Notice: Undefined variable: zaehl in /home/m1uxu5d5fxn2/public_html/webseiten/include/include_livefest.php on line 177
Notice: Undefined variable: zaehl in /home/m1uxu5d5fxn2/public_html/webseiten/include/include_livefest.php on line 300
Festival-Bericht
Bang Your Head!!!
mit Edguy, Venom, Exodus, Gotthard, Thin Lizzy, Arch Enemy, Sabaton, Primordial, Kamelot, Powerwolf, Primal Fear, Axxis, Armored Saint, Tankard & Firewind
Messegelände Balingen, Balingen 13. & 14.07.2012
Jedes Jahr die gleiche Sache. Die Harten kommen bekanntlicherweise in den Garten, aber auch nach Wacken. Das ist gut so, und fein, aber nix für zwei ältere Herren, die ein Mindestmaß an Zivilisation benötigen. Und deshalb begebe ich mich schon seit Jahren, und in den letzten beiden auch in kundiger Begleitung eines seit ewigen Zeiten befreundeten Mitstreiters, eben nicht in den hohen Norden, auch wenn uns das jedes Jahr wieder lockt - sondern eben auf die Hohenzollernalb, wo seit 1996 regelmäßig und mit wachsendem Erfolg die eher traditionelle Fraktion auf ihre Kosten kommt. Da gibt es alles, was das gesetzte Herz begehrt: einen schon fast gepachteten Parkplatz beim Aldi nur fünf Minuten vom Festival-Gelände entfernt, festen Grund und Boden (nix wacker Acker!) und dank der mit genutzten Messehalle sogar ein Dach überm Kopf und echte Toiletten. Kurzum, alles, was es bei der Kuh um die Ecke in Wacken eben nicht gibt, und da lässt man es sich dann auch mal gefallen, dass das Billing nicht ganz so hochkarätig ist. Und wenn 2012 auch der ganz große Headliner-Kracher nicht dabei war, gab es doch so viele positive Überraschungen, dass die Ampel für nächstes Jahr ganz klar aussieht - oder, in den Worten des alljährlichen Dialoges mit der Pensionsbesitzerin: "Kommed sche neggschdesch Jahr widder?" "Ja, ich denke schon" "Da du isch desch Zimmer schon emal rescherviere!" Da bleibt einem doch gar nichts anderesch übrig, als Höggschdleischdung abbzurufe... Debbie, was heißt Bang Your Head noch mal auf Englisch?
Freitag, 13.07.2012
Aufgrund diverser Verpflichtungen professioneller Natur (gscheid daher geredet für keinen Urlaub nehmen können) laufen wir nach lustiger Hatz durchs Schwabenland just rechtzeitig zum Powerwolf ein, als der genannte Kollege schon längst präsent ist und daher einen Korrespondentenbericht über das bereits Ereignete liefert. So vernehmen wir erfreut, dass die Rasselbande um Ausnahmegitarrist Gus G. beweist, dass Griechenland mehr kann als Geld ausgeben, was ihnen nicht gehört: der Kollege, der seit 2009 bei Ozzy in die Saiten greift, ballert mit seiner "eigenen" Band Firewind auch live gehörig. Melodisch, schnell, technisch versiert serviert Virtuose Gus Nummern wie "Head Up High", "Wall Of Fire" oder "The Fire And The Fury" und zeigt damit, dass pfeilschneller Melodic Metal auch in Balingen immer funktioniert. Haarrotor inklusive. Fein!
Seit bei Anthrax wieder Joey Belladonna das Mikro schwingt, ist John Bush zumindest in dieser Hinsicht arbeitslos - aber offenkundig lässt er sich nicht verdrießen, sondern reist mit seiner Kombo Armored Saint durch die Lande und macht dabei auch in Balingen Station. Das ist nichts Neues, waren die Mannen doch schon 2001 und 2006 zu Gast in Schwaben. Aber heute darf man mal durchaus ein Fragezeichen in Sachen Modegeschmack machen - keine Ahnung was John Bush geraucht hat, aber das scheint ein gutes Kraut zu sein, denn sonst tritt (außer vielleicht Tobi Sammet, aber das ist was anderes) keiner in pink an. Trotzdem mundet der klassische Metal der Amis nach all den Jahren immer noch perfekt, Bushs Stimme passt zum Material wie der Bobbes auf den Eimer, er macht den Animationskünstler (und ruft dabei ca. 200 Mal "I can't hear you!"), und natürlich darf mit "March Of The Saints" auch der große Klassiker nicht fehlen.
