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Festival-Bericht

Bang Your Head!!!

mit Twisted Sister, Destruction, The Haunted, Dark Tranquillity, Hammerfall, Queensryche, Dew-Scented, Nevermore, Krokus, Doro, Artillery, Darkane, Jon Oliva's Pain, Anvil, Loudness, The Quireboys, Fates Warning, Sabaton, Forbidden, Treat, Hades, Sacred Steel, Grand Magus, Enforcer, Bullet, Savage Grace, The New Black & Toxin

Messegelände Balingen, Balingen 16. - 17.07.2010

Zäumen wir das Pferd einmal von hinten auf. Wir schreiben Sonntag, den 18. Juli im Jahre 2010 des Herrn. Um Punkt 15 Uhr tauche ich vollkommen überwältigt von Sonne, Bier und Musik in heimische Gefilde ein. So viel sei vorweggenommen. Liebe Freunde, war das ein geiles Wochenende auf der Zollernalb!!!! (Holgi: Recht hat er, der gute Mann!).

Doch alles schön der Reihe nach. Die Anreise am Donnerstag war extrem relaxt und nach 2,5 Stunden aus München bin ich am Zeltplatz Camp 2 eingetroffen, kalte Getränke geholt, einige fränkische Bekannte getroffen, den Rest der mitfeiernden Clique herzlich begrüßt. Erstes Bier gezapft, dann Zelt zu Mötley Crües "Girls, Girls, Girls" aufgebaut und sich auf das bevorstehende Fest gefreut. Mit dem guten Sound vom Notebook konnte an der Schlafstätte nichts schief gehen. Ja, wir waren mal wieder ausgerüstet wie auf einem mehrwöchigen Campingurlaub. Grill, Aggregat, Kühlschrank mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst, Schokolade und natürlich extrem viel Nutella, da geht in der Gruppe meist nix ohne. Bier war auch etwas dabei.
(Siebi)

Freitag, 16.07.2010

Am Freitagmorgen um 8:30 Uhr durch brutale Sonneneinstrahlung und gefühlten 50 Grad im Zelt aufgestanden, ersten "Mach-mich-wach"-Kaffee zu mir genommen und dann mit Kollegen zum Duschen und Zähnchen reinigen. Wau, war das kalt! Aber es kühlte und reinigte. Danach wieder fest eingecremt, denn die Sonne hatte heute auf Dauerbeschallung geschaltet, das war nicht feierlich. Zurück am Zelt kurz die Nachbarn, übrige Mädels und Herren der Schöpfung begrüßt und dann Punkt zehn Uhr aufs Gelände, die erste Band war angesagt. The New Black legten gleich gut los. Brachten sogar einen neuen Song ihres in Bälde erscheinenden Albums, der sich gut in den Rest einsortierte. Der groovige Sound fuhr dem kleinen aber feinen Teil der Zuschauer sportlich rein, Christof Leim und Co. wurden mit Applaus von der Bühne verabschiedet. Danach inspizierte ich den Backstagebereich, um mir ein Frühstück und Antialkoholisches zuzuführen. Cevapcici schön scharf und Apfelschorle kamen sehr gut, jetzt war ich wirklich wieder Mensch.

Zeit für Enforcer, die Nachwuchshoffnung der meisten True Metaller und Helden des Underground. Die schwedischen Jungspunde hatten ordentlich Spaß inne Backen und waren mit sehr viel Drive unterwegs. Sänger Olof hopste wie ein Flummi von links nach rechts, animierte die Fans, grinste sich eins und traf nicht immer jeden Ton souverän. Bester Mann für mich blieb der Bassist mit stylischer Pilotensonnenbrille und einem absolut duften Gepose, da blieb kein Auge trocken. Schöner Gig, denn auch die neuen Songs wie "Roll The Dice", "Katana" oder "Walk With Me" vom aktuellen Album Diamonds konnten mich im Gegensatz zur Scheibe mitreißen. Nach vierzig kurzweiligen Minuten und dem Demokracher "Evil Attacker" war dann Schluss. Skol!

Nach den ersten drei Songs von Grand Magus verzog ich mich dann gen Schatten, aber so, dass ich noch einigermaßen auf die Bühne blicken konnte. Das Trio aus Schweden bot traditionell klassischen Heavystoff, der den Spirit alter Black Sabbath aber auch einem Spiritual Beggar alle Ehre machen würde. Brachiale Gitarrenwände und ein famoses Organ von Janne "JB" (Kris) Christoffersson machten die ansonsten etwas statische Show zu einem musikalischen Leckerbissen. Den großen Szenekennern und dem Applaus der Fans nach zu urteilen wird die Band das nächste große Ding des klassischen Metalsounds.

Gig vorbei und jetzt war Caipi-Zeit bis Forbidden angesagt. Der leckere Caipi wurde auf Kosten des Kollegen geschlürft und schmeckte somit noch besser. So erfrischt, gecrashtes Eis ist bei größter Hitze ein Heilmittel, boten Russ Anderson und seine Gefolgschaft auf zum Tanz. "Infinite" kam mit Schmackes, jedoch ging der Jubelpegel erst mit "Step By Step" so richtig nach oben. Dass man die Götterkultscheibe Forbidden Evil nicht vernachlässigen konnte, war allen klar. "Through Eyes Of Glass" hieß der erste Hit aus dem Debüt von 1988 und da kannte der Redakteur kein Halten mehr. Caipi bzw. den Rest davon den Rachen hinunter gestürzt und ab in die Front Row und sich den Schädel weggebangt. Zudem bot man den Anwesenden in Form von "Children Of The Sea" ein etwas außergewöhnliches Cover Black Sabbaths der Dio-Ära. Da man das Festival zum Tribut an den großen kleinen Sänger, der am 16. Mai seinem Krebsleiden erlag, erklärte, wurde jede Band gebeten, sich eines von Ronnie interpretierten Songs zu widmen. Gute Sache und erfreute nicht nur mich, da hatten alle ihre Freude dran. Wirkte meist erhaben und dennoch war es nicht nur Trauer sondern auch ein klein wenig Party. Zum Abgang von der Bühne hauten die Amis eine ultrafiese Version von "Chalice In Blood" raus, so muss das ein. Hallelujah, mein erstes Tageshighlight ward gesichtet.

