12 Headbänga online
Suche:
20.04.2024 Feuerschwanz
21.04.2024 1914
21.04.2024 Feuerschwanz
21.04.2024 Crypta
22.04.2024 Darius Rucker
23.04.2024 Marduk
Reviews (10417)
Navigation
Artikel des Tages
Review:
Ashura

Interview:
Obscurity

Live-Bericht:
Knorkator

Video:
Izegrim
RSS RSS
Atom Atom
 

Konzert-Bericht

AC/DC

Olympiastadion, München 22.05.2015

Also eigentlich wollte ich ja gar nicht hingehen. Das war mir alles zu massenhaft und zu teuer (immerhin 100 Schleifen werden für das Ticket aufgerufen), außerdem ist es ja nur noch eine Rumpfmannschaft (sowohl Malcolm Young als auch Phil Rudd sind aus gesundheitlichen oder, ähem, rechtlichen Gründen verhindert) - aber vor allem saß mir immer noch der Auftritt beim Super Rock (der damaligen Variante der Monsters of Rock) 1991 quer, bei dem Meister Young durch ewiges Solo-Geknödel, dem sehr viel Spielzeit zum Opfer fiel, doch arg nervte und Brian Johnson sowohl in Sachen Stimmgewalt als auch Motivation nicht unbedingt sprühte. Aber dann schlug das Schicksal in doppelter Form zu: zunächst kursierte eine Setlist, die ganz einfach zum Niederknien animierte. Alles, und vor allem vieles, ist am Start auf dieser Tournee, offenkundig haben die in die Jahre gekommenen Herren verstanden, dass die Schlachtenbummler ein Feuerwerk sehen wollen und die neuen Scheiben zwar ja ganz nett aber eigentlich doch verzichtbar sind. Und, noch erschwerend: nachdem die Shows eigentlich ratz fatz ausverkauft waren, machten mich diverse Bekannte freundlicher- oder hinterhältigerweise darauf aufmerksam, dass für die zweite Ansetzung im doch durchaus geräumigen Olympiastadion noch Tickets verfügbar seien. Diese Zusammenschau der Umstände machte es mir dann doch unmöglich, von einem Besuch abzusehen - wobei es mich am Dienstag schon graute ob des Wetters: Dauerregen und Eiseskälte verhießen nichts Gutes.

Aber unverzagt marschierten wir dann eben doch am Donnerstag Richtung Austragungsort, eingepackt in eine wunderliche, eigentlich für andere Zwecke gedachte Joppe, und die erwies sich als zuträglich. Denn zu den Klängen der ersten Formation setzt der vermaledeite Regen wieder ein, was die schon um 18 Uhr durchaus zahlreich angereisten Herrschaften nicht sonderlich zu stören scheint. Also Blick ins Rund: vorne ist jetzt schon alles voll, ich ergattere gerade noch einen Platz am Mischpult, naja, hier gibt es ja erfahrungsgemäß guten Sound (richtige Annahme) und wenig Gerammel (falsche Annahme). Die Entwicklung der Kombo ist allerdings bemerkenswert, was der Opener schon zeigt: niemand anders als die Bayern 3-Band steht da auf den Brettern, und das mir... aber nicht anders ist es ja möglich, dass derartige Verkaufszahlen und Konzertreisen möglich sind: die Leute, die uns in den 80ern erklärt haben, das sei (wie auch Metallica) doch alles infantile Musik für einfache Geister, um sich flugs wieder Pink Floyd und Konsorten zuzuwenden, die bevölkern heute scharenweise die Ränge des Stadions und freuen sich auf die Hymnen, die sie einst belächelten. Späte Gerechtigkeit, oder Auszahlung des Kalküls, die Alben immer kommerzieller auszurichten?
Ist eigentlich auch egal, der zweite Opener Vintage Trouble sorgt zumindest für einen Farbtupfer, als Sänger Ty Taylor astreines James Brown-Flair versprüht. Zumindest kurzweilig sind sie, wenn auch nicht gerade passend. Der Regen hört irgendwann endlich auf, das Rund ist mittlerweile prall gefüllt. Es ist also angerichtet.