So, und jetzt läuft der Papa dann auch mal endlich ein, als die Recken von Powerwolf gerade ihre spaßige schwarze Messe zelebrieren. Beim letzten Balingen-Outing 2009 noch vom strömenden Regen gehindert, können die Kollegen heute bei Sonnenschein aufspielen und legen eine wie immer amüsante und mitreißende Show auf die Bretter. Die übliche Show mit Priestergewand und Käsegesicht garniert die textlich durchaus ähnlich gelagerten Stückchen mit vielsagenden Titeln wie "We Drink Your Blood", "All You Need Is Blood" oder "Schwarzwälder Blood" (nein, das war jetzt ein Gag, ok?). Aber es gibt auch Variationen wie "Raise Your Fist" oder natürlich die obligatorischen "Werewolves Of Romania". Das lustige Pseudo-Rumänisch-Deutsch des Frontpriesters mit dem üblichen "Vielen Dankescheeen!" gehört auch dazu, und die eingängigen Hymnen verfehlen ihre Wirkung nicht. Das Rund ist gut gefüllt, die Menge geht mit - gute Leistung.
Die bieten dann auch Kamelot, die mit ihrem epischen Metal genau nach Balingen passen. Mit Sänger Roy Kahn musste man 2011 einen Abgang verkraften, der erst kurz vor dem Auftritt in Balingen durch Neuzugang Tommy Karevik ersetzt wurde, was der kraftvollen Darbietung heute keinen Abbruch tut: begleitet durch massive Pyro-Effekte inszenieren die Herren ihren epischen, teilweise recht komplexen Powermetal mit Material wie "Rule The World", "Ghost Opera" oder dem feinen "Center Of The Universe" gekonnt, wobei die Publikumsdichte im Vergleich zu Powerwolf etwas nachlässt. Schade eigentlich, denn die Nichtanwesenden verpassen den durchaus graziösen Auftritt von Gastsängerin Elise Ryd, eigentlich tätig bei Amaranthe - und der hat's akustisch ebenso in sich wie optisch. Eine der ersten angenehmen Überraschungen des Tages.
So meine Herren und jetzt wird's ernst! Denn nun werden Sie ganz gepflegt aber gehörig in den Allerwertesten getreten. Melodischer Death Metal steht auf dem Programm, und zwar einer der ganz besonderen Art: Angela Gossow schickt sich an, uns zu versohlen, und was ihre Kollegen von Arch Enemy in der folgenden guten Stunde abziehen, hat sich gewaschen. Nietenlederjackenbewehrt grunzt sich die Holde, die irgendwie unfotogen ist (sieht live echt gut aus), durch Brecher wie "Yesterday Is Dead And Gone", "My Apocalypse" oder "Blood Stained Cross". Dass die Instrumentalfraktion um Saitenhexer Michael Amott über jeden Zweifel erhaben ist, muss nicht erwähnt werden, und auch wenn Frau Gossow an der einen oder anderen Stelle nicht auf der vollen gutturalen Höhe und der "Gesang" recht leise gemischt ist, macht sie das durch sympathische Sprüche locker wett - "danke, dass ihr euch unseren Krach anhört", meint sie augenzwinkernd, "wir sind das Gegenprogramm zu dem ganzen Eier-Ab-Gesang auf diesem Festival". "In This Shallow Grave" gerät zur Ballerei ohne Ende, und so bleibt unter dem Strich ein berauschender Auftritt und der klare Gewinner des ersten Festival-Tages. Und irgendwann zieht sie dann auch noch die Jacke aus. Sauerei!