Sodala, Zeit fürs Mittagessen, denn auf dem Bühnenspeiseplan wurden Sabaton als nächste Gang angekündigt, da konnte sich der Siebi eher kulinarisch erfreuen. Mit Bierbecher und Hot Dog bewaffnet sah ich dem Treiben seitlich der Bühne zu. Was kann ich sagen? Auch als ewiger Nörgler dieser Band muss man objektiv zugestehen, dass die Show in Verbindung mit der Musik mitreißt. Da stand ich also Würstchen schlingend und unterbewusst das Füßchen wippend außer Rand und Band da. Einfache Melodien zum lockeren Mitgrölen, einige Pyros, es musste der Sonne mit Hitze entgegen geschlagen werden, das war schon spaßig. Wird nie meine Kaufbaustelle, aber live auf einem Festival kann man das locker mitnehmen. Die Masse der Fans war auf alle Fälle sehr begeistert und Kollege Holgi wird das zu berichten wissen, hat er sich doch wie Schnitzel mitgefreut...
(Siebi)

Ja, erst mal auch von mir herzlich willkommen bei der Konferenzschaltung von Heute im Stadion... meine Anreise gestaltete sich übrigens ebenfalls entspannt, direkt am Freitag morgen losgebrummt, dann erst mal schnell das Zeug in der wie jedes Jahr gebuchten Pension abgeschmissen (zelten? alles klar, Freunde), und wieder den gewohnt kommoden Parkplatz in Festivalnähe aufgesucht (natürlich nicht einer der "offiziellen"... bleibt mein Geheimnis, schließlich will ich nächstes Jahr auch noch dort stehen). Dann am Real vorbei, entlang den eingezäunten VIP-Zeltern, die da vor dem staunenden Publikum ausgestellt werden, und rein zu den letzten Klängen von Forbidden, die ein in der Tat mächtiges Sabbath-Cover darreichten. Und nachdem Kollege Siebi schon so schön einlädt, anbei auch von meiner (offenbar schnitzelhaften) Seite ein paar warme Worte zum Folgeact...

Die True Metal-Fraktion wird in Balingen ja stets bestens bedient, und mit dem Tarn(Turn?)hosengeschwader von Sabaton sprangen auch dieses Mal wieder entsprechende Vorkämpfer beherzt in die Bresche. Die schwedischen Wahrmetaller entpuppen sich einmal mehr als Stimmungsgarant und feuern fröhlich ihre heldenhaften Melodien ins weite Rund, das sich auch durchaus angetan zeigt - trotz der frühen Tageszeit der Ansetzung. Unterstützt von massiven Pyro-Effekten, ballern sich die Mannen um Joakim Broden - bewaffnet mit der unverzichtbaren Top Gun-Fliegerbrille - durch einen bunten Blumenstrauß aus Melodien, wobei uns der Fronter bescheinigt, er sei "very impressed", dass trotz der Mörderhitze und dem zweifelsohne vorhandenen Kater vom Vorabend doch schon so viel gehe. Launig bezeichnet er die Kombo selbst als "a homosexual small metal band from Sweden" (so wie sie Meister Tägtgren mal spaßhaft nannte), bevor sie zu massiven Feuersäulen "The Coat Of Arms" runterreißen. Der Sound geht völlig ok, die Keyboards fügen sich ein, die Menge feiert die Kombo ab. Nur vor einem Dio-Song, so Broden, habe man Respekt - das wolle man nicht versuchen, denn man könne dem Original nie Genüge tun. Aber sie widmen ihm den nächsten Song "Cliffs Of Gallipolli" - immerhin. Nachdem uns der Shouter nochmals versichert hat, "we are a homo band and used to do a cover of YMCA", reißt er sich dann noch sein bekanntes Wams ("I am getting old and fat and have to buy my sixpack") vom Leib, da es doch fast unterträglich haaas wird. Mit der üblichen Kombo "Metal Machine" und "Metal Crüe" gibt es dann noch eine Hommage an alle Metal-Bands, und das ist Schluss. Feine Sache, für Festivals bestens geeignet - da sind wir auf einer Linie, Herr Siebenmorgen.
(Holgi)

Zum kommenden Bandtriple musste ich wieder fit sein, deshalb wieder reichlich Wasser von außen und innen zur Genüge nachgekippt, denn die Sonne war an diesem Freitag ein Freund der Hölle. Mann, war das heiß! Aber gut, vor zu den Japanern und Uraltrecken Loudness. Holla war das intensiv. Akira Takasaki zauberte mit lockerster Lässigkeit die Flitzefinger-Riffs und Soli raus, dass es eine wahre Pracht war. Nicht nur ich fühlte mich in eine Zeitmaschine versetzt, als Kracher der Marke "Crazy Nights", "Crazy Doctor" oder "Esper" übers sonnenüberflutete Messegelände fegten. Die Gitarre kam so laut und tight, das war der sechssaitige Höllenbote persönlich. Zeit für die eine oder andere Träne, denn leider sieht man das japanische Urgestein des Metals in bayerischen Gefilden höchst selten. Bitte eine Tour dazu. Bitte bitte bitte... (Holgi: Na na. So ganz katastrophal wie seinerzeit auf dem Earthshaker Festival war's nicht, aber gut war das noch lange auch nicht...)

Irgendwie ging das alles zu schnell vorbei und schwupps war auch schon Ambosszeit. Steve "Lips" Kudlow und seine beiden Anvil-Partner Robb Reiner an den Drums sowie Glenn Five am Bass verzauberten mit den ersten Klängen von "March Of The Crabs" und "666". Lips war perfekt aufgelegt, begrüßte die Meute vor der Bühne nach jedem Song lautstark und versicherte, dass wir alle Teil der Familie seien. Einmal Anvil, immer Anvil! "This Is Thirteen" machte keine Gefangenen und nach einem furiosen "Metal On Metal" war dann Schluss und Anvil konnten sicherlich den ein oder anderen Fan rekrutieren. (Holgi: Zumal "Lips" durchaus launig auf den aktuellen - übrigens ganz herausragenden - Film über die Band einging und feststellte: You've met my mother!)

Dritte und letzte Band für Siebi war der Mountain King Jon Oliva, der jedes Mal ein bisschen mehr Kilos auf die Waage zu stemmen scheint. Gespickt mit einer Old School-Setlist vom Feinsten waren jetzt kollektives Feiern, Schunkeln und Gänsehaut galore angesagt. "Sirens", "Jesus Saves", eine gekürzte Fassung von "Chance", "Believe", "Gutter Ballet" oder "Hall Of The Mountain King". Wem da als alter Metalhead nicht das frohlockende Herzerl aufgeht, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Dem Sangesgott Ronnie James widmeten Jon und seien Mitstreiter eine tiefgehende Version von "Rainbow In The Dark". War das stark! Gell Holgi?!? (Holgi: Mag sein, aber so eine Qualle kann man doch nicht ernst nehmen, zumal auch der Gitarrist Gewinner des Fat Camps ist...) Jedenfalls schwitzte ich die Biere mit Nachdruck aus dem Körper und freute mich mit einigen Oliva-Jüngern auf die kommende Herbsttour des Songwriting-Giganten. Zeit zum Essenfassen, Bier nachfüllen und ab in die Halle...

