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Dream Theater - Breaking The Fourth Wall - Live From The Boston Opera House (2-DVD)

Dream Theater - Breaking The Fourth Wall - Live From The Boston Opera House (2-DVD)
Stil: Progressive Metal
VÖ: 26. September 2014
Zeit: DVD 1: ca. 75 min - DVD 2: ca. 87 min
Label: Roadrunner Records
Homepage: www.dreamtheater.net

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Die vierte Wand, das ist ein ästhetisches Konzept und stammt aus der Dramaturgie - damit bezeichnet der (leider oft beklagenswert gekleidete und zweifelhaft gepflegte) Theaterwissenschaftler die fiktive vierte Wand, durch die ein Theaterzuschauer das Geschehen auf der Bühne verfolgt, die in ihrer klassischen Guckkasten-Ausführung ja eben schon drei aufweist. Herrschaften, die meinten, das Publikum direkt belehren zu müssen, allen voran der schwäbische Bayer und spätere Ostdeutsche Bertolt Brecht, war diese Konvention absichtlich schnurz, die Akteure plauderten mit der Audienz über das Gezeigte und zerschmetterten somit eben diese Wand Nummero 4.

Man bricht Konventionen, belässt es aber zumindest scheinbar beim gewohnten Rahmen - das dachte man sich wohl auch im Hause Dream Theater, als man sich zu einem Konzertabend im altehrwürdigen Boston Opera House einfand. Nun ist es nicht gänzlich ungewöhnlich, Rock- und Metal-Konzerte in Opernhäusern abzufeiern, da machten Deep Purple schon den Anfang, und sich einmal von einem ausgewachsenen Orchester nebst Chor begleiten zu lassen, das gehört ja mittlerweile schon zum guten Ton in der Szene (man darf gespannt sein, wann endlich Slayer eine Gesamtaufführung von Reign In Blood mit der Itzehoer Kammermusi geben). Aber der komplexe, bombastische, facettenreiche und immer hochtechnische Sound, für den die Prog-Könige um James LaBrie seit Jahrzehnten zu Recht gefeiert werden, bietet sich für eine solche Inszenierung organisch und nicht nur aufgepfropft-populistisch an. Was ja schon zum 20. Bandjubiläum 2006 bei Score, eingespielt mit dem Octavarium Orchestra, entsprechend zu bestaunen war (und allerdings ob des Sounds gescholten wurde). Wobei das hier eingefangene Konzert wie eben erwähntes über weite Strecken ganz ohne klassisch besetzte Unterstützung daherkommt: der Großteil des Auftritts findet zwar im beeindruckenden Ambiente des Opernhauses statt, aber der Orchestergraben bleibt bis kurz vor Ende leer.

Vor eindrucksvollen, atmosphärisch stimmigen Videoeinspielungen breiten die Traumtheater-Herren da ihren ureigensten Klangteppich aus: vom Start weg ("Enemy Inside", "The Shattered Fortress") beeindruckt die Kombination aus eingängigen, teilweise heftig rockenden Parts mit vertrackten Einsprengseln, die allerdings nie so aus dem Ruder laufen, dass der Normalzuseher abgeschreckt würde. Was die Ausnahmemusiker da aus ihren Sportgeräten zaubern, ist nur noch erstaunlich: Gitarrist John Petrucci (mit halblänger Mähne und Bart!) schüttelt sich Riffs und Läufe aus dem Ärmel, von denen Poser-Gitarristen noch nicht mal die Tabulatur verstehen würden, Jordan Rudess schweckt sein Logo-geschmücktes Keyboard 360 Grad durch die Gegend (wie weiland John Lord bei den Nürnberger Monsters 1987 immer hin- und herfuhr), John Myung legt eine melodiöse Basis am Tieftöner, und Mike Mangini beweist, dass selbst ein unvergleichlicher Drum-Held wie Mike Portnoy doch irgendwie ersetzbar ist. Der ja gerne auch einmal gescholtene Herr LaBrie - etwas ergraut und offenkundig gut genährt - schwingt sich treffsicher durchs Programm - weiter geht's unter anderem mit "On The Backs Of Angels" und "Trial Of Tears" - und macht dabei durchaus auch den Animateur, der das vollständige hingerissene Publikum zu immer neuen Begeisterungsbekundungen anfeuert. Inszeniert in einem wahrhaft fetten Sound, feuern Dream Theater fröhlich weitere Perlen unters Volk, wie etwa das bretthart gebrachte "The Mirror", bevor man dann zum mehrteiligen "Illumination Theory" endlich die Katze bzw. Musik aus dem Sack lässt: da steht dann hinter der Band ein gewaltiger Chor, und der Orchestergraben erstrahlt durch Vollbesetzung.

Ab dann ertönen die Stücke vokalistisch und instrumentell unterstützt, potenziert, veredelt - denn das passt hier alles ganz famos zusammen, wenn die Herren und die etatmäßigen Beschaller des Opernhauses Sahnestücke wie "Strange Deja Vu", "The Dance Of Eternity" oder den Rausschmeißer "Finally Free" zelebrieren, zu dem Meister LaBrie sich locker vor Manginis Schlagzeugkäfig setzt, während es auch den letzten Zuschauer aus dem gepolsterten Sessel hebt. Gesegnet von einer imposanten Lightshow, erleben wir auf den zwei DVDs dieses Event der Extraklasse aus immer wieder neuen, überraschenden Kamerawinkeln, mit Blicken auf Musiker, Publikum und Arena, oft auch im Split Screen-Modus, der das perfekte Zusammenspiel der Kombo eindrucksvoll untermalt. Ein rundherum gelungenes, fast dreistündiges Paket, an dem bestenfalls den Mangel an einer Hintergrund-Doku kritisieren könnte, aber das wäre nun wirklich kleingeistig. Ebenfalls auf BluRay und dort sicherlich nochmal eindrucksvoller.

Holgi

6 von 6 Punkten

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