Auch wenn Thin Lizzy 2003 schon einmal in Balingen aufspielten, hatte ich doch so meine Zweifel - kann das denn irgendwie funktionieren, so mehr oder weniger ohne alte Mitglieder und vor allem ohne einen der charismatischsten Fronter, der jemals die Rockwelt zierte? Nun, sind wir mal aufgeschlossen - immerhin kann die Formation durchaus überzeugen. Neben den Ur-Mitstreitern, dem Gitarrengott Scott Gorham und Brian Downey, hat man mit Vivian Campbell (ehemals Def Leppard), Ricky Warwick von The Almighty und Sonnyboy Marco Mendoza am Bass durchaus gewichtige Größen an Bord. Die steigen dann mit "Are You Ready" und "Jailbreak" auch gleich mit Schmackes ein, das Lizzy-Logo prangt wie in den besten Zeiten mit Lichtern umrahmt als Backdrop, und... ja, er kann es, Warwick ist stimmlich gar nicht mal so weit vom unerreichten Phil Lynott weg. Den gibt - zumindest was das Posieren anbelangt - Meister Mendoza ebenso gekonnt am Bass, und damit schenken wir den Herren mal geneigt unser Gehör. Auch wenn Scott Gorham aussieht wie der Onkel von nebenan und Drummer Downey auch bei den Stones nicht auffallen würde, ist der Gitarrensound astrein, die unnachahmlichen zweistimmigen Läufe (manchmal spielen sie dank der Künste von Herrn Warwick sogar mit drei Gitarren - das geht ehrlich!), die ja immerhin nicht zuletzt einen gewissen Steve Harris beeindruckt haben (also auch hier, drei Gitarren geht), kommen sauber, und das Songmaterial ist erstklassig: "Don't Believe A Word", "Dancing In The Moonlight", "Emerald", alles ist am Start. Der alte Reißer und erste Hit "Whiskey In The Jar" (Warwick an der akustischen Klampfe!) animiert dann wirklich den letzten zum Mitsingen - und dann fängt der Regen an. Und zwar richtig. Und das ist verdammt schade, denn leider ziehen sich jetzt doch einige zurück, und die Kollegen bekommen nicht den Zuspruch den sie eigentlich verdient hätten. Aber unverdrossen ballern sie weiter mit "Rosalie", einem tollen "Black Rose" mit feinen Harmonien - "we sing it for Mr. Lynott and Mr. Moore", da regt sich Gänsehaut. Beim "Cowboy Song" spielt Meister Warwick atmosphärisch Mundharmonika, aber der Regen wird immer heftiger, und so retten sie sich ohne viel Federlesens in ein zackiges "The Boys Are Back In Town", bevor dann Schicht ist.
Dass sich an Venom die Geister scheiden würden, das war von Anfang an klar - für die einen sind sie anarchische Begründer eines ganzen Genres, trug ihr zweites Album doch den ominösen Titel Black Metal. Für die anderen waren und sind es hilflose Stümper, die einfach nur sinnlos durch die Gegend lärmen. Somit ist es zumindest fraglich, ob es nur am mittlerweile strömenden Regen liegt, dass für Headliner-Verhältnisse der Publikumsandrang sagen wir mal eher gemäßigt ist. Als die Herren weiland beim Metal Hammer Festival auf der Loreley 1985 zusammen mit den noch jungen Warlock, Pretty Maids, Running Wild und Metallica spielten, lösten sie nach Augenzeugenberichten meines Mitgereisten (Mann sind wir alt, das gibt's ja wohl nicht) scharenweises Fanabwandern aus - schauen wir mal ob das auch heute so kommt. Von der alten Besetzung ist nicht mehr viel übrig - Mantas und Abbadon haben nach einigen Splits und Reunions endgültig das Weite gesucht, so dass Mastermind Conrad Lant, in Niedersachsen auch bekannt als Cronos, mit zwei jüngeren Kollegen unterwegs ist. Die