Sagte ich Halle? Ja, genau, die wurde dieses Jahr zum ersten Mal ab den frühen Abendstunden für ein Alternativprogramm zur Hauptbühne genutzt. BYH-Besucher durften auf der Homepage abstimmen, welche musikalische Ausrichtung den beiden Tagen in der Messehalle zuteil werden sollte. Geprügel sollte es sein und so verzog ich mich pünktlich zu Darkane vor die Hallenbühne. Die fünf Schweden hauten von Beginn an drauf als gäbe es kein Morgen mehr. Brachial, wild, schnell und mit etwas Melodien saugten sie den Spaß und Schweiß literweise aus dem Körper.

Danach durften Artillery aus Dänemark ran, die einen gigantischen Sound hatten. Aber irgendwie wurde die Chose mit zunehmender Spielzeit fad, denn die alten Songs klingen mit Sänger Soren Adamsen irgendwie seltsam - oder erging es mir nur so? Der Großteil der Fans hatte seinen Spaß und feierte die Stützenbrüder ausgiebig. Na ja, ganz okay, auf Scheibe meiner Meinung nach bei weitem besser.

Kurz nach draußen geblickt, der Abendhimmel füllte sich mit Sternen, es war immer noch angenehm warm und auf der Open Air-Bühne ergötzten sich nicht wenige an Hammerfall. Was ich sehen und vom Sänger als Ansagen hören durfte, war nichts Aufregendes. Das ist zu vorhersehbar, ohne den wirklichen catch. Aber das sehen viele anders und darum weiter zu Kollege Holgi.
(Siebi)

Ja, gerne, aber gehen wir doch erst mal gleich ein paar Stunden zurück - denn was mein Kollege durch seine Flucht in die Halle mal eben locker unter den Tisch fallen lässt, das sind für andere einige der Highlights des Festivals!

Alte Elektriker-Weisheit: baue irgendwo eine Steckdose ein, bringe dir eine Brotzeit mit, warte einige Zeit, und irgendwann spielt Doro dort, wo du bist. Positiv gewendet: Frau Pesch ist eine der angenehmen Konstanten in der Szene, immer irgendwo unterwegs, immer zuverlässig, immer irgendwie für alle zu präsentieren - die Rolle, die im letzten Jahr Udo spielte, übernahm 2010 die ewigblonde erste Metal-Dame. Wer eine Aufführung der letzten Hallentournee erlebte (wir berichteten), wusste in etwa, was kommt: ein fröhliches Hitfeuerwerk, das mit "You're My Family", "I Rule The Ruins" und natürlich "Earthshaker Rock" zünftig losflackert. Doro bietet zwar sattsam bekanntes Stageacting ("Ihr seid supergeil", Mähneschütteln, auf die Leute zeigen), aber die schiere Unkaputtbarkeit der Songs und die offenkundig durch nichts zu trübende Laune der Frau Pesch sind immer wieder beeindruckend. Auf dem Festival hält sie sich gottlob auch von den pseudo-philosophischen Anflügen der Balladen (fast ganz) fern, sondern heizt den Kessel mit einem krachenden "Burning The Witches" weiter an. Natürlich darf die Dio-Hommage auch hier nicht fehlen, und vor der Songauswahl, die auf das durchaus vertrackte "Egypt (The Chains Are On)" fällt, muss man den Hut ziehen, denn sie zieht sich gut aus der Affaire. Mit "Für Immer" ist dann doch eine Ballade im Gepäck, die aber immerhin den Anspruch hat, die erste deutschsprachige Warlock-Nummer gewesen zu sein, und nach zwei verzichtbaren Stücken folgt mit "Metal Racer" sogar noch ein Beitrag vom Debutalbum. "Always Live To Win" und das gern gegebene Priest-Cover "Breaking The Law" sind nur Wegbereiter hin zur Hymne "All We Are", die nun wirklich jeder kennt, der nicht die 80er unter einem Stein hausend verbracht hat. Dementsprechend sind die Reaktionen, und einmal mehr hat Frau Pesch ihre Entertainment-Qualitäten unter Beweis gestellt. Schön!

Es ist eine der feinen Balinger Traditionen, immer auch die Fraktion der Anhänger bluesigen, erdigen Hard Rocks zu bedenken. Diese Rolle spielten in der jüngsten Vergangenheit Great White, Thunder und Nazareth zur allgemeinen Verzückung. Und dass die Eidgenossen Krokus diesen Job hervorragend erledigen, zeigten sie schon 2000 und 2005 eindrucksvoll. Umso mehr sollte das klappen, als die wiedervereinten Marc Storace, Chris von Rohr (bester Name aller Zeiten) und Fernando von Arb ans Werk gehen. Also auf ein Neues, und gleich als erstes packen sie ihren Kracher "Long Stick Goes Boom" aus - und das ist ja immerhin der beste AC/DC-Song, der nicht von AC/DC ist. Die komplett in Originalbesetzung antretenden Alpenländler sind natürlich absolut routiniert, das Material herausragend. Die Frage ist nur, was suchen sie sich aus dem schier endlosen Backkatalog aus? Mit "American Woman" kommt ein weiterer (gecoverter) Klassiker zum Zuge, und auch den reißen sie beherzt runter. Schade nur, dass Fronter Storace nicht gerade der gesprächigsten einer ist: die wenigen spärlichen Ansagen kommen dann auch noch auf Englisch. Wie man sich launig mit der Meute unterhält, zeigt am nächsten Tage ein (angeheiterter) Spike von den Quireboys um so feiner. Aber na ja, nicht jeder ist der geborene Ententrainer, halten wir uns ans Material, und das bringt mit "Tokyo Nights" vom 1980er-Werk Metal Rendezvous so manche Erinnerung an Kinderzimmer und kleine Plattenspieler, wo wir die Nummer mit 15 endlos runtergenudelt haben. Mit "Burning Bones" gibt es ein weiteres Schätzchen aus der 80er-Phase (von Hardware), und mit "Screaming In The Night" bringen sie die Power-Ballade der Haarspray-Ära noch mal zum Glänzen. "Easy Rocker" macht Spaß wie immer, "Bedside Radio" darf nicht fehlen, auch wenn doch arg poppig. Im Zugabenblock kredenzen sie uns noch Dreingaben vom aktuellen Album ("Hoodoo Woman"), bevor dann mit "Born To Be Wild" zwar eine gut runtergerissene, aber durchaus verzichtbare Coverversion kommt. Nach einiger durchaus ärgerlichen Zeitschinderei wird noch "Long Live Rock'n'Roll" angespielt (etwas schmal als die ja eigentlich angefragte Hommage), dann ist's aus. Vor allem gegen Ende kann man sich des Eindrucks der Zeitfüllerei nicht erwehren - irgendwie schade bei einem solchen Fundus, der sicherlich noch den einen oder anderen Hit bereit gehalten hätte.

