Interview
English VersionInterview mit Ulysses (19.03.2009)
Die Niederländer Ulysses haben mit The Gift Of Tears ein wirklich ansprechendes Album für Progressiv Rock/Metal-Fans zusammengestellt. Dieses soll nun seinen Weg ins heimische CD-Regal finden. Warum es da hin gehört, was die Plattenindustrie damit zu hat und welche Gemeinsamkeiten Odysseus und ein Satellit haben, erklärt uns Gitarrist Sylvester Vogelenzang de Jong.
HH: Hi Sylvester! Erstmal Glückwunsch zu eurem Album! Wie geht's euch?
Sylvester: Uns geht es ziemlich gut, danke der Nachfrage. Und danke für die Albumglückwünsche. Momentan sind wir ziemlich mit der Promotion von The Gift Of Tears beschäftigt, geben Interviews und bereiten uns auf Live-Shows vor.
HH: Wie sind denn die bisherigen Reaktionen auf "The Gift Of Tears" und wie lange wart ihr dafür im Studio?
Sylvester: Die Reaktionen sind sehr gut. Besonders in der Progressiv Rock-Szene bekommt das Album gutes Feedback. Das Album hatte letztes Jahr im November in den USA sein Veröffentlichungsdebüt, jetzt ist das Album in Europe erhältlich (über French Musea Records). Es hat eine Zeitlang gedauert ein zweites Album zu präsentieren. Letztendlich haben wir über ein Jahr im Studio verbracht. Und davor haben wir über ein Jahr lang Demos und Versuchsaufnahmen gemacht. Ich habe das Album selbst produziert und bekam großartige Hilfe von Rene. Wir begannen die tatsächlichen Schlagzeugaufnahmen im November 2007 und beendeten den Mix und das Mastering in der ersten Septemberwoche 2008. Es hat eine Weile gedauert aber wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
HH: Wie lange habt ihr für das Songwriting gebraucht?
Sylvester: Hm, um ehrlich zu sein sind wir nicht die Art von Band, die jede Woche mit einem neuen Lied daherkommt. Die meisten Ideen und Themen werden von mir und Ron (Synthesizer) vorgestellt. Wir jammen zusammen mit Rene und geben der Idee eine Struktur. Als Band arrangieren wir dann das Material, welches auf Texten und den Gesangslinien basiert. So wie die meisten Jazzmusiker lieben wir es von musikalischen Themen aus zu arbeiten und diese dann weiter auszubauen, deswegen sind die Lieder auch ziemlich lang und es dauert infolgedessen länger diese zu schreiben. Ein Lied wie "Anat" hat fast drei Jahre gedauert bis wir es fertig gestellt haben. Wir haben dieses Lied basierend auf der Handlung des Textes (das reale Leben) geschrieben und das verlangt nach einer anderen Herangehensweise. Einige Tracks wie "How Much More" gingen ein bisschen schneller. Insgesamt hat es fast drei Jahre gedauert uns das Material des Albums auszudenken. Keine Sorge, momentan arbeiten wir bereits an neuem Material. Ein neues Album wird nicht noch mal fünf Jahre dauern, haha.
HH: Ich denke mal, dass euch nicht jeder kennt. Kannst du ein bisschen was zu eurem Werdegang erzählen?
Sylvester: Kurz gesagt, Ulysses wird von Ridderkerk, einem Vorort von Rotterdam in den Niederlanden aus "geleitet". Ulysses wurde 1998 gestartet. Ich habe einen Anruf von Ron erhalten mit der Frage ob ich eine Band gründen würde. Bald versammelten wir ein paar Musiker und verbrachten die ersten Monate damit zu jammen und schließlich einige Melodien fertig zu stellen, die aufgenommen werden konnten. Die erste Studioarbeit datiert aus 2001 als wir eine EP, Electric, aufnahmen. 2003 haben wir unser Debütalbum Symbioses veröffentlicht (beide sind exklusiv über CD Baby erhältlich). Zwischen 2003 und jetzt haben wir hauptsächlich Shows gespielt und neues Material geschrieben. Der Rest ist Geschichte, für eine komplette Biographie ist unsere Bandwebseite zu empfehlen.
HH: Auf was bezieht sich euer Bandname und euer Albumtitel?
Sylvester: Der Bandname wurde ausgewählt weil er uns einfach gereizt hat. Ulysses (Odysseus - Andi) ist eine mythologische Figur und auch der Name eines der ersten Satelliten, also Zukunftstechnologie und frühe Geschichte in einem Namen. Ansonsten hat Ulysses als Bandname keine tiefere Bedeutung. Der Albumtitel hingegen auf der anderen Seite schon. The Gift Of Tears ist eine Darstellung dessen, die Stärke zu haben mit schwierigen Situationen umzugehen, zu lernen, sich anzupassen und letztendlich eine stärkere und weisere Person zu werden. Während der Songwritingphase und der Aufnahme hatten alle von uns ein paar Erfahrungen, die nicht angenehm waren, aber uns schließlich weiser und stärker gemacht haben, deswegen haben wir uns den Titel als Albumtitel ausgesucht.