Bühne wird in Blutrot getaucht, Donnerschlagzeug setzt ein, und dann geht's dahin - und unheimlich sieht er schon aus, der Gute, mit seiner seltsamen hohen Stirn, den Riesenstiefeln und dem Rauschehaar. Der Sound ist nicht so komplett grottig wie von mir erwartet, und als man als erste Nummer gleich "Black Metal" ins Rund feuert, gibt es sogar einige Begeisterungsbekundungen. Drummer Danny "Dante" Needham bearbeitet die Felle mit Schmackes, Gitarrero La Rage kann schon was auf seinem Instrument, und Meister Cronos röhrt auch nicht schlimmer als Genre-Kollegen. Was 1981 radikal und kompromisslos klang, wirkt heute wenig schreckenerregend - "Welcome To Hell" inklusive. Ein durchaus zum Plaudern aufgeregter Mr. Lant erklärt nun, man werde ein "spezial set" spielen - jeweils ein Song von Black Metal und einer von Welcome To Hell. Für Puristen und Fans doch eigentlich ein Leckerbissen, möchte man meinen? Nun, spätestens nach Song Nummero Drei stellt sich ein gewisser Ermüdungsfaktor ein - was man im positiven Sinne als punkig-minimalistisch bezeichnen könnte, mag auf andere langweilig wirken. Der Regen tut sein Übriges, und so steht am Ende des Gigs ein im Vergleich zum Folgetag eher kleines Häuflein Unentwegter da, um sich die Wüteriche anzusehen.
Zeitgleich zelebrieren in der (trockenen!) Halle vor gar nicht mal so wenig Leuten die Finnen von Moonsorrow ihren epischen Pagan Metal, der meinen Mitschlachtenbummler (der sich Venom ja schon vor 27 Jahren auf der Loreley nicht gänzlich geben wollte) zur Aussage hinreißt, dies sei ja wohl eine "hervorragende Performance" gewesen. Nun, das sei ihm geglaubt, und somit beschließen wir Tag eins.
Und in der Pause unterhalten wir Sie mit einem kleinen Gewinnspiel: wählen Sie das amüsanteste oder bizarrste T-Shirt des Festivals! Denn zu meinem Lieblingssport gehört es, neben den ganzen drögen Schwarzkitteln und den ach so spaßigen "Bier formte diesen Körper"-Freds (ja, sieht man, leider) auch die wirklich originellen Vertreter herauszupicken. Der Favorit der letzten Jahre - rot, hinten weiße Schrift "Familie Schmidt" - war nicht zugegen, aber wir haben würdigen Ersatz gefunden! Bitte wählen Sie jetzt Ihren Kandidaten und rufen Sie an:
1. Ich war Schizophren aber jetzt sind wir ok (fast schon erkenntnistheoretisch wertvoll)
2. Ich habe die Magersucht überwunden. Du kannst es auch schaffen! (funktioniert immer nur mit Trägern mit entsprechender Leibesfülle)
3. Spielplatz Burzelbach. Elternfreie Zone. (genial in der völligen Deplatziertheit. Echter Rock'n'Roll).
4. Die Sonne ist ein Drecksack (eigentlich außer Konkurrenz, da eigens für mich angefertigtes Unikat...)
Als Preis winken wie immer ein Kofferradio, eine LP und ein Abendessen mit Alice Schwarzer. Bitte nicht mehr anrufen.
Samstag, 14.07.2012
Nachdem ein Festivaltag ohne Tannenzäpfle-Bier nicht ordentlich beendet wird, brauchen wir am Folgetag doch etwas länger, um wieder aufs Gelände zu gelangen - und sehen entzückt, dass an diesem Tag gottlob die Sonne lacht. Sie ist auch gar kein allzu großer Drecksack und verschont uns vor übermäßiger Hitze.
Von den Amis Breaker, die 2008 schon einmal anwesend waren, erwischen wir grade noch den letzten Song, bei dem die Herren aus Cleveland das 30jährige Bandjubiläum durch gewaltsames Entfernen von Gitarren- und Bass-Saiten feiern. Ok, wenn ihr meint.