Hammerfall dürften die dienstälteste Band aus dem ganzen BYH-Fundus sein: schon 1997, als die ganze Sause noch drinnen stattfand, waren sie am Start, und 1999 gab man sich bei der ersten Freiluftaustragung wieder die Ehre. 2007 schließen hatten sie sich zum "Very Special Guest" gemausert, und in diesem Jahr fiel ihnen vollends die Rolle des Headliners an Tag eins zu. Man kann von den Jungs jetzt halten, was man will: Fakt ist, dass sie mit ihrem ruhmreichen Debut keinen geringen Anteil daran haben, dass die (damals schon mehr oder weniger untoten) bösen Geister des Grunge und sonstiger Spaßbremsen endgültig weggefegt wurden und es wieder in Ordnung war, zu hämmernden Riffs in hoher Tonlage über heldenhafte Dinge zu singen. Kurz, dass es wieder ok war, Heavy Metal zu machen. Fakt ist auch, dass die Bande um Oskar Dronjak live eigentlich immer ein Garant für gute Laune ist - zu hoch ist die Hitdichte im Backkatalog, zu professionell die Darbietung. Und daran ändert auch das diesjährige Stelldichein nichts: mit "Punish And Enslave" von der aktuellen Langrille No Sacrifice, No Victory legen sie gleich mal ordentlich los, einen Aha-Effekt gibt es beim zutiefst erblondeten Oskar. Gleich als zweite Granate lassen sie den Opener des Debuts los, und gerade eine Nummer wie "The Dragon Lies Bleeding" zeigt, wie konsequent man sich seinerzeit gegen den Zeitgeist (wir erinnern uns, mir geht's so schlecht, oh je und der Hund is krank, und von meinem Holzfällerhemd ist ein Knopf ab) stellte. Das schleppende "Crimson Thunder" - umrahmt von standesgemäß tiefroter Bühnenbeleuchtung - schließt das Eröffnungstrio würdig ab. Bei "Hallowed Be My Name" (auch von No Sacrifice) kann man sich dann getrost ein wenig umschauen und stellt fest, dass die Bühnenausstattung im Vergleich zu sonstigen Gigs eher mager daherkommt - weg ist der riesige Hammerfall-Schriftzug, der sich vom Drumkit herunterzog, lediglich zwei schmucklose Treppen haben sie aufgebaut. Na, vielleicht muss man ja sparen, wegen den Griechen, oder den Spekulanten, die sind ja immerhin bekanntlich an allem schuld (früher war's übrigens die Flurbereinigung). "Renegade" brettert dann wieder fröhlich nach vorne, "Last Man Standing" fährt fein ins Tanzbein, und "Blood Bound" bewährt sich als verlässlicher Festival-Garant (wobei natürlich die Aussage, dass Deutschland eigentlich die WM hätte gewinnen müssen, schon relativ wohlfeiler Kundenfang ist, Herr Cans). Und dann befragt uns der Fronter, ob wir denn wüssten, dass sie schon beim BYH 2 dabei waren? Wissen die meisten aus dem Programmheft. Interessanter dann schon die Story, dass 1998 der englische Metal Hammer über das zweite Werk Legacy Of Kings urteilte: "This sucks badly." Nun, dann intoniere man eben jetzt einen Song aus dem "suckiest album of all time", und bei "Heeding The Call" kann man sich überzeugen, dass die englische Presse wie immer voll an der Höhe der Zeit vorbeisegelte. "Rebel Inside" (von Threshold) überzeugt nicht vollends, aber Meister Cans schwadroniert unterhaltsam, das neue Album sei auf Platz sieben der Charts eingestiegen, und man arbeite gerade am Nachfolger: "If you think it's going to be a hip hop album - fuck that. If you think it's going to be a nu metal album - well fuck that too. It's going to be some more German heavy metal from Sweden!" Treffender kann man den Stil der Jungs wohl nicht beschreiben. "Any Means Necessary" zieht die Butter dann nicht ganz vom Brot, aber nach "Stronger Than Hall" lässt "Riders On The Storm" den Tanzboden wieder zittern, bevor erst mal Ruhe im Karton ist. Klar gibt's noch eine Dreingabe, und nach dem obligatorischen "Let The Hammer Fall" kredenzt man uns auch hier eine feine Verbeugung vor Ronnie James Dio: unterstützt von Mikael Stanne, der mit seiner Kombo Dark Tranquillity ohnehin gleich in der Halle ran muss, reißen sie eine flotte Fassung des "Man On The Silver Mountain" runter - und man ist irgendwie froh, dass Cans und nicht Stanne (der ja der ursprüngliche Shouter der Kombo war) bei Hammerfall hinterm Mikro steht. "Hearts On Fire" macht den Rausschmeißer von Tag eins. Die Setlist wäre sicherlich etwas optimierungswürdig gewesen - so etwa fehlte zumindest mir "Glory To The Brave" schmerzlich. Insgesamt aber eine kurzweilige, wenn auch äußerst routiniert abgespulte Angelegenheit - da haben Sie schon nicht ganz Unrecht, Herr Siebi.
(Holgi)

In der Messhalle freuten sich dagegen alle auf den Headliner Dark Tranquillity. Mikael Stanne, der mit Hammerfall eben noch "Man On The Silver Mountain" zum Besten gab, und Co. kamen, sahen und siegten auf ganzer Linie. Die extrem geheizte Halle war am Toben, es wurde gebangt, die Haare flogen meterweise, Crowdsurfer versuchten sich im Rund und zu guter Letzt gab es nach kleinen technischen Problemen eine La-Ola-Welle von vorne nach hinten. Das hatte was. Meister Stanne traute seinen Augen und Ohren nicht, was da vor ihm alles abging. Sie hatten wohl mit einigen Fans gerechnet, dass aber die Halle fast komplett gefüllt war und bedingungslos mitgefeiert hat, das konnte wohl keiner ahnen. Abgerundet wurde die starke Show durch die Projektorenbilder, die Niklas Sundin, einer der beiden Gitarristen, kreiert hatte. Untermalten die Musik visuell einwandfrei, das war ein Augen- und Ohrenschmaus der ersten Klasse. Auch hier freut sich der Redakteur auf das Münchner Konzert im Oktober.

