noch in bester Iron Maiden-Manier das Bandmaskottchen auf die Bühne, ein Cyborg in bester Warhammer-Montur. Ein feiner Einstand.
(Ray)

Doro
Schließlich wird um 16:00 Uhr das musikalische Programm auf der Black Stage eröffnet. Seit einigen Jahren längst ritualisiert, dient hierzu der Auftritt der Band Skyline, in der auch Veranstalter Thomas Jensen einst spielte. Einen wohligen Schauer treibt es mir über den Rücken, als die Musiker mit "Out In The Fields" den ersten Song anstimmen und somit ihre Ehre dem heuer viel zu früh verstorbenen Gary Moore erweisen. Schließlich spielen sie auch noch "Over The Hills And Far Away", die bekannteste Nummer des irischen Blues-Rockers, als wie von Geisterhand die Wolkendecke aufreißt und die ersten Sonnenstrahlen dieses Tages unsre Häupter wärmen. Jede aufkeimende Melancholie erstickend stürmt sogleich die bestens gelaunte Doro Pesch die Bühne, schmettert nach der Wacken-Hymne "We Are The Metalheads" auch noch einen brandneuen Song namens "Raise Your Fist In The Air" und schließlich den Klassiker "All We Are", den man langsam wirklich nicht mehr hören kann, dem Publikum entgegen. Nach ihr erscheint Chris Boltendahl und präsentiert den diesjährigen Festival-Song "Wacken Will Never Die" - natürlich im klassischen Grave Digger-Gewand. Nach Onkel Tom und seinem Stück "Auf Nach Wacken" ist natürlich auch heuer wieder Udo Dirkschneider mit von der Partie, spielt uns "Heavy Metal W:O:A", "I'm A Rebel" und "Princess Of The Dawn", während ein gutes Dutzend riesenhafter Bälle mit etwa zwei Metern Durchmesser durch oder besser über die Fans wandern. Um die Stimmung in Gang zu bringen, ist Skyline auch heuer wieder der richtige Zunder.
(Dagger)

Bülent Ceylan
Es folgt ein Kontrastprogramm der etwas anderen Sorte. Und ich muss ehrlich zugeben, anfänglich habe ich mich schon gefragt, ob ein Stand-Up Comedian auf der Black Stage bestehen kann. Um es gleich vorweg zu nehmen: Bülent Ceylan kam, sah und siegt aber sowas von. Dabei hat der sympathische Türke kurz davor auf der Pressekonferenz schon zugegeben, dass es etwas ganz Besonderes ist, auf einem Metalfestival aufzutreten. Und es ist proppenvoll vor der Black Metal Stage, als er die Bühne betritt (und das nicht nur aufgrund des folgenden Frei.Wild-Gigs). Doch schnell wird klar, dass ihm die Meute aus der Hand frisst (was sich auch später zeigt, als die Schlange vor der Bülent-Autogrammstunde kein Ende nehmen will). Sogar einen Gag auf englisch hat er im Repertoire, bevor er über's Einkaufen (wir Metaller müssen ja auch einkaufen) sinniert. Das alles wieder zu geben, würde nicht funktionieren, daher nur soviel: das Bangervolk lacht, kreischt und klatscht. Bülent gibt einfach alles, spielt sich selbst in einen Rausch und surft am Ende noch mit einem Schlauchboot bangend über die Menge. Das Volk verlangt lautstark nach einer Zugabe, die es auch bekommt, nämlich eine Bauchtanzeinlage zu harten Riffs. Am Ende reißt sich Bülent noch das T-Shirt vom Leib und hinterlässt eine jubelnde Menge. Geil!
(Ray)

Frei.Wild
Zum dritten Mal in Folge sind die Südtiroler Frei.Wild nun auf dem W:O:A präsent. Letztes Jahr zerlegte man noch die Party Stage, dieses Jahr ist die große Hauptbühne an der Reihe. Selbst noch von diesem Erfolg "überrascht" machen Frei.Wild keine Gefangenen. Und genau jetzt bereue ich es, den Fotorucksack am Mann zu haben, denn was in dieser Stunde Deutschrock abgeht, ist schwer in Worte zu fassen. Überall fliegende Menschen, ein Pit jagt den nächsten, zeitgleich werden mehrere Pits ins Leben gerufen und jede Textzeile wird lautstark mitgesungen. Die Setlist ist aber auch fein gespickt mit "Frei.Wild", "Unser Wille, Unser Weg", "Arschtritt", "Weiter Immer Weiter" und der Ode an die Heimat "Südtirol". Fronter Philipp Burger stachelt die Fans vor der Bühne zu immer weiteren Höchstleistungen im Pit an und auch der Bitte nach dem gestreckten Mittelfinger wird brav gefolgt, ein klares Statement zum "Land Der Vollidioten". Auch die aktuelle Single "Weil Du Mich Nur Verarscht Hast" ist im Gepäck, leider jedoch ohne die Bläsereinlagen. Dafür will Philipp mit Akustikgitarre ausgestattet noch einmal ordentlich Aktion vor der Bühne stehen, denn "Sieger Stehen Da Auf, Wo Verlierer Liegen Bleiben". Zum Abschied gibt's noch den netten Rat "Halt Deine Schnauze" mit auf den Weg, ehe die Südtiroler uns ausgepowerte Wackinger zurück lassen. Ein intensiver Gig.
(Ray)

