Interview
Interview mit Reckless Tide (21.11.2006)
Mit Helleraser haben sich Reckless Tide in die Bundesliga der Thrashmetalbands gespielt. Selten zuvor verband ein Album so gekonnt die Moderne mit Old School. Und selten zuvor wurde diese Mixtur mit soviel Spaß und Esprit präsentiert wie hier. Dies alles macht Appetit auf mehr und lässt für die Zukunft der Hannoveraner nur Gutes hoffen. Wie Gitarrist Olli über die Entwicklung der Dinge und Zukünftiges denkt, könnt ihr in den folgenden Zeilen lesen.
HH: Erstmal Gratulation zu eurer neuen Scheibe, gefällt mir persönlich sehr gut. Wie sind die generellen Reaktionen bis dato denn so ausgefallen?
Olli: Grüß dich und schön zu hören, dass dir unsere Platte gefällt. Steckt eine Menge Zeit und Arbeit drinne und da freut es uns, wenn sich das auszahlt. Die Reaktionen sind bis jetzt fast durchweg gut bis sehr gut. Ich habe bis jetzt nur ganz wenige Reviews gefunden, die mit der Platte gar nichts anfangen konnten. Also generell "Daumen hoch" kann man sagen.
HH: Seid ihr selbst mit dem Ergebnis zufrieden oder gibt es mittlerweile schon etwas, das ihr ändern würdet?
Olli: Ich glaube, es gibt niemanden, der mit einer Platte zu 100% zufrieden ist. Mann findet immer wieder Songs oder den Sound, welchen man doch etwas anders hätte gestalten wollen. Aber wir sind mit dem Gesamt-Eindruck der Platte für uns in Sachen Songs und Sound einen Schritt weitergegangen und somit happy mit dem Endprodukt. Außerdem kann man dann noch Sachen für Platte Nr. drei verbessern. Ich finde auch unser knalliges neues Cover cooler als das von unserem Debüt. Also in allen Belangen einen druff gelegt.
HH: Die obligatorische Frage nach den Unterschieden zwischen der neuen Platte Helleraser und dem Vorgänger Repent Or Seal Your Fate darf natürlich auch nicht fehlen...
Olli: Die Songs sind durchdachter und effizienter umgesetzt als auf unserem Debut. Zudem herrscht diesmal mehr Abwechslung innerhalb der Platte und den Songs. Den Sound haben wir ebenfalls verbessert und etwas modernisiert ohne zu steril zu klingen. Die Einzelsounds finde ich ebenfalls gelungener. Auf das neue Cover bin ich ja schon eingegangen. Obwohl sich auf Repent Or Seal Your Fate für mich noch immer fünf bis sechs Knaller befinden, denke ich schon, dass Helleraser dem Hörer mehr zu bieten hat.
HH: Wie auf dem Vorgänger habt ihr erneut mit Jeff Waters zusammengearbeitet. Wie kam es zu diesem Kontakt und inwiefern beeinflusst oder fördert dies eure weitere Entwicklung?
Olli: Genau, Jeff hatte ja schon auf der letzten Platte zwei Soli für uns eingespielt. Und seit er mit seinen Jungs 2004 in Hannover war, ist man regelmäßig in Kontakt, um zu hören, wie es bei unseren Bands so läuft und was so anliegt. Mit ihm kam ich erstmalig persönlich 1999 In Kontakt auf der Criteria For A Black Widow-Tour. Unsere Entwicklung beeinflusste das jetzt nicht so unbedingt. Es war einfach cool ihn auf unsere Tracks zu packen und zu schauen, was passiert. War reiner Fun und ein kleines Sahnehäubchen. Außerdem laden wir gerne mal aus Spaß Gäste ein. Wie auch z.B. Hendrik Bache von Dew Scented oder Sabina Classen auf dem letzten Album.
HH: Mit welchen Musikern würdet ihr ansonsten gerne einmal zusammen arbeiten?