Nach dem Konzert wurde im Pavillon bei Bier, Grillkäse und -fleisch der Tag Revue passieren lassen und sich nach einem gemütlichen Feierabendbierchen genüsslich in die Schlafkoje gelegt.
(Siebi)

Samstag, 17.06.2010

Die Nacht ging dann wiederum sehr schnell vorbei, bin ohne Kopfschmerzen aufgewacht und nach der obligatorischen Frischedusche aus Sibirien mit selbstgestrickter Käse-Salami-Brezenstange und einem Becher Apfelschorle aufs Gelände gehuscht. Dort rockten die jungen Amis von Toxin melodisch fein einen ab. Das wirkte richtig souverän. Der melodische aber trotzdem mit Schmackes vorgetragene Metal/Rock der Marke Kissin' Dynamite ließ vereinzelt Haare fliegen. Dazu das tolle Zusammenspiel und absolut sympathische Auftreten der Musiker, die als absolute Pluspunkte gewertet werden konnten.

Und dann kam das erste Highlight des Tages. Einer der Mitfahrer und ein Becher frisches Bier zusammen mit Savage Grace oder besser Roxxcalibur/Viron mit Sänger Chris Logue, dem Savage Grace-Urmitglied. Was bin ich abgegangen! "Bound To Be Free", "Sins Of The Damned", "We Came, We Saw, We Conquered" und "Into The Fire". Was soll bei solchen Mördersongs eigentlich schief gehen. "Speed with Melody" hieß das in den 80ern. Das Debüt Master Of Disguise ist für mich die Bibel des Speed Metal und kein Ton hat von seiner Faszination verloren. Kurz vorm Kreislaufkollaps zogen die ersten Wolken auf und es wurde etwas angenehm kühler. Monstergig! "Neon Knights" als Dio-Tribut durften die Jungs nicht spielen, da eine gewisse amerikanische Band diesen Song exklusiv für sich auserkoren hatte. Was für ein Bullshit! So zockten sie mit "Exciter" einen Priest-Klassiker, der nicht minder abging.

Bullet und Sacred Steel habe ich dann rechts von der Bühne aus angesehen und ein wenig mitgerockt. Bullet und ihr an AC/DC angelehnter Sound sind für ein Festival wie gemacht. Rotzige Röhre, amtliche Klampfen und obercooles Posing. Das ist Spaß und einfach Freude pur. "Stand Up And Shout" passte als Cover und Tribut an ihr wisst schon wie die Faust aufs Auge. Das Publikum war guter Laune und rockte passend mit. Sacred Steel sind für mich immer etwas zweischneidig. Gerrit Mutz geht mir eigentlich nur auf den Allerwertesten, Ansagen wie "der nächste Song ist von unserem Debüt von 1961" entlocken mir meist nur ein müdes Lächeln, und das Gequieke finde ich live eher unpassend. Reißt mich auf Scheibe weit mehr mit. Trotzdem machte die Instrumentalfraktion ihre Sache gut. Es wurde gebangt und geholzt wie am ersten Tag. Zu Rainbows "Kill The King" setzte dann der Regen ein. Die Wassermasse von oben versetzte die Menschenmasse unten zur Flucht unters Zeltdach oder in die Messehalle. Ich verharrte im Regen, war es doch ein willkommener Moment der Kühlung. "Wargods Of Metal" läutete das Setende ein, und so musste ein frisches Bier und eine Asiapfanne her, denn jetzt hieß es, Hades aus New Jersey zu huldigen.

"Exist To Resist" wurde als Einstieg genommen und kam mit Druck aus den Boxen. Alan Tecchio glänzte mit seiner Stimme. Der Mann traf wirklich jeden noch so abartigen Ton. Wahnsinn, Gänsehautfeeling am Mittag bei schauerartigen Wassergüssen von oben. Nach dem eloquenten "Widow's Mite" war dann Zeit für einen Evergreen. "The Leaders" rollte über die Köpfe des Auditoriums hinweg. Mir blieb fast das Herz stehen, so ergriffen war ich. Kollektives Ausrasten, Headbangen, Luftgitarre würgen und Bierchen kippen standen im Vordergrund. Was für eine Hammershow bis hierher. Aber es ging noch besser. Das If At First You Don't Succeed-Triple "King In Exile", "I Too Eye" und "Rebel Without A Brain" versetzte mich in endgültige Ekstase. Was war ich unwürdig!?! Alan brüllte ich jeden Ton und jede Silbe ins Gesicht, was den sichtlich amüsierte. Was war das für eine Feier! "Voodoo" wurde Mr. Dio gewidmet und mit "Opinionate!", "On To Iliad" sowie dem mächtig geforderten "Nightstalker" war dann viel zu früh Schicht im Schacht. Jawoll, das war und ist Metal, den ich immer goutieren kann. Applaus, Applaus und noch mehr Applaus!

Komplett durchgenässt habe ich dann den Rückzug in die Halle angetreten, wo sich viele Anwesende aufhielten. Dort mit ein paar Italienern unterhalten und über Musik, Bands und die WM philosophiert. Nette Abwechslung vom Füße in den Bauch stehen/bangen und Bierchen kippen.
(Siebi)

1988, Schweinfurt. Monsters of Rock. Interview für Mosh, Sendung auf Tele 5, Moderation Sabina Classen. Noch in voller Haarpracht und mit bestem Ruhrpott-Akzent befragt Götz Kühneschlund (damals noch beim Metal Hammer) Robert Ernlund, den Sänger von Treat: "Ihr seid gut, aber ihr brauchd jeds en gutes Älbem. Und Drrrihmhunter IS en gutes Älbem." Als dann auch noch Doro Pesch in mehr oder weniger gleicher Tonlage die Band ansagte: "Hier sind Trrrriht!", hielten sie endgültig Einzug in unseren ewigen Zitatenschatz. Vertreter der damaligen Haarspray-Welle sind sie, im Gefolge von Europe hochgespült, und ja, Dreamhunter war wirklich ein passables "Älbem". Aber die ganz große Nummer schafften sie nie und verschwanden in den düsteren 90ern von der Bildfläche. Seit 2006 werkeln sie wieder und beehrten dieses Jahr also wieder deutschen Festivalboden - und ich war nach 22 Jahren wieder mit den Herren Götz und Robert Ernlund vereint (zumindest örtlich). Treat 2010 beweisen zunächst einmal, dass - im Gegensatz zu so manchem US-Vertreter - die europäischen Recken zwar auch alt, aber nicht unförmig geworden sind. In fast schon unverschämt guter körperlicher Verfassung treten sie an und servieren im immer wieder einsetzenden Regen zunächst eine recht gelungene Mischung aus melodischen Rockern, die live eine Ecke härter als auf Konserve kommen. "Ready For The Taking" und "Paper Tiger" (vom aktuellen Album Coup De Grace) machen Spaß, aber das Medley (unter anderen "I Wanna Party All Over") zeigt dann auch, warum die reinen Partysongs schon damals nervten. "We Own The Night" klingt dann schon eher wieder nach den 80ern im durchaus positiven Sinne, "Sole Survivor" überzeugt heute wie damals, und als Abschluss darf natürlich der Hit "Living In A World Of Promises" (der immerhin von In Flames gecovert wurde) nicht fehlen. Als kleiner Nostalgietrip ganz nett, aber von den ganz großen Reißern hatten und haben sie einfach zu wenig an Bord, um wirklich vorne mitzumischen.
(Holgi)

