Review
Edmund Stoiber - Stoibers Vermächtnis - Große Momente, Große Reden, Große Freude
Nun, man mag sich fragen, ist das eine gewagt benannte neue Formation aus Niederbayern, oder geht es hier gar um den echten einzig wahren? Ja, er ist es, König Ede himself ist auf Abschiedstournee. Zumindest in die heimischen CD-Player. Und um die nächsten Fragen auch gleich zu beantworten: jawohl, das ist natürlich Heavy Metal aus Bayern für Bayern und den Rest der Welt. Denn Metal ist bekanntlich eine Lebenseinstellung, und wenn es einen Polit-Metaller gibt, dann ist es der Mann, den sie auch das blonde Fallbeil nannten. Dieser Freibeuter auf dem Meer der Worte, dieser Husar der Logik, der begnadetste Redner und Chöngeist seit Gedenken, das ist intellektueller Thrash der Höchstklasse, Black Metal für den Geist, sozusagen.
Zumal bei diesem wunderhübschen Hörbuch ja nicht in den Chor derer eingestimmt wird, die ihn für einen Tollpatsch halten, der sich immer wieder zu wortreichen Glanztaten vergaloppierte, nein, hier erleben wir, dramatisch inszeniert von Jürgen Roth und Hans Well, das Drama in zahlreichen Akten, das, getrieben von dolchstoßenden Umstürzlern, letztendlich zum Niedergang und Fall des größten Rhetorikers der Neuzeit führte.
Wir erfahren, dass Landesfürst Ede eigentlich in der Tradition der großen Sprachphilosophen steht, dass er Wittgenstein und Nietzsche nacheifert, die wussten, dass der echte Redner sich den Sinn seiner Worte (wenn überhaupt) erst im Reden erschließt, und deshalb sein Publikum bisweilen überforderte - dem es vielleicht einfach nur an der "Kompetenzkompetenz" mangelte. Schwerlich konnte man ihm auf abenteuerlichen Reisen durch Zeit und Raum folgen, wenn er in München am Hauptbahnhof in den Flughafen einstieg und damit den Gesetzen Einsteins siegessicher ins Gesicht lachte. So genannte Biologen enträtseln noch heute die brillante Neukategorisierung der Säugetiere in Normal-, Schad- und Problemklassen. Schnellen Schrittes enteilte er den Zuhörern in rhapsodischer Manier, die Worte aus ihm hervorbrechend wie seinerzeit in den Balladen der Stürmer und Dränger. Seine rednerischen Soli waren purer, ja "truer" Metal: schnell, genial, inspiriert, technisch gut gebracht - und dabei litt er doch immer wie ein Hund. Wie konnte man nur erwarten, dass ein solches Universalgenie in seiner Zeit verstanden wurde?
Umso löblicher ist das Unterfangen der Autoren, die gemeinsam mit den Stoiber-Enthusiasten Biermösl Blosn und Gerhard Polt hier dem einzig wahren bayerischen Titan ein Denkmal setzen, um ihn endlich in voller Größe seiner Visionen erstrahlen zu lassen. Original-Ton-Klassiker finden sich zuhauf, auch vergessene Perlen, die hinter seinen Transrapid-Großtaten in Vergessenheit zu geraten drohen (über seine Frau Karin: "die Leute vertrauen ihr nicht nur, sie genießt auch Vertrauen"), ergänzt durch tiefsinnige Ausführungen treuer Weggefährten wie Günter Beckstein, Erwin Huber, Angela Merkel und anderen ("natürlich, Frau Merkel, äh Christiansen").
Es bleibt nur zu hoffen, dass der größte Ministerpräsident aller Zeiten nun, nachdem seine Landesvaterkarriere beendet ist, endlich die Zeit zu einer Gastspielreise durch Deutschland findet, auf der er seine besten Stücke nochmals live darbietet. Jubelnde Massen, gereckte Fäuste und headbangende Ortsverbandskämmerer wären ihm gewiss.