Aber egal, jetzt wird's sogleich lustig, und zwar noch mehr als erhofft. Die Hessen-Thrasher von Tankard sind live immer eine Bank, und seit Eintracht-Frankfurt-Fan Gerre mal nur noch locker die Hälfte wiegt, ist der Kerl agil wie eine Sprungfeder. Vom ersten Song "Zombie Attack" an verbinden die Hessen musikalischen Tritt mit Spielfreude und hohem Sympathiefaktor, der die ansehnlich Menge sofort begeistert. Gerre kommentiert den Sonnenschein mit "wir haben schönes Wetter dabei, und ein paar Scheiß Songs!", bevor es mit dem feinen "The Morning After" (bei der Tournee damals mit dem unvergleichlichen "Wart ihr schon mal auf 'ner Partyyyy?" angesagt, das vergesse ich nie, das war poetische Größe also ehrlich) weiter auf die Zwölf geht. "Slipping From Reality" macht wie immer Freude, nicht zuletzt den beiden Fans, die den Auftritt auf einer Bierkiste (was sonst) sitzend auf der Bühne verfolgen dürfen. "Stay Thirsty" gereicht zum passenden Motto, und Gerre verweist darauf, man feiere mittlerweile 30 Jahre Tankard und sei zu richtig alten Säcken geworden. Macht nix, wenn sogleich eine so benannte Nicole aus dem aktuellen Video auf den Plan tritt und Gerre ordentlich den Hintern versohlt (echt!). "Das hat weh getan, Nicole, ich werd alt", kichert der Fronter, bevor er zu einer Zeitreise ins Jahr 1987 einlädt und "The Chemical Invasion" folgt. Flugs schnappt er sich nun die Mütze eines Kameramanns und kommentiert in breitem Hessisch: "Die kriechste erst widder, wenn de Äppelwoi mit mir trinkst!" Gesagt, getan, und einen Eintracht Uffstiegs Schoppe aus der Dose gezwitschert, so wie das mein Mitstreiter und ich ebenfalls oftmals pflegen. Die Landsmannschaft finde ich irgendwie anheimelnd. "Könnt ihr noch? Wir nicht, wir sind alte Säcke!", leitet Gerre die Abschlussnummer ein, und bei "Empty Tankard" eskaliert die Lage dann vollends, als man alle mehr oder weniger hübschen Damen auf die Bühne bittet und somit gegen Ende ein buntes Gewimmel von mindestens 25 Leute da oben rumspringt. Sehr genial. Runde Leistung, erstes Highlight des Tages.
An Axxis konnte ich mich nur noch finster erinnern, das war ziemlich melodisch mit einem hohen Gesang, hatte ich auf Kassette im Auto. Naja vielleicht spielen sie ja dieses Kingdom-Dingens, das war doch ganz gut. Als die Jungs um Fronter Bernhard Weiß dann losballern, stellt sich das als richtig heraus - jawoll, sie steigen gleich mit "Kingdom Of The Night" ein, und das ist wirklich so mitreißend wie 1989, als sie mit dem gleichnamigen Album ein echtes Debüt-Hit-Wunder lieferten. Sauerei, das ist gut! Man spielt ein Retro-Set nur mit Songs aus der Ära 1989-1993, erklärt Herr Weiß, bevor es dann mit "Rolling Like Thunder" weiter zur Sache geht. Hossa, hier geht was. "Wir spielen heute Sachen, da waren wir in der Pubertät", albert Weiß herum, und weiter im Text mit "A Little War" und einem Song, den man angeblich nur wegen Balingen geschrieben hat - "Heavy Rain". Auf die Dauer und am Stück fehlt irgendwann ein wenig Härte und Biss, aber nun holt der gute Pernhard einen kleinen Jungen auf die Bühne, der mit wallender Langjahr-Perücke und aufblasbarer Gitarre mal ordentlich den Chef machen darf. "Mach mal irgendwas, die machen alles nach da unten, und ich krieg dafür Geld", erklärt der Fronter sein einleuchtendes Geschäftsmodell. Der kleine Besucher namens Justin zeigt sich unerschrocken, führt Gesangschöre und wedelt das Tambourin. Nach dieser schönen Einlage gibt es ein akustisches "Touch The Rainbow", und das auch hervorragende "Living In A World" bildet einen würdigen Abschluss. Die erste positive Überraschung des Tages!
