Review
Henry Kane - Age Of The Idiot
VÖ: 22. Mai 2020
Zeit: 33:59
Label: Transcending Obscurity Records
Homepage: www.facebook.com/HenryKaneGrind
Henry Kane ist Soloprojekt und personifiziertes Aggressionsventil von Sänger/Multi-Instrumentalist Jonny Pettersson. Als ob es dem schwedischen Tausendsassa bei all seinen anderen Bands und Projekten (Wombbath, Heads For The Dead, Ashcloud, Just Before Dawn und und und) noch nicht deftig genug zur Sache geht, haut er mit oder besser gesagt als Henry Kane derart brachial und heftig auf die Kacke, dass es einem glatt schwindelig wird. Age Of The Idiot ist der Titel dieses zweiten Drehers und wenngleich manch einer da sofort an den Typen mit den komischen gelben Haaren denken mag, so bezieht sich dieses Statement wohl eher auf die Zeit im Allgemeinen, in der wir unser Dasein fristen. Denn sind wir doch mal ehrlich, ob in der Politik, in den Unterhaltungsmedien, in den sozialen Netzwerken oder im Alltag - die Anzahl der Dumpfbacken scheint unaufhaltsam zu wachsen. Das kann einen schon wütend machen, wie Henry Kane uns spüren lässt: seine 19 Songs auf Age Of The Idiot bringen es im Kollektiv gerade einmal auf 34 Minuten. D.h. die durchschnittliche Liedlänge liegt bei ungefähr 1:45 Minuten. Da wird also nicht lange um den heißen Brei geredet, sondern gleich und kompromisslos zur Sache gekommen. Was wäre hierfür besser geeignet als ein wütender Mix aus Death, Crust und Grindcore?
Erwartungsgemäß geben die meisten Stücke dann auch dermaßen Gas, dass einem selbst 1:45 Minuten lang vorkommen. Dennoch sind die Kompositionen, die Riffs und aufflammenden Motive spannend und abwechslungsreich genug, dass man sich selbst immer wieder bei dem Gedanken ertappt "eigentlich schade, dass die Nummer schon wieder vorbei ist". Eine Ausnahme hinsichtlich der knackigen Spielzeiten bildet das mit über vier Minuten schon fast als Longtrack zu bezeichnende "Entrenched In Nihilism", in dem nach atmosphärisch-doomigen Auftakt der Kane auf herrlich punkig-dreckige Art die Cruste krachen lässt, ehe nach standesgemäßem Gemetzel am Ende dann sogar noch ein paar ruhigere Passagen eingeschoben werden. Nicht nur diese Nummer widerlegt, dass bei Henry Kane stumpf drauf losgeknüppelt wird! Zwar liegt der Fokus im Allgemeinen schon auf Highspeed und maximaler Brutalität, doch setzen beispielsweise Synthesizer im Titeltrack "Age Of The Idiot", abrupte Tempowechsel wie in "Tidens Tand" oder immer wieder eingeflochtene, fast schon schwarzmetallisch wirbelnde Gitarrenwände besondere Akzente. Dazu variiert Herr Pettersson seine Vocals von abgrundtiefen Growls bis hin zu inbrünstigem Geschrei und als besonderes Schmankerl zum Abschluss gibt es mit dem Cover "Psykopaten" der schwedischen Punker Asta Kask sogar eine Extra-Portion Melodie, die selbstredend deutlich schärfer serviert wird als im Original.
Eine herrlich räudige, aber dennoch muskulöse Produktion und das coole Artwork in Schwarz-Weiß plus giftigem Grün setzen das I-Tüpfelchen auf diese Ton gewordene Apokalypse. Man darf mutmaßen, dass Age Of The Idiot zu den brutalsten Scheiben des Jahres zählen und für Kollegen benannter Genres die Messlatte hoch ansetzen wird.