Olli: Hmm... da gibbet so viele. Gary Holt, Chuck Billy, Dave Mustaine, Peavy, Kai Hansen... Also die Liste kann lang werden.*g*
Der Song muss sich aber auch anbieten für den jeweiligen Musiker. Es macht nicht so viel Sinn einen Gast auf die Platte zu packen, wenn er da eigentlich nichts zu tun hat, oder das Material ihm nicht so entspricht. Soll ja auch demjenigen Spaß machen. Pures Namedropping können andere machen.
HH: Ich habe das Gefühl, dass euer Sound ein wenig kerniger und erdiger geworden ist. War das ein gewollter Prozess und wenn ja, was hat euch dazu veranlasst?
Olli: Ich denke, das hat damit zu tun, dass zum Einen die Songs spontaner und in einem kürzeren Zeitraum entstanden sind und zum Anderen, dass wir nach vielen Gigs besser wissen, Riffs und Hooks effizienter einzusetzen. Ich glaube, es ist die Mischung aus den beiden Faktoren. Der Prozess wird auch bei der nächsten Platte nicht anders sein, nur das man dann schon wieder neue Sachen zum verbessern weiß. HaHa.
HH: Verliere doch bitte einige Worte zu der Story hinter Helleraser.
Olli: Die Geschichte handelt in Kurzform von der Kämpferin Agatossa (Helleraser), welche von höheren Mächten ausgesandt worden ist, um alles Schlechte in der Hölle auszulöschen. Während sie seit Millionen von Jahren damit beschäftigt ist im Höllenschlund alles Üble zu bekämpfen, kommen ihr langsam Zweifel über ihre Aufgabe. Sie hört Geschichten über einen viel schlimmeren Ort, wo noch viel üblere Gestalten und Mächte ihr Unwesen treiben... auf der Erde. Insofern bekommt die Menschheit für ihr Handeln mal gehörig eins auf den Arsch gebraten.
HH: Was inspiriert euch generell beim Songwriting? Woher nehmt ihr eure teils abgedrehten Ideen?
Olli: Och, das kann vieles sein. Filme, Sachen die im Leben passieren, spontane Eingebung...
Keine Ahnung. Manchmal kommen einem halt besonders interessante Sachen in den Sinn. "Kleemähendeäbte" z.B. war bis auf das musikalische Gerüst ein Brainstorming-Tag im Studio. Wir haben die Parts gehört und einfach draufgepackt, was uns spontan eingefallen ist. Jaja, so sind wir halt.
HH: Ihr agiert mit zwei Sängern. Hat sich das zufällig ergeben oder war da von Anfang an ein geplantes Feature? Wie kommt ihr vor allem live damit an?
Olli: Das hatte sich einfach ergeben. Mit Andrew haben wir damals angefangen als RECKLESS TIDE gegründet wurde. Er kommt eher aus der Punk/Hardcore-Ecke und brachte ein dementsprechendes Organ mit. Ihm liegen somit die schnörkellosen Thrasher am Besten.
Auf der Insanity Or Reality-EP waren allerdings auch Songs dabei, die mit eher melodischen Refrains und Passagen bestückt waren. Da kam mir mein alter Kumpel Kjell in den Sinn, mit dem ich auch früher schon an einem Projekt gearbeitet hatte. Er hat eine variable Singstimme und so hatte ich ihn einfach gefragt, ob er nicht ein paar Backings bei den Songs einsingen möchte. Das war sozusagen der Anfang und allen gefiel es so gut, dass wir es als festes Element in unseren Sound gepackt haben. Am Anfang war es für einige Leute etwas befremdlich und es ist natürlich für eine Thrashband untypisch. Aber jetzt kann man sagen, dass uns viele Leute gerade wegen der zwei Stimmen cool finden und unsere damit verbundene Variabilität mögen.