Dann findet die Warterei endlich ein Ende, um exakt 20:45 Uhr beginnt ein nettes Video, auf dem die Astronauten bei der Mondlandung 1969 plötzlich mit einem flammenden Meteor konfrontiert sind, der auf die Erde zujagt und dabei Stationen der Bandgeschichte passiert. History-Feeling kommt auf, es geht hier um eine Greatest Hits-Show, und das geht auch völlig in Ordnung. Aber den Einstieg machen sie mit "Rock Or Bust", einem typischen Stampfer, der eigentlich in erster Linie dazu dient, die Herren mal in Augenschein zu nehmen, was durch die riesigen Bildschirme bis ins uncharmante Detail möglich ist. Die Statisten lassen wir mal außen vor - Brian Johnson wirkt durchaus fit, ist deutlich agiler als seinerzeit 1991, seine Markenzeichen (Mütze und kräftige Oberarme) pflegt er offenbar redlich - und gesanglich klappt es heute auch. Geht also in Ordnung, und was macht der ewige Schuljunge, dessen Name hartnäckig falsch geschrieben wird? Der oft als Angus (wir wissen, er heißt natürlich eigentlich Agnus) bezeichnete, wohl bekannteste Gitarrist der Welt springt in rotem Samt-Kostümchen daher, kurze Hose, Krawatte, alles in bester Ordnung. Die Riffs stehen wie eine Eins, der Herr steppt über die Bühne wie man das kennt. Auch insgesamt haben die Herrschaften ein wichtiges Gesetz in unserem Metier verstanden: wir sind ja sehr flexibel, wenn alles exakt so ist wie es sein soll. Das ist es bislang, aber man feiert den Opener nicht gerade frenetisch ab, das Stadion ist eben nicht gerade ein Hexenkessel, und das Publikum auch nicht mehr ganz so wild. Anders zur Sache geht es dann schon bei "Shoot To Thrill", was soundtechnisch allerdings etwas zerfließt und von Brian stimmlich nicht ganz einwandfrei dargeboten ist. Egal, der Song macht Laune, und jetzt beginnt es bei mir langsam unangenehm zu werden: irgendein dickbauchiger, gutbürgerlicher Typ darf einmal in zehn Jahren von zu Hause weg und nutzt das, um herumzustänkern. Vollkommen unnötig, und mehr als einmal scharf an der Auseinandersetzung, vor allem als man auch noch einen Moshpit eröffnet. Spinnt ihr? Naja, wir distanzieren uns, weiter im Text mit dem alten Reißer "Hell Ain't A Bad Place To Be", und der kommt kompakt und überzeugend rüber, ebenso wie "Back In Black", das gehörig für Furore sorgt. Die Lightshow passt sich dabei geschickt farblich ins Geschehen ein (von rot beim Höllensong, monochrom beim nächsten), Angus wirft sein Jäckchen von sich - wunderbar. Wir halten fest: es geht flott von Song zu Song, keine sinnlos-endlosen Soli oder langgezogenen Song-Schlusspunkte - aber auch keinerlei Ansprache ans Publikum, außer ein paar Sätzen ganz am Anfang. Klar ist: das ist natürlich keine leidenschaftlicher Rausch, als ob es kein Morgen gäbe, aber das kann man billigerweise auch nicht erwarten. Aber es ist eine sehr beherzte Aufführung vieler Klassiker mit einer sehr liebevollen Inszenierung, die aufgrund der schieren Qualität der Nummern Freude macht. Das neue "Play Ball" geht in Ordnung, und bei "Dirty Deeds", "Thunderstruck" und "High Voltage" fliegt dann so richtig die Kuh. Leider auch neben mir, weshalb ich mich noch ein wenig weiter