Auf dem Menu steht weiter Hausmannskost aus deutschen Landen, und die mundet in der traditionellen Ausprägung bekanntlich besonders gut. Primal Fear sind ein gern gesehener Gast auf jedem Festival, da der zutiefst klassische Metal der Judas Priest-Schule einfach immer und überall gut ankommt. Nach einigen Line-Up-Wechseln - Gründungsmitglied Tom Naumann ist zwar wie jedes Jahr mit hochstehenden Haaren und Sonnenbrille im Publikum, aber seit längerem nicht mehr auf der Bühne. Aber Mat Sinner und seine Freunde legen mit "Strike" gleich fetzig los, und so aus der Nähe bekommt man es ganz schön mit der Angst zu tun, wenn Muskelberg Ralf Scheepers so ins Mikro ballert, dass die Halsadern zu bersten drohen. Aber gut bei Stimme ist er, so dass auch die neue Nummer "Bad Guys Wear Black" mit dem spaßigen Refrain-Teil "Bang Your Head" - passend, meint auch Scheepers - und auch das gemächlichere "Seven Seals" Freude machen. Meister Sinner ist gut drauf und liefert schmackige Backing Vocals, und so zündet die teilweise ja hier um die Ecke herstammende Truppe (Esslingen, sag ich nur, da wo auch der feine Comicladen Sammlerecke zu finden ist) eine teutonische Metal-Granate nach der anderen, bis mit einem wunderbar krachigen "Metal Is Forever" Schicht ist. Immer gut, immer Qualität, immer wieder gerne.
"Hello! We are Primordial from the Republic of Ireland! One question: are you with us?" Bandkopf Alan Nemtheanga lässt von Anfang keinen Zweifel aufkommen: wir sind hier nicht zum Spaß, Freunde. Nein, Primordial zelebrieren hier ihre düstere Mischung aus Metal, Doom und keltischen Einflüssen genau so, wie man das von ihren Auftritten gewohnt ist. Cheffe Nemtheanga erscheint wieder in voller Kriegsbemalung, also kreidebleich, mit aufgemaltem (?) Blut, und schaut finster dräuend in die Menge, während das unheilvolle Geschehen mit "Gods To The Godless" seinen Lauf nimmt. Das ist wie immer viel zu früh am Tag, bei Sonnenlicht, und trotzdem entfalten die düsteren Epen ihre Atmosphäre. "Lain With The Wolf" und "As Rome Burns" heißen die weiteren Steuerknüppel, der Fronter kniet wie stets permanent vor der Menge und erweist sich als würdiger Zeremonienmeister. Gesegnet mit gutem Sound, können Primordial auch heute wieder einiges reißen, auch wenn der eine oder andere ihren letzten Besuch in Balingen nicht erleben durfte. Nach dem obligatorischen "Coffin Ships" und einem mächtigen "Empire Falls" verabschiedet man sich kraftvoll: "No surrender - no retreat - and no regrets!" Jawohl, so machen wir das. Gut!
