Review

"Auf der Mauer, auf der Lauer sitzt 'ne kleine Wanze". Ja, das Liedgut erklang aus unzähligen Kehlen junger Bengel und Mädel. Ein getreuer Weggefährte im Kindergarten und bei jeder Begegnung mit Melissa Auf Der Maur werde ich wieder daran erinnert. Melissa, Ex-Bassistin der Smashing Punmpkins, legt nach sechs Jahren ihr zweites Soloalbum vor, das einige Zeit braucht, um sich in seiner Ganzheit und Klasse zu erschließen.

Die rothaarige Kanadierin setzt auf alternative Klänge wie spacigen Rock und eine Menge Improvisation, welche aber im Mix durchweg gute Songs zu Tage fördern. Nichts zum Nebenbeihören oder mal eben im Auto durchzappen. Nein, hier muss man sich die Stücke erarbeiten. Das Titellied steht da stellvertretend für eingängige aber doch irgendwie verquere Songstrukturen. Alternative Rock abseits des allbekannten Reißbretts in der Gesellschaft von Kristin Hersh (Throwing Muses) oder unabhängig in ihrer Attitüde wie die Landsfrau und Countryikone K.D. Lang.
"Isis Speaks" rockt fröhlich davon, Melissa wirft ihre Phrasierung und den lasziven Sprechgesang bewusst in die Waagschale. Einfach zeitlos schöne Musik. In "Father's Grave" darf Schinkengott Glenn Danzig im Duett mit der zauberhaften Dame jodeln. Hoffnung klingt anders, mit Hr. Danzig aber passend. Songs wie "The Hunt" oder das instrumentale "Lead Horse" haben etwas von Ohrenkino und wirken wie Soundtracks zu kleinen Filmchen.

Wer das Debüt liebt, darf Out Of Our Minds herzlich in der Sammlung begrüßen. Mrs. Auf Der Maur hat ein Gespür für den Song, nichts wird überladen. Nein, die Rezeptur setzt auf wenig Zutaten, die aber große Wirkung erzielen. Wie beim Bier, da braucht's auch nur Wasser, Hopfen, Malz und ab und an Hefe, je nach Gusto. Wie titelt ein Song so treffend: "Meet Me On The Dark Side". Melissa, ich komme...

Siebi

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