Nach Treat ging es wieder raus zu Fates Warning und die Party konnte weitergehen. Im Parallels-Lineup wurden nur Klassiker gezockt, natürlich mit dem Augenmerk auf die Parallels-Scheibe. Was für brillante Musiker, was für Songs, Kumpels und ich hatten Pipi in den Augen. Da wurde sich im wiederum strömenden Regen komplett der Mucke hingegeben. Intensiv, laut, anbetungswürdig... alle, die es um uns miterlebt haben waren danach völlig geplättet. Auch Ray Alder war gut bei Stimme, auch wenn das einige Anwesenden etwas anders gehört haben wollen. Nach Savage Grace und Hades mein dritter Höhepunkt des Tages.
(Siebi)

Die The Quireboys gehörten 1990 zu den Bands beim "Super Rock" (irgendwie durfte das in Deutschland nicht mehr Monsters heißen), die zumindest uns ganz gewaltig nervten. Zu viele dieser Blues-Hard Rock-Bands waren unterwegs, die einfach in jedem Song ein Keyboard-Geklimper unterbrachten und meinten, das sei dann wahnsinnig bluesy. Great White gehörten in die gleiche Kategorie - aber auch die haben sich ja live durchaus gemacht und konnten zumindest mich beim Bang Your Head 2008 sehr positiv überraschen. Also sind wir auch mal aufgeschlossen dem gegenüber, was Fronter Spike (mit Weste, Rose und Kopftuch) und seine Chorknaben bereithalten. Und ähnlich wie bei den Amis muss man auch hier konstatieren, dass in zeitlichem Abstand dann doch einiges an Qualität gewinnt, mit dem man früher nichts anfangen konnte. Die Quireboys liefern, ähnlich wie Thunder zur gleichen Spielzeit vor ein paar Jahren, genau die richtige Mischung aus Party-Atmosphäre und guten Songs, die man braucht, um die Zeit bis zu den Hauptacts fröhlich zu verbringen. Dass Sänger Spike dabei rabenzu ist und daraus auch gar keinen Hehl macht ("Ich habe vorhin schon was getrunken. Wie unprofessionell von mir"), sorgt noch mal für Amüsemang, ebenso wie die Tatsache, dass die Hälfte der Bandmitglieder eher aussieht wie Althippies als gestandene Hardrocker (neben Spike ist ohnehin nur noch Gitarrero Guy Griffin von der Urbesetzung übrig). Das seinerzeit nervige Keyboard fügt sich jetzt gut ein, Spike ist rau (und dicht), singt aber durchaus passend, und Songs wie "I Love This Dirty Town" ("dies ist ein Song über meine Heimatstadt Newcastle. Wir haben dort einen guten Fußballverein, Newcastle United. Jaja, ich weiß, 4:1. Ihr wart besser, sie haben es nicht anders verdient"), "There She Goes Again" oder "Tramps And Thieves" sorgen für Laune im Publikum. Nett auch, dass Spike dann einfach alle in die Garderobe einlädt: "If you want to have a drink, or just get out of the rain, just come to our dressing room. Just ask for Spike". Ok, machen wir dann mal. Mit "Lady Starstruck" bringen sie durchaus überzeugend eine Dio-Ehrerbietung, bevor man sich mit dem veritablen Hit "7 O'Clock" verabschiedet. Ich kann's nicht anders sagen: hat Spaß gemacht!
(Holgi)

Nevermore sind seit einigen Jahren auf für mich anderen Pfaden unterwegs und überzeugen mittlerweile mehr mit Brutalität als guten Songs. Viele mögen die Band und diesen Stil, für mich war mit der Dreaming Neon Black alles gesagt. Die Band war aber gut drauf, was man von Sänger Warrel Dane nicht behaupten konnte. Der sah ziemlich angeschlagen aus. Wirkte extrem lustlos und reduzierte sich komplett auf seinen Gesang (Holgi: lieber Siebi, das ist noch vornehm ausgedrückt. Der Kerl brachte die Augen nicht auf, will gar nicht wissen was genau der vorher getrieben hat...). Schade, aber Respekt, dass er den Gig trotzdem durchzog. Das nennt man professionell. "Heart Collector" erntete den größten Beifall, Sanctuary bleiben komplett außen vor, aber da gab es ja kurz zuvor die gute Kunde, dass es ein neues Album geben soll.

Bis zu Queensryche kurz in die Halle, wo Dew-Scented ihren erbarmungslosen Mix aus Death und Thrash der nicht wenig gefüllten Halle um die Ohren prügelten. Nach knapp zwanzig Minuten war der Spuk für mich vorbei, denn dann musste der Redakteur Geoff Tate und Co. huldigen. Was habe ich mir für eine gigantische Setlist im Hirn zusammengestellt und was kam dann? Ein glatzköpfiger mit extrem trendiger Sonnebrille bestückter Mr. Tate faselte "Hit The Black" und noch ein paar neuere "Granaten" raus. Song Nummer vier zeigte dann mit "Damaged" ein gerade noch okay-Stück von Promised Land. Jetzt, liebe Herren, wird es aber Zeit für Klassiker! Geht doch, "The Thin Line", "Breaking The Silence" und die Ballade vor dem Herrn "Silent Lucidity" zeugten davon, dass die Band den Backkatalog durchaus kennt. Dann wurde getributed in Form von "Neon Knights", das Laune machte aber einen bitteren Nachgeschmack hinterließ. Dann war auch schon der Zugabenteil an der Reihe. "I Don't Believe In Love", "Jet City Woman" und das wahrlich mächtige "Empire" regelten, aber lieber Herr Tate und Mr. Wilton: Nichts von The Warning, nichts von Rage For Order und natürlich gleich gar nichts von der EP. Sorry, das war ein Gig mit x, nämlich nix! Setzen, sechs, am Thema "Klassikerset" meilenweit vorbei, obwohl ich mich ab "The Thin Line" ganz wohl fühlte, aber...
(Siebi)

...ich nicht, für mich war's eigentlich noch schlimmer:

Ein schöner Roman von Charles Dickens nennt sich Große Erwartungen. Und genau die durfte man dieses Jahr an die Prog-Legenden aus Seattle durchaus haben: 2008 hatten Queensryche unter dem Motto Operation: Balingen immerhin ihren einmaligen Geniestreich Operation: Mindcrime (wer sagt da hinten was von einem Teil 2?) als monumentale Musical-Inszenierung auf die Bühne gebracht und gezeigt, warum sie schon allein aufgrund dieses Albums einen unzerstörbaren Ruf genießen. Und mit was? Mit Recht. Die Spannung war also groß, das kenntnisreiche Programmheft kündigte ein Best Of-Set an und lockte unwiderstehlich mit Aussichten auf Juwelen wie "Take Hold Of The Flame" und "I See In Infrared". Herr Siebi, Sie waren nicht der einzige mit einer Wunschliste im Kopf. Also, nichts wie vor die Bühne und - halt, wer ist denn das? Haben sie heute einen Gaststar dabei, oder wer ist denn dieser Herr da vorne? Gekleidet in Weste, Hütchen und Sonnenbrille schickt sich da ein Kollege an zu singen, der so nahe an Bono rankommt, wie das ohne Copyright-Verletzung eben noch geht. Aber natürlich ist es nicht der irische Gutmensch, sondern niemand anders als Geoff Tate, der - durchaus muskelbepackt und kahlgeschoren - beschwingt durchs Programm führt. Und als erste Enttäuschung ist hier eben nicht ein alter Kracher zu bestaunen, sondern das eher lahme "Hit The Black". Na, dann jetzt eben. Aber wieder nichts, mit "Sacred Ground" kommt eine weitere Nummer zum Zuge, die nicht aus der ersten Schaffensphase stammt. Das ist ja alles nicht schlecht, aber wo zum Kuckuck sind die Meisterwerke? Und als dann als drittes Stückchen "Man Down" vom letzten Album American Soldier die Auftakt-Trilogie abschließt, wird deutlich: Essig ist's mit der Best Of-Show. Mit erstaunlicher Konsequenz ignorieren die Herren die sattsam evidente Tatsache, dass Queensryche mit Chris de Garmo nicht nur den kreativen Kopf, sondern auch die musikalische Relevanz schon lange verloren haben. Kurz gesagt: alles nach Empire war überflüssig bis ärgerlich, und das weiß offenbar jeder außer ihnen, den mit "The Hands" (von Mindcrime II) und "Damaged" (von The Promised Land) wird weiter Zeit verschwendet, während wir harren. Und a propos beschwingt: war die Darbietung von Geoff Tate zu den besten Zeiten von großer Ernsthaftigkeit, fast schon Verbissenheit geprägt, gibt er jetzt den lockeren Entertainer, der mit breitem Grinsen durchs Programm schlendert. "Es hat geregnet, ich weiß. Die Haare sind ein bisschen platt. Wenigstens habt ihr Haare!", so feixt er mit dem Publikum. Stimmlich besser auf der Höhe, das muss man zugestehen, als bei der Mindcrime-Aufführung - aber man wird den Eindruck nicht los, dass er das alles selber nicht mehr so ernst nimmt. Leute, was macht ihr denn? Wo ist "Warning", "Take Hold Of The Flame", wo bleibt eure Signatur "Queen Of The Reich"?? Ein aufgebrachter Schwabe hinter mir bringts auf den Punkt: "Isch werd wahnsinneg. Desch will doch keener höret!!" Als dann endlich, endlich mit "The Thin Line" eine Empire-Nummer hervorgekramt wird, begleitet Meister Tate das Geschehen auf dem Saxophon (!) - er wäre wohl längst lieber auf einem Jazz-Festival unterwegs. Nein, Siebi, wohl gefühlt habe ich mich da nicht. "Breaking The Silence" liefert dann endlich einen Mindcrime-Beitrag - und der Qualitätsunterschied zum Vorangegangenen wird noch eklatanter spürbar. "Silent Lucidity" hält die Fahne weiter hoch, aber wer einmal erleben konnte, wie Chris de Garmo diesen Song regelrecht zelebrierte, weiß: das ist eine Klasse Unterschied. "The Right Side Of My Mind" (von Q2K) nimmt erneut besserem Material den Platz und die Zeit. In einem Moment nur, jetzt, wird Herr Tate ernst, als er nämlich über Ronnie James Dio spricht und so ungefähr als einziger mehr zu sagen hat als die üblichen "Er war unsere Inspiration"-Phrasen. Er berichtet nämlich, Dio sei ein Gentleman gewesen, der guten Wein und ein gutes Curry zu schätzen wusste, und macht ihn dabei zur Person und weniger zur Legende. Als Hommage haben sie sich das krachige "Neon Knights" ausgesucht, und da auf einmal haben sie Saft und Kraft - langweilt sie ihr eigenes Werk vielleicht? "I Don't Believe In Love", "Jet City Woman" und "Empire" zeigen dann nochmals schmerzvoll auf, was hier hätte ablaufen können. Verwirrt zieht man von dannen, das muss erst sortiert werden. Hier ist eine Band auf höchstem musikalischem Niveau, die einfach den Mastermind nicht mehr hat, der sie zu ganz Großem führte. Aber warum wollen sie das nicht wahrhaben? "The Lady Wore Black". "Road To Madness". "Walk In The Shadow". Man darf gar nicht dran denken. NICHTS von den ersten beiden Platten oder der Debut-EP. Zero. Zwei Möglichkeiten: wir fesseln Chris de Garmo und lassen ihn erst frei, wenn er wieder mitmacht. Oder wir lassen sie nur noch nach vorheriger Zensur der Setlist auf die Bühne. Bei beidem gilt: Machbarkeit fraglich.