HH: Apropos live. Ist hier etwas Größeres in Planung oder beschränkt ihr euch bei Auftritten auf euren Landstrich?
Olli: Es ist einiges geplant und wir wollen uns auf keinen Fall nur auf Deutschland beschränken. Ich denke, Anfang nächsten Jahres werden wir da schon mehr wissen. Stay tuned.
HH: Was wäre für dich das optimale Tourpackage mit dem ihr euch vorstellen könntet unterwegs zu sein?
Olli: Das kann man in zwei Kategorien packen. Einmal das persönliche Traumpackage für uns mit Slayer, Exodus und Testament oder, damit auch die Bude mal richtig voll wird, mit Killswitch Engage, Children of Bodom und Slipknot. Wir dürften mit unserem Sound in beiden Welten klar kommen.
HH: Als ihr mit der Musik im Allgemeinen und Metal im Speziellen angefangen habt, was waren damals eure Ziele?
Olli: Nun, für mich war das einfach erst mal den Schritt aus dem Proberaum zu machen und live auf der Bühne zu stehen. Viele Bands scheitern ja selbst daran schon. Dann natürlich einen Plattenvertrag und es auch schaffen seine Lieblingsmusiker und musikalische Idole auf die eigenen Stücke einladen zu können. Das haben wir schon ganz gut umsetzen können. Ein Plattenvertrag oder in Wacken zu spielen ist bestimmt der Traum einer jeden jungen Metalband.
HH: Inwiefern haben sich diese verändert und wo siehst du Reckless Tide in fünf Jahren?
Olli: Momentan sind wir sehr damit beschäftigt eine Toursupport zu ergattern. Da ist wohl schon Einiges in Bewegung. Anfang nächstes Jahr wissen wir da mehr. In fünf Jahren wären Reckless Tide knapp elf Jahre alt. Eine ziemlich lange Zeit. So weit kann man gar nicht planen in diesem schnelllebigen Geschäft. Vielleicht sind wir da schon ein richtig fester Bestandteil der deutschen Metalszene oder machen jeder für sich lukrative Party und Volksmusik *g*. So weit möchte ich wirklich noch gar nicht schauen. Wir sind im hier und jetzt und sehen zu, den Namen Reckless Tide mit unserer neuen Platte anständig an die Metalheads zu bringen.
HH: Ich werf dir jetzt ein paar Worte an den Kopf und du gibst jeweils kurz deinen Senf dazu ab. Bier
Olli: Andrews liebstes Lebensmittel. Hehe... Ich bevorzuge eher süffige Getränke der Marke Whiskey Cola oder Vodka O. In Sachen Bier dann eher ein Desperados.
HH: Hellraiser
Olli: Kulthorror von Clive Barker. Ich finde Teil 1-3 sehr gelungen wobei die Nachfolger für mich immer schlechter wurden. Natürlich ist unser kleiner Wortspielplattentitel Helleraser etwas davon abgeleitet.
HH: Drumcomputer
Olli: Running Wild. Mir fällt leider gleich diese Band dazu ein mit der schlaffen Victory und The Brotherhood. Meine Heroes der 80er und 90er. Leider kam nach der Rivalry nichts mehr, was mich umgehauen hat. Komm, Rolf!! Noch mal reinhauen!!
HH: Wacken
Olli: Für mich immer noch das beste Metalfestival mit vielen guten Bands jedes Jahr. Wenn das Billing richtig thrashig ausfällt, juble ich natürlich am meisten.
HH: Bücksex
Olli: Ja, ist auch bekannt. Haha.
HH: Wenn Helleraser ein Tier wäre, was wäre es?
Olli: Wahrscheinlich eine Mischung aus Löwe, Panther, Alligator und Gorilla.
HH: Danke für deine Zeit. Die letzten Worte gehören dir...
Olli: Vielen Dank an dem Interesse an uns und wir hoffen, dass allen Helleraser so gut gefällt wie uns.
See ya on tour and support the underground!!!
JR