So, und jetzt endlich zu der Kombo, wegen derer mein Mitstreiter nicht zuletzt den Weg nach Balingen angetreten hat: der Kollege fährt nämlich auf homosexual heavy metal from Sweden ab, und den macht natürlich niemand besser größer und schöner als die Tarnhosenbrigade Sabaton. Nach einem sehr langen Intro ("The Final Countdown", man bleibt also im Lande) springt man endlich auf die Bühne und ballert mit "Ghost Division" los. Die üblichen Pyros überall, epischer Power Metal at its best, Joakim Broden am Mikro mit der allseits beliebten Brikett-Frisur und den Blechplatten auf der Jacke - so muss das sein, so macht das Freude. "Uprising" gefällt ebenso, bevor der gute Herr Broden dann ein durchaus manierliches Deutsch demonstriert ("Ruhe bitte!") und die Meute auffordert, "Gott Mit Uns" möglichst laut zu intonieren. Man könnte ja ein Grundsatzproblem anmelden, dass die immer gleiche Kriegsthematik hier natürlich zur Nummernshow wird, und ob man hiermit dem durchaus ja düsteren Gehalt gerecht wird, ist fraglich - aber nehmen wir es mal als künstlerische Freiheit, dass Songs über solche Schattenseiten des Lebens so viel Spaß machen können. "40:1" schlägt in die gleiche Kerbe, und Broden kommentiert nicht zuletzt den angeschlagenen Zustand einiger Schlachtenbummler: "I know a lot of you are hung over from yesterday. I can tell - those with a hangover only headbang once!" Man reiche ihm doch ein Bier, meint er dann, und kritisiert dann humorig: "Das ist nur eine kleine Bier! Dummkopf!" Ja, alter Schwede, kann man da nur sagen..."Cliffs Of Gallipolli" reißt wieder alles um, wobei Broden sich ausgiebig dafür bedankt, dass das teilweise erneuerte Line-Up mit offenen Armen empfangen wird (ähem, Meister, ich glaub den meisten hier das relativ wurscht, die wollen die Show sehen und nix weiter...). Naja, wie dem auch sei, "Into The Fire" knallt mit mittlerweile querschießenden Pyros, "The Art Of War" zündet, und "Metal Crüe" bildet einen würdigen Abschluss. Die Menge ist aus dem Häuschen, mein Kollege nickt zustimmend (bei Arch Enemy konnte er gestern noch wie ein Flummi umherspringen, das fällt heute aus unerfindlichen Gründen aus) - das pinke Trikot für den Tagessieg geht an... die netten Herren aus Schweden.
Schnell rübergehuscht in die Halle, wo nun die Rehabilitation Griechenlands in die zweite Runde geht - präsentierte uns Gus G. mit Firewind noch eine Melodic-Attacke, zimmern uns die Suicidal Angels nun ein ordentliches Thrash-Brett in die Kauleiste. Das steht ganz in der Manier alter Recken vom Schlage Testament und Exodus, und Nummern wie "Reborn in Silence" hauen ordentlich rein. Und da lassen sich die Anhänger des Genres doch auch mal tatsächlich zu den zugehörigen Ingredienzien hinreißen - es gibt eine saubere Wall Of Death und auch einen Circle Pit, in dem dann Schaffer, aber auch Beamte im gehobenen nichttechnischen Dienst und Sparkassen-Filialleiter (die erkennt man jeweils am Haarschnitt, an der Uhr und an fehlenden Körperverunstaltungen) fröhlich mitrennen. Hart, technisch gut, brachial. Fein!
Herrgott ist das ein Rumgespringe, wir wollen natürlich auch den eidgenössischen Beitrag des Festivals nicht vernachlässigen. Gotthard mussten ja vor nicht allzu langer Zeit den tragischen, viel zu frühen Unfalltod ihres Sängers Steve Lee verkraften - mit Nic Maeder hat man einen Ersatzmann rekrutiert, der die Stücke durchaus gekonnt inszeniert. Die Herren eröffnen mit "Dream On" und "Gone Too Far", wobei das Keyboard technische Probleme bereitet und lustig quietscht. Weiter mit "Top Of The World", alles schön und recht, aber das ist halt alles schon arg kommerziell und auf Hit getrimmt - mein Mitreisender diktiert mir ein empörtes "Sch...Pop-Musik" in die Feder respektive den Kugelschreiber. Das ist vielleicht ein wenig hart, weil das Purple-Cover "Hush", eine schöne Akustik-Einlage, die man Lee widmet, und auch "Mountain Roller" natürlich keine Brecher, jetzt aber auch nicht schlecht sind. Die melodische Ecke wird ja immer bedacht, aber an diesen Slots haben Thunder oder Krokus schon mehr geglänzt.