Zur selben Zeit nimmt auf der W.E.T. Stage im Zelt der zweite Part des Wacken Metal Battle seinen Lauf. Da wir die irischen Teilnehmer Coldwar als Zeltplatznachbarn haben, schauen Jason und ich einen Sprung vorbei. Mit Glück sehen wir auch noch den letzten Song der Niederländischen Gegner X-Tinction, deren zierliche Sängerin sich zu messerscharfen Gitarrenriffs und tollen Melodien regelrecht die Lunge aus dem Leibe kreischt und röhrt. Das ist definitiv eine Band, mit der ich mich bei Gelegenheit näher auseinandersetzten muss, und unbedingter Tipp für alle Freunde von fetzigem Thrash Metal. Coldwar selbst präsentieren sich kurz darauf als heftiger Cocktail der brutalsten Gangarten im Grenzland zwischen Death, Grind und Hardcore. Mit mächtig Groove gesegnet klingen die Iren um ihren grimmigen, nahezu ganzheitlich tätowierten Frontzwerg wie Sepultura auf Ecstasy. Die Stimmung hält sich jedoch in Grenzen, so dass ich nicht daran glaube, dass unsere Nachbarn den Wettstreit für sich entscheiden werden.
(Dagger)

Schließlich bekommt man kurz darauf auf der benachbarten True Metal Stage ein Stückchen deutsche Metal-Geschichte zum Greifen nahe, als die Band Helloween, einer unserer größten Exportschlager der 80er, die Bühne stürmt. Nachdem ihnen zu Beginn gleich zweimal nacheinander der Strom ausgefallen ist, kann "Eagle Fly Free" schließlich beim dritten Anlauf seine volle Kraft entfalten und ruft sogleich tausende Headbanger auf den Plan. Dicht gefolgt von "March Of Time" - was für ein Song! Und lange nicht gehört! - und "Where The Sinners Go" wird viel zu früh im Set ein Drum-Solo platziert. Es folgt ein Medley aus den Monstertracks "Helloween", "King For A 1000 Years" und "Keeper Of The Seven Keys", ehe sich Andi Deris zum Klassiker "Future World" einmal mehr als Labertasche und echter Dummschwätzer erweist, wenn er sich zu sinnlos langen Singspielchen ständig über seinen Kollegen am Schlagzeug lustig macht. In derselben Zeit hätte man vermutlich noch zwei Perlen aus dem Schatzkästchen der Band zum Besten geben können. So bleiben uns nur "Dr. Stein" und als Zugabe "I Want Out", ehe sich Helloween verabschieden.
(Dagger)

Blind Guardian
Nach Helloween folgt dann sogleich mit Blind Guardian die nächste Heavy-Granate aus deutschen Landen. Bei ihrem inzwischen fünften Auftritt in Wacken legt der Vierer um Steuermann Hansi Kürsch auch gleich mächtig los mit "Sacred Worlds", dem Opener vom aktuellen Album At The Edge Of Time, gefolgt von Klassikern wie dem Mitsing-Stück "Welcome To Dying", den Tolkien-Nummern "Nightfall", "Time Stands Still At The Iron Hill" und "Traveller In Time". Ja, wahrhaftig, das begeisterte Publikum ist auch heute wieder extrem textsicher, wie ja eigentlich immer bei den "Wächtern". Nachdem ich mich endlich aus der Einflugschneise von Crowd-Survern entfernt habe, kann ich den Gig dann auch endlich richtig genießen. "Quest For Tanelorn", "Imaginations From The Other Side" und die etwas ruhigere Nummer "Lord Of The Rings" folgen. Nach dem aktuellen Song "Wheel Of Time" folgt mit der Mitgröl-Hymne "Valhalla" das nächste Highlight. Als dann noch mit "Majesty" von der Batallions Of Fear einer draufgesetzt wird, gibt es in der Menge nun wirklich kein Halten mehr. Was fehlt jetzt eigentlich noch zum Glücklichsein? Klar, "The Bard's Song". Spätestens jetzt kommt Gänsehaut-Feeling auf, wenn sich die 75.000 vor der Bühne quasi die Seele aus dem Leib singen. Beendet wird dieser geniale Auftritt dann mit "Mirror, Mirror" und Pyroeffekten wie Feuerfontänen und Kreisel, ganz wie es sich für ein "Grand Finale" gehört.
(Jason)