entferne. Nach dem Megaseller "Rock'n'Roll Train", den ich zuerst beim Friseur (!) im Radio (!) hörte (muss man nichts dazu sagen, oder? "Aces High" habe ich noch nie beim Haareschneiden vernommen...), senkt sich dann die allseits bekannte und beliebte Bimmelglocke herunter, die mir eben 1991 schon als Basis für einen durchschlagenden Scherz dienen musste (es gelang mir doch tatsächlich, einigen Umstehenden weiszumachen, es habe Probleme mit dem Glockenseil gegeben, weshalb der Song ausfallen müsse, die haben das echt geglaubt...). "Hell's Bells" läutete (gut, gell?) seinerzeit ja die Ära von Brian Johnson ein - und dafür macht er das gesanglich leider gar nicht mehr gut, das ist sicherlich einer der Schwachpunkte des Abends, selbst Textzeilen bringt er durcheinander, und auch auch soundtechnisch zerfließt das Stück ein wenig. Aber wir wollen da mal nicht so sein, nach dem neuen "Baptism By Fire" sorgt dann "You Shook Me All Night Long" für ausgelassene Party-Stimmung, die dann doch das ganze weite Rund erfasst. "Sin City" scheint zwar weniger bekannt, sorgt aber dennoch bei Kennern für wohliges Schauern, gleiches gilt für "Shot Down In Flames" und "Have A Drink On Me". Vollends zur Hymne gerät dann "T.N.T.", eben jedes Stückchen, was uns seinerzeit so oft als Beweis für die Eindimensionalität dieses Sounds vorgehalten wurde. Wie ironisch. Danach dürfen wir die größte, beste und auch beweglichste dralle Dame erleben, die wir je am Start hatten: die hinter der Bühne auftauchende Rosie sprengt ihr Korsett, trägt einen schicken Hut und wird von Dollarscheinen im Ausschnitt geziert. Absolut großes Kino, was dann noch von "Let There Be Rock" getoppt wird: videotechnisch von einem Ausflug in die Bandgeschichte - inklusive Bon Scott als Statue! - begleitet, kann Angus hier doch in einem gigantischen Solo brillieren, das dann Freude macht - komplett mit Hebebühne im Publikum, Umherzappeln auf dem Boden und Mitmachteil. Ok gut, in dieser Form geht das in Ordnung... Pause, aber jetzt wird alles blutrot, Angus erscheint mit Teufelshörnchen, und der mittlerweile zum Wies'n-, Geburtstags- und sogar Hochzeitsfeier(!!)-Hit avancierte "Highway To Hell" überzeugt durch seine schiere Präsenz. Zu guter Letzt fahren sie dann auch noch die ganz schweren Geschütze auf - und siehe da, "For Those About To Rock" gerät zum Highlight des Abends, von der feinen Atmosphäre des Anfangs-Stakkatos bis hin zum mächtigen, kanonenunterlegten Finale. Das war‘s, aus is, nach genau zwei Stunden ist die Messe gelesen, die Masse strömt aus dem Stadion, und wir sagen: einstudiert ist das, keine Frage, aber in der Form nehmen wir das allemal gerne. Wäre doch schade gewesen, nicht dabei zu sein.

Setlist AC/DC:
Rock Or Bust
Shoot To Thrill
Hell Ain't A Bad Place To Be
Back In Black
Play Ball
Dirty Deeds Done Dirt Cheap
Thunderstruck
High Voltage
Rock 'n' Roll Train
Hells Bells
Baptism By Fire
You Shook Me All Night Long
Sin City
Shot Down In Flames
Have A Drink On Me
T.N.T.
Whole Lotta Rosie
Let There Be Rock
---
Highway To Hell
For Those About to Rock (We Salute You)

Holgi

Zur Übersicht
Zur Hauptseite


© www.heavyhardes.de