Wir blenden wieder über in die Halle, wo nun Metal-Über-Obermeister Peter Tägtgren (der ja im übrigen eben festgestellt hat, dass Sabaton gay metal from Sweden fabrizieren - er muss es wissen, er produziert die Jungs) mit seiner Formation Pain eine ganz eigentümliche Mischung aus Metal, Elektro und - trauen wir uns das sagen? - Techno serviert. Kann das funktionieren? Ja, es kann! Der gute Peter trägt ein komisches Gefächsel als Hemd, die Songs kommen mal schnell, mal stampfend - aber immer beeindruckend diese Sounddichte und der Ideenreichtum. Dass hier durchaus extreme Kost gereicht wird, zeigt dann der Gastauftritt von Exodus-Grunzer Rob Dukes, mit dem man "Shut Your Mouth" rausfeuert. Bestens!
Ob Edguy wahre Headliner-Qualitäten haben, auch darüber lässt sich streiten. Klar sind das sympathische Jungs, klar sind sie erfolgreich, aber wenn man mal überlegt, welche Bands von internationalem Renommee schon die Bretter von Balingen geziert haben, muss man schon konstatieren, dass Metal made in Fulda da nicht ganz hinkommt, auch wenn sie 2007 schon mal den Job erledigten. Egal, wir schauen uns das mal an, und "Nobody's Hero" kommt schon gut. Tobi rockt wie gewohnt im langen Schal, quasselt sich einen ab ("Ich bin kein Mann der vielen Worte", also der Gag war wirklich gut), aber dass das folgende "Tears Of A Mandrake" großes Kino liefert, daran gibt's keinen Zweifel. Nachdem der Herr sich zu der Aussage versteigt, dass der Auftritt in Tschechien deutlich besser gewesen sei, kommt sogar der Ober-BYH-Organisator auf die Bühne und stellt die süffisante Frage, wer denn wohl deutscher Meister geworden sei - tja und das ist nunmal nicht Tobis Lieblingsmannschaft, was er mit einem "Fußball und Metal funktioniert nicht" abkanzelt. Nun kündigt er an, man werde ein Set aus lauter kaum oder nie gespielten Songs bringen, und "Spooks In The Attic" vom Superheroes-Minialbum kracht ordentlich auch wenn es noch nie live dargeboten wurde. "Was wollt ihr? Wollt ihr was von Manowar? Können wir nicht, zu schwer für uns!" OK der war gut, es folgt "Rock Of Cashel" und "9-2-9", bei dem es Tobi doch tatsächlich schafft von der Bühne zu purzeln. Der Party-Kracher "Lavatory Love Machine" darf nicht fehlen, nach einem Drum-Solo und weiteren Spaßgaranten wie "Superheroes" oder "Save Me" gibt's dann mit "The Trooper" sogar ein Cover der besten Band der Welt zu bestaunen. Tja, DAS wär mal ein Headliner, hach... mit "Out Of Control" und "King Of Fools" gibt's noch zwei feine Zugaben, und dann ist endgültig Ruhe im Karton.
In der Halle beschließen Exodus mit ihrem beinharten Thrash den zweiten Tag zu nachtschlafener Zeit, und wieder einmal fragt man sich, warum den Herren um Gary Holt der große Durchbruch eigentlich verwehrt geblieben ist. Brecher wie "War Is My Shepherd", "Toxic Waltz" und natürlich das unvergleichliche "Bonded By Blood" bringen die letzten verbliebenen Aufrechten genauso in Wallung wie schon beim ersten Balingen-Besuch 2009. Rob Dukes grunzt, dass es eine Art hat, Gary Holt feuert messerscharfe Riffs ins Rund, und die Meute geht steil. Top zum Abschluss - wenn auch reichlich spät.
Was bleibt, ist ein wie immer hervorragender Gesamteindruck - Top-Organisation, absolut geeignetes Gelände, entspannte Security, aber leider auch durchaus gesalzene Preise, und das Fehlen eines absoluten Krachers als Headliner. Aber für nächstes Jahr hat man das schon erledigt - das Billing für 2013 steht in großen Zügen nämlich schon. Da werden dann Saxon, Accept, Lordi und Iced Earth für eine ordentliche Sause sorgen. Schon mal im Kalender anstreichen - 12. und 13. Juli 2013 heißt es wieder Schüttelt die Köpfe. Wir werden dabei sein, immerhin isch desch Zschimmer in Nuschblinge scho rescherviert.