Battle Beast
21:00 Uhr. Wir schwenken wieder zurück zur W.E.T. Stage. Letztes Jahr gingen hier die Finnen Battle Beast als Gewinner des Metal Battles hevor und dürfen als solche auch in diesem Jahr an den Ort ihres Triumphes zurückkehren. Trotz der nebenan spielenden Blind Guardian haben es nicht wenige ins Zelt geschafft und bekommen dafür feines Heavy-Kraftfutter kredenzt. Angesichts der kraftvollen Riffs und der Stimme von Frontfrau Nitte Valoist ist es kein Wunder, dass die Finnen den Gewinn letztes Jahr einsackten. Erdiger Power Metal mit reichlich Melodien garniert und mehrstimmige Refrains: Bangerherz was willst du mehr? Zum Abschluss gibt es dann noch die Single "Show Me How To Die", die definitiv Lust auf das hoffentlich in Bälde erscheinende Album macht.
(Ray)

Im Anschluss zieht es mich noch einmal in Richtung Bullhead City, wo gerade wieder einer der vielen Wet-T-Shirt-Wettbewerbe anfängt. Teilnehmerinnen werden auch heute (wie am Tag zuvor) schnell gefunden und auch eine alte "Bekannte" will es wieder wissen, nachdem sie am Mittwoch ohne Sieg von dannen ziehen musste. Auch heute halten sich die spärlichen Kleider nicht allzu lange an den weiblichen Körpern, relativ schnell fallen auch heute die letzten Hüllen... Dass weniger (zeigen) manchmal mehr ist, sollte besagte Dame mal bedenken, denn es ist das erste Mal, dass ich bierselige Männer beim Anblick von so viel nackter Haut "Anziehen, Anziehen" rufen höre. Wie dem auch sei, alle haben ihren Spaß und so manche nackte Festivalbesucherin wird sich wohl auch in der Bild-Zeitung wieder finden.
(Ray)

Ozzy Osbourne
Schließlich schlägt die Uhr 22:30 Uhr und somit die Stunde für den heutigen Headliner, den Madman, den Lord Of Darkness: Ozzy Osbourne. Schon zu Blind Guardian habe ich mich im weiten Bogen auf den Weg gemacht, um einen guten Platz möglichst nahe am Geschehen ergattern zu können. Pünktlich zu den ersten Tönen von Carl Orffs "O Fortuna" der Carmina Burana kommt Bewegung in die Reihen, "Ozzy!"-Choräle von 80.000 Meatlheads erfüllen die Luft und alles gerät außer Rand und Band als der Gerufene dann endlich in tapsigem Gang auf der Bühne erscheint und "I Don't Know" anstimmt. Wie von der Tarantel gestochen und etwas über das Maß hinaus, was ihm seine bescheidene Kondition gestattet, hüpft der mittlerweile 63-Jährige über die Bühne und gibt alles. So geschieht es, dass ihm schon nach der zweiten Nummer "Suicide Solution" die Puste ausgeht, und er die Töne zum folgenden Hit "Mr. Crowley" nicht mehr richtig treffen will. Doch dieser Durchhänger stört niemanden, die Stimmung bleibt am Brodeln und Ozzy lässt den Schelm heraus, wenn er mittels Feuerwehrschlauch den ersten Reihen und schließlich sich selbst eine Bierdusche verpasst, Wassereimer ins Publikum schüttet oder uns spontan seine entblößten vier Buchstaben entgegenreckt. Um das Publikum noch weiter anzuspornen bedarf es nicht besonders viel, nur viereinhalb Worte: "I can't hear you!" oder die XXL Fassung davon "I can't fucking hear you!" entfesselten wahre Stürme der Begeisterung in dieser Nacht. Bei der weiteren Songauswahl besinnt sich Ozzy ganz auf seine ruhmreiche Zeit, als zügelloser Drogen- und Alkoholkonsum wahre Klassiker gebaren. Alles was nach 1991, sprich nach No More Tears, kam, wird heute ausgeblendet. Als nächstes auf dem Plan steht schließlich mit "War Pigs" der erste Klassiker aus dem Hause Black Sabbath, gefolgt von den hochkarätigen "Bark At The Moon" und "Shot In The Dark". Mit dem Grinsen eines Wahnsinnigen darf Drummer Tommy Clufetus im Solo seinen Trieben freien Lauf lassen. Und auch Gus G. erhält Gelegenheit sich als würdig zu erweisen in der namhaften Galerie seiner Ahnen als Leadgitarrist bei Ozzy Osbourne. Nach "Iron Man", "I Don't Want To Change The World" und dem Hit "Crazy Train", während dem ich von Crowd Surfern regelrecht überflutet werde, verschwindet Ozzy noch ein letztes Mal hinter die Bühne, wo vermutlich ein Sauerstoffzelt für ihn errichtet wurde. Für die Zugabe steht er schließlich wieder bereit: "Mama, I'm Coming Home" und natürlich "Paranoid", zu dem noch ein letztes Mal wirklich alle steil gehen. Was für ein Konzert! Alle hatten Spaß und auch der Madman hat sich gänzlich für uns verausgabt - ohne Zweifel ein denkwürdiger Moment in der Geschichte des Wacken Open Air und als solcher ganz im Sinne des heutigen Tages!
(Dagger)

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