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Bacio Di Tosca - Hälfte Des Lebens

Bacio Di Tosca - Hälfte Des Lebens
Stil: Symphonic Wave
VÖ: 05. Februar 2010
Zeit: 52:50
Label: Medusa Records
Homepage: www.bacio-di-tosca.de

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Aber natürlich ist es mehr als ein Wagnis einem Metal Mag die neuesten Kompositionen der Mezzosopranistin Dörthe Flemming unterzujubeln. Bacio di Tosca nennt sich das Projekt und Hälfte Des Lebens das Album. Zweites Risiko: zwar mag der Titel der Scheibe auf einem persönlichen Level stimmig erscheinen, aber mir ist es zu reißerisch, mit dem Namen des wohl bekanntesten Gedichts des (in meinen Augen) größten deutschen Dichters Friedrich Hölderlin hausieren zu gehen. Hieraus lässt sich schon ansatzweise erkennen, womit wir es auf dem Silberling zu tun bekommen: mit symphonisch musikalischen Untermalungen und so Interpretationen von Dichtungen, die zu einem großen Teil von Geistesgrößen aus dem 19. Jahrhundert stammen. "Symphonic Wave" nennt die Künstlerin selbst die Stilart, in der die Stücke gehalten sind.
Wir beginnen mit dem Meister des sarkastischen Wortes und des Lieds an sich Heinrich Heine und dessen Text "Das Herz ist mir bedrückt", das im elektronisch orchestralen Gewand dargeboten wird, so dass beim Hören kurze Assoziationen zum Liedgut der irren Alien Sex Fiend aufblitzen. Frau Flemming merkt man deutlich an, dass sie den Text stimmlich auslebt und das Arrangement nimmt sich interessant aus. ABER: mit Metal hat das nix aber auch rein gar nix zu tun. Die Vertonung von "Hälfte des Lebens" selbst sagt mir dagegen nicht zu, denn der diametrale Unterschied zwischen den in der Literaturwissenschaft fälschlicherweise immer noch als "Sommerstrophe" betitelten ersten sieben Verse und dem "winterlichen" Rest kommt genauso wenig zur Geltung wie die imaginäre Leerstelle zwischen den beiden Teilen des Gedichts.
Das Titelstück aus dem zweiten Buch des "Romanzero" - "Lamentationen" -, wieder von Heine, wird im Anschluss mit walzerhaften Barockklängen unterlegt, während Friedrich Theodor Vischers "Ist mancher so gegangen" sphärisch schwer, fast einem Kirchenlied gleich in Szene gesetzt wird. Lenaus "Himmelstrauer" (sorry, fürchterlicher Text, bis auf den Neologismus "schwermutmattes"!) lebt von der stimmigen Piano-Begleitung und der geschulten Stimme Flemmings. "Vergebens" von Felix Dörmann erinnert mich an frühe Das Ich!! Wobei diese spezielle Erinnerung mir eher unkomfortable Schauer bereitet.
In diesem Stile geht es weiter, mal gelungen wie in "Rückgedenken" und "Gestutzte Eiche" von Hermann Hesse und vor allem "Der Schmerz" von Lenau (besseres Stück des Dichters), mal weniger wie in "Reue" von Geibel und "Ich ... war ... einmal" von Otto Julius Bierbaum. Anfreunden kann ich mich mit den musikalischen Deutungsversuchen immer dann, wenn die von Jörg Knieschewski astrein produzierten Lieder im klassisch orchestralen Gewand daher kommen. Sobald aber Drum n' Bass regiert, wird der Ingrimm in mir wach.
So gefallen noch Mörikes "Verborgenheit" (ja, ja, nix mit Biedermann...) Glockenspiel-verziert und Hebbels Klassiker "Die Weihe der Nacht" - toll gesungen, toll umgesetzt, tolle Vorlage! Das "Cover" des Liedchens "Maria durch ein Dornwald ging" wirkt dagegen am Ende überflüssig.
Ich will mich nicht um eine Bewertung drücken und zücke vier Punkte, da erstens hier eine überragende Musikerin am Werk ist, zweitens ein Großteil der textlichen Vorlagen äquivalent und manchmal auch überraschend umgesetzt wurde, drittens dies aber nur für ein knappes Drittel der Nummern gilt und viertens der Versuch, das Gedicht "Häfte des Lebens" auf dem Cover visuell (Spiegelung: alt - jung) in Szene zu setzen oberflächlich wirkt. Ein gehöriger Blick über den Tellerrand hinaus wird hier für jeden, der metallische Kunst gewöhnt ist, vonnöten sein, um sich Zeitfensterchen zu öffnen, in denen er sich diese Platte zu Gemüte führen kann. Selbst schließe ich mit ein paar Versen aus Hölderlins "Chiron", Fragen stellend, die beim Hören aufleuchteten:
"Wo bist du, Nachdenkliches! Das immer muß / Zur Seite gehen, zu Zeiten, wo bist du, Licht? / Wohl ist das Herz wach, doch mir zürnt, mich / hemmt die erstaunende Nacht nun immer."

Fuxx

4 von 6 Punkten

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