HH: Wovon handeln eure Lieder? Kannst du bitte zu den einzelnen Liedern etwas erzählen?
Sylvester: Als wir genügend Tracks für ein Album hatten, haben wir erkannt, dass die meisten Lieder die gleiche Thematik haben. Die meisten Lieder erzählen Geschichten aus dem realen Leben und Gefühle von Leuten aus unserer nahen Umgebung. Es scheint so, als ob wir absichtlich ein Konzeptalbum gemacht haben, aber die Tatsache ist, dass es einfach so passiert ist. Als wir das Album gemischt haben und zur gleichen Zeit am Albumcoverdesign gearbeitet haben, haben wir plötzlich erkannt, dass wir eine Art Thematik während des ganzen Albums hatten. Ein Beispiel: der Eröffnungstrack des neuen Albums erzählt wie wir unser Leben bedeutungsvoller leben können. "Family Portrait" erzählt uns wie wir das erreichen können indem wir einfach den Geschichten zuhören, die uns die Leute erzählen. Das ermöglicht es uns mehr Verständnis und Mitgefühl in einer Gesellschaft des Individualismus' und des Egoismus' zu erschaffen. Die tragische Geschichte von "Anat" ist so eine Geschichte, die Ulysses einfach teilen musste. Es stellt die Leidensgeschichte von zwei jungen Eltern dar, die unerwartet ihre einjährige Tochter Anat wegen eines Gehirntumors verloren haben. Dieses 15-minütige Epos erzählt ihre Geschichte von Anfang bis Ende. Es ist eine Geschichte, die uns eine wertvolle Lektion lehrt, ebenso wie die anderen Geschichten aus dem realen Leben, die auf unserem neuen Album zu finden sind. Für weitere Infos kann ich nur sagen, holt euch das Album und lest die Lyrics im Booklet.
HH: Was sind eure musikalischen Einflüsse? Habt ihr irgendwelche Idole?
Sylvester: Die musikalischen Interessen innerhalb der Band sind sehr unterschiedlich. Uns allen gefällt sehr der Progressive Rock, die Interessen variieren von Peter Gabriel bis hin zu Opeth und von Pain Of Salvation bis hin zu Nevermore. Wir haben keine bestimmte Band, die für uns ein großer Held ist.
HH: Seid ihr Vollzeitmusiker oder habt ihr einen festen Job?
Sylvester: Wir wünschten uns es... um sehr realistisch zu sein: es ist praktisch unmöglich mit der Art Musik, die wir spielen, Geld zu verdienen. Besonders mit den rückläufigen Absatzzahlen, infolge der Piraterie und der schwachen Wirtschaft, ist es schwierig einen angemessenen Euro mit der Musik zu verdienen. Wir werden keine Zugeständnisse machen mit dem was wir spielen, denn das Wichtigste ist daran zu glauben was wir tun, also kann Geld machen keine Priorität einnehmen, ansonsten sind wir gezwungen ein weitaus beliebteres Genre zu spielen. Wir haben alle Ganztagsjobs mit - glücklicherweise - sehr flexiblen Arbeitgebern, hahaha. Neben meinem Tagesgeschäft habe ich Symbioses Music am Laufen, bei dem wir unser aktuelles Album veröffentlicht haben, also immer beschäftigt...
HH: Was sind eure weiteren Zukunftspläne? Was wollt ihr noch erreichen?
Sylvester: Wie gesagt, unser erstes und wichtigstes Ziel ist es "Spaß zu haben" und natürlich so viel Anerkennung wie möglich zu bekommen. Wir arbeiten hart daran so viel Live Shows wie nur möglich in Holland und im Ausland zu spielen. In der Zwischenzeit arbeiten wir bereits an neuem Material für einen Nachfolger von The Gift Of Tears. Und wir sind auch alle mit Nebenprojekten beschäftigt, die auch sehr viel Zeit beanspruchen. Ron spielt auch für For Absent Friends und Mike und ich nehmen am Ixion Projekt teil und ein paar von uns unterrichten neben dem Tagesgeschäft und der Band auch noch Musik.
HH: Vielen Dank für das Interview! Gibt es noch etwas das du loswerden möchtest?
Sylvester: Vielen Dank an Heavyhardes für eure Zeit und Aufmerksamkeit. Und ich würde mich auch gern bei euch Lesern für euer Interesse an Ulysses bedanken. Kauft mehr CDs und haltet die Plattenindustrie am Leben! Wir sehen uns "on the road"!
Andi