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Konzert-Bericht

The Offspring & Auf Der Maur

TonHalle, München 23.08.2004

Was ist los, wenn man vorsichtshalber schon etwas abseits vom Geschehen steht und einem trotzdem ständig noch jemand fröhlich in's Kreuz springt? Entweder das Blasmusikfest ist gerade völlig außer Kontrolle geraten oder The Offspring sind wieder da. Nach ihrem doch recht kurzen Deutschland-Abstecher Mitte des Jahres haben sich Noodles und Dexter dankenswerterweise zu einer Verlängerung entschlossen und schauen doch noch im Süden der Republik vorbei. Und das ist gut so, schließlich liefert das neue Album Splinter (das erste Lebenszeichen seit Conspiracy Of One, das immerhin schon ein paar hübsche Jahre zurückliegt) genau das, was The Offspring gut können: eingängigen, leicht punkigen 1-2-3-Losgeh-Rock, der sich nicht durch Komplexität, sondern einen extremen Spaßfaktor auszeichnet. Die neue Single "Hit That" rotierte einige Zeit sogar auf Viva, dementsprechend groß ist auch am Montag Abend die Nachfrage nach den vier aus Orange County.

Gut 2.500 Anhänger finden sich in der Tonhalle ein. Dieser Ort des Geschehens klingt vielleicht neu, ist es aber gar nicht ist: dahinter verbirgt sich das gute alte Colosseum auf dem ehemaligen Kunstpark Ost, wo 2002 im Vorprogramm von Motörhead schon Anthrax gezeigt haben, dass sie wieder wissen wo der Hammer hängt. An der gewohnten Industriehallen-Atmosphäre hat sich nichts geändert. Also schnell im vorderen Drittel zwischen einem der vielen Stützpfeiler platziert, damit man nicht unversehens mitten im Moshpit landet, sondern freie Sicht hat. Die lohnt sich, denn bevor die Funpunk-Party steigt, gibt es endlich wieder mal einen in jeder Hinsicht sehenswerten Support: mit ihrer gleichnamigen Band setzt Melissa auf der Maur musikalische und optische Akzente gleichermaßen.

Die ehemalige Mitstreiterin von Courtney Love (Hole), die auch schon bei den Smashing Pumpkins den Bass bediente, hat unter Mithilfe von reputierlichen Kollegen (Josh Homme von Queens Of The Stone Age und Brand Bjork von Kyuss) ein beachtliches Album zusammengebastelt, das zwischen Grunge, Stoner Rock und Pop-Elementen balanciert. Live kommt das Ganze bestens, was am Songmaterial, der guten Stimme und der coolen Bühnenpräsenz der Dame liegt. Auch mehrfache Offspring-Rufe können sie nicht aus der Ruhe bringen - "we also love The Offspring", kontert sie locker. Heute Abend sind wir alle ihre "friends", geht ok, weil Auf der Maur in langsamen Songs wie in metallischem Riff-Geschrubbe gleichermaßen souverän wirkt. Dass der Sound schon überraschend gut ist, hilft natürlich auch. Wenn sich das Album einigermaßen gut verkauft, hat Melissa nächstes Mal vielleicht sogar Geld für einen längeren Lederrock übrig. Aber muss nicht sein, sie kann's ja schließlich tragen.

Während des Umbaus lassen sich Dexter und Noodles schon mal kurz hinter der Bühne blicken, bevor der Offspring Reigen mit dem Splinter-Intro und dem heftigen "The Noose" eröffnet wird. Der erste Song lässt allerdings böses ahnen: das ist ja ein richtiger Sound-Matsch, der einem da geboten wird, ärgerlich nach dem Niveau, das wir heute Abend schon mal hatten. Der Mix bessert sich aber zusehends und spätestens mit dem dritten Song hat sich der Klang glücklicherweise eingerenkt. Völlig unabhängig davon zeigt sich von Anfang an, was heute Abend Sache ist: die Tonhalle verwandelt sich für 90 Minuten in die größte Hüpfburg Deutschlands. Spätestens bei der Aufforderung "Keep 'em Separated" aus dem Gassenhauer Come Out And Play geht alles, und die ersten kleinen Girlies müssen lernen, dass es bei Offspring nicht zugeht wie bei Viva liebt dich. Massenflucht aus den ersten Reihen. Danke, jetzt sehen wir noch besser.

So richtig gut aufgelegt zeigt sich der Vierer aber anfangs nicht unbedingt. Noodles würgt wie gehabt seine Gitarre und sieht mit seiner Hornbrille und der Struwelpeter-Frisur immer noch aus wie der verwirrte Professor. Dexter, der deutlich Hüftgold angesetzt hat, turnt bei den ersten Stücken irgendwie lustlos über die Bühne. Aber auch das bessert sich im Verlauf des Abends, spätestens als Noodles eine Probe seiner Deutschkenntnisse gibt: "Ich liebe Jagermeister!" Hat er wohl von James Hetfield gelernt. Nachdem besagter Kräuterschnaps eingenommen ist, kommen die Jungs mehr in Fahrt.

Songtechnisch bedienen sie sich großzügig aus dem neuen Album: "Long Way Home", "Race Against Myself" und "Can’t Get My Head Around You" kommen zu Ehren und natürlich auch "Hit That", was die Hüpf-Flummi-Menge zu neuen Höchstleistungen antreibt. Klar ist das alles immer noch keine hohe Kunst, keine meisterlichen Kompositionen werden dargeboten, sondern drei Akkorde für ein Hallelujah - aber dafür sind wir ja auch nicht da, das Material ist derartig mitreißend, dass man einfach Spaß hat. Die Loser-Hymne "Pretty Fly (For A White Guy)", der Mega-Hit schlechthin, kann natürlich nicht fehlen, auch zu "Want You Bad" und "Staring A The Sun" dürfen wir hüpfen. Mittlerweile läuft auch die Durchreiche in den vorderen Dritteln auf vollen Touren, die Crowdsurfer regieren und die Temperaturen nähern sich bauamtlich bedenklichen Bereichen. Noodles wirft zur Linderung eine Wasserflasche in's Publikum, die postwendend zurückfliegt - "you have been to the Biergarten", quittiert er diese Art von Charme. Sogar die Punk-Attacke "Da Hui" packen sie jetzt aus, das lustige "The Worst Hangover Ever" und "Have You Ever" folgen.

Nach "Americana", der eigenwilligen Version von "Obladi Oblada" ("Why Don’t You Get A Job") und dem vielleicht besten Offspring-Song "The Kids Aren’t Alright" verschwinden sie zunächst einmal - "we won’t come back until you stop sweating", sagt Dexter. Das ist wohl nicht ganz ernst gemeint, denn sie kommen trotz tropischen Klimas natürlich schon bald wieder und bringen uns noch die alten Reißer "Gotta Get Away" und vor allem "Self Esteem". Noodles glänzt nochmal mit seinen (mangelhaften) Deutschkenntnissen ("Did you like Auf der Maur? It means on the building"), dann ist mit "When You’re In Prison" vom Band als Rausschmeißer endgültig Schluss.

Gesamteindruck: The Offspring gehen live nach wie vor ab wie die sprichwörtliche Katze des Nachbarn. 90 Minuten Spielzeit scheinen vielleicht etwas kurz, aber weil die Songs meist unter der 3-Minuten-Grenze bleiben, bringt man locker alle Hits unter. Immer wieder gern genommen also, und wenn Dexter mehr Lust gehabt hätte wäre es noch besser geworden. Aber dann wäre es vielleicht noch heißer gewesen, und unsere T-Shirts hätten den Aufdruck verloren.

Holgi

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