Jetzt müsst ihr euch erst wieder eine Geschichte vom alten Mann anhören. Weihnachten 1981 bekam ich eine Platte geschenkt, auf der einige wüste Gesellen abgebildet waren, die mit Fransenwesten und Schminke aufwarteten und trotzdem irgendwie anders als Kiss waren. Der Sound war rau, fast punkig, aggressiv, die Platte hieß Under The Blade, die Band Twisted Sister. Das gab sich im Lauf der Jahre dann, man wurde zunehmend kommerzieller, und die dritte Scheibe brachte sogar Charthits zustande. Nach dem vierten Album war dann Schicht, und eigentlich könnte die Geschichte dann enden. Wenn, ja wenn 2001 Fronter Dee Snider just in Balingen nicht eine derartige Schau abgezogen hätte, dass er aufgrund der rauschenden Resonanz die restlichen verdrehten Schwestern wieder um sich sammelte und seitdem in regelmäßigen Abständen die europäischen Festivals beehrt - Balingen machte man in der Urbesetzung 2003 und zuletzt 2005 unsicher. Und dieses Jahr durfte also nun auch ich in den Genuss kommen und nochmals echtes Fanboy-Feeling aufkommen lassen, gehören die Schwestern doch zu den wenigen alten Helden, die ich seinerzeit nicht erwischte und auch bislang noch nicht sehen konnte. Nach der doch ernüchternden Queensryche-Vorstellung war die Frage, ob die hohen Erwartungen dieses Mal erfüllt werden konnten. Machen wir's kurz: sie konnten. In waberndem grünen Licht erscheint die Bühne, und es ist sogleich klar, welchen von den zwei möglichen Openern (der andere ist natürlich "What You Don't Know Sure Can Hurt You") man auserkoren hat: "Twisteeed Sisteeer... come out and plaaayyy...", schnarrt es durch die PA, bevor die Kollegen langsam die Bühne entern. Geschminkt ist keiner mehr, die Fransenwesten sind auch weg, und Dee Snider tritt (anfangs zumindest) im langen schwarzen Mantel a la Biff an. Aber sobald "Come Out And Play" losbricht, ist das dann eh alles wurscht. Twisted Sister 2010 ballern los, als ob es kein Morgen gäbe, der Sound ist mächtig und tight - und Dee gibt den Front-Derwisch, dass man nur noch staunen kann. Staunen darf man auch über die Stimmgewalt des Herren, der alle Klippen bestens meistert. Die Meute honoriert das natürlich und geht sofort steil. Und als mit "The Kids Are Back" gleich an zweiter Stelle ein wohl von den meisten gehegter Wunsch krachend erfüllt wird, steht dem Siegeszug nichts mehr im Wege. Snider schmeißt den pinken Mikroständer durch die Luft, springt herum, wirft sich auf den Rücken und schüttelt seine charakteristische blonde Mähne. Eine Rampensau, wenn es je eine gab. Es ist so ungefähr das genaue Gegenteil zu dem, was Queensryche gerade geliefert haben: diese Band weiß, was das Publikum hören will, und präsentiert das mit Schmackes und einem solchen Tritt in den Hintern, wie das auf Platte nie so rüberkam. Auch das oft als poppig gescholtene "Stay Hungry" räumt ab, gefolgt von "Captain Howdy" - und selbst dieser Song, der nicht gerade aus der ersten Reihe stammt, wird frenetisch gefeiert. "Shoot 'Em Down" vom Debut bringt ausgelassene Stimmung, und die Spielfreude der Band steigt an, als man von den begeisterten Publikumsreaktionen sichtlich beeindruckt ist. Aber was sonst darf man erwarten, wenn man "You Can't Stop Rock'n'Roll" derart kraftvoll abfeuert? Gitarrist Jay Jay French hält jetzt seine bekannte Rede, in der er sich über die Casting-Stars amüsiert, die ihren Fans für 15 Wochen Treue danken - aber er berichtet auch, dass sie zu Hause in Amerika niemand mehr anlocken und man dort die Resonanz in Europa nicht glauben mag. Und deshalb kommen sie zu uns, hierher, so lange wir wollen. Na, wir wollen natürlich, so lange sie uns Stücke wie "The Fire Still Burns" und das wirklich kommerzielle "I Am (I'm Me)" servieren. Das eigentlich seinerzeit zu Tode genudelte "We're Not Gonna Take It" avanciert dann zum ultimativen Triumphzug: angefeuert durch nicht enden wollende Choreinlagen des Publikums, steigen sie drei Mal wieder in den Song ein, als der eigentlich schon längst vorbei ist. "The Price" überzeugt als Powerballade mit Snider in stimmlich guter Form, bevor dann mit "I Believe In Rock And Roll" der einzige schwächere Song des Sets leicht zu verschmerzen ist. "Burn In Hell" ist dann bestes Klassiker-Material, und selbst das Drumsolo von A.J. Pero verzeihen wir mal - immerhin hat er seine Drumsticks beleuchtet. "I Wanna Rock" wird bejubelt, dann ist erst mal Schluss. Klar kommen sie noch mal raus, und als ich das verschleppte Gitarrenstakkato höre, kann ich kaum glauben, dass sie wirklich ihren wohl aggressivsten Song aus der Kiste holen: "Under The Blade" kann auch nach 29 Jahren (!!) immer noch alles und ist, wie Herr Schneider anmerkt, "for die hard Twisted Sister fans". Richtig, danke der Nachfrage. Und auch sie werden dem Motto des Festivals gerecht: sie liefern eine famose Version von "Long Live Rock And Roll" zu den ersten Böllern des beginnenden Feuerwerks ab, bevor wir uns dann kollektiv mit "SMF" noch als sick motherfuckers abfeiern lassen. Für eine kommende DVD hätten sie gerade gefilmt, erklärt man noch. Wir werden sehen.
(Holgi)

The Haunted prügelten derweil in der Halle, habe zwei Songs gesehen, kurz genickt und einigen Bekannten zugeprostet. Ganz okay, aber das ewige Stehen auf den Beinen zollte jetzt Tribut. Erstmal Pause machen und sich auf Twisted Sister freuen. Dee Snider und seine Rasselbande rockten zum dritten Mal das BYH und waren der krönende Abschluss in diesem Jahr. Was für eine Stimmung, nahezu alle um uns rum haben geschrien, gesungen, getanzt, einfach ausgelassen eine Party gefeiert. "We're Not Gonna Take It" führte bisweilen zum vollen Stimmenverlust. Die Freude musste einfach rausgeschrien werden. Ein Höhepunkt für mich, dass das Gelaber von Dee und Jay Jay French auf ein Mindestmaß reduziert wurde, so dass dieses Mal auch wirklich eine Menge Songs gespielt werden konnten. Nach den letzten Takten von "S.M.F" bin ich einige Blicke auf das Feuerwerk huschend mit den letzten Restkräften noch zu Destruction in die Halle, wo ich bis zum Schluss blieb. Schmier hatte Spaß und Mike eine extrem laute Gitarre. "Mad Butcher", "Thrash Till Death" oder "Eternal Ban". Mein Körper musste einfach noch mal mitgehen und es wurde zum letzten Mal wild und ekstatisch das Köpferl gekreist. Das war ein feines fieses Abschlussbrett, das die Südbadener da auf den Messehallenboden zauberten. Die Fans sahen es genauso und freuten sich, dass es eine gemeinsame Tour mit Overkill geben soll. Recht so und gute Nacht!

Zurück am Zeltplatz wurde ein letztes Mal extrem gegrillt und gefreut, dass man dieses Jahr ein Teil des Festivals sein durfte. Das war trotz extremer Hitze sowie einigen Schauern wieder mal ein brillantes Festival. Ausgelassene immer freundliche Stimmung. Man hilft sich wo es geht, es wird geholfen. Ein lieb gewonnener Termin, der den Kalender des neuen Jahres als einer der ersten wieder blocken wird. Veranstalter Horst und seine Crew, Fans, Sonne, Regen und Bier, wir sehen uns zum BYH 2011 in alter Frische. Die Redaktion aus München freut sich heute schon. (Holgi: Nichts hinzuzufügen. So isses).
(Siebi)


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