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Konzert-Bericht

China, Room 77 & Delta Black

Paradox, Ingolstadt 20.05.2011

(Fotogalerie)

In Zeiten horrender Finanzkrisen, monetärer Unwägbarkeiten, exorbitant steigender Ticket-Preise und unbezahlbaren Kaffees muss und darf eine Lanze für solche Clubs und deren Personal gebrochen werden, die, trotz aller Widrigkeiten, regionalen Acts bzw. Bands, die einer nicht alle Tage in deutschen Landen auftreten sieht, die Möglichkeit geben, sich dem Metal Underground zu präsentieren. Allerdings muss derselbe dann auch mitspielen und schlichtweg diese Möglichkeiten wahrnehmen. Das Paradox in Ingolstadt ist eine solche Lokalität und am 20. Mai dieses Jahres, einem sonnigen Freitag, bot sich die Chance für alle Melodic Rock-, -Metal- oder Hard Rock-Begeisterten eben dort die Schweizer Szene-Urgesteine China nach langjähriger Abstinenz mal wieder live bei uns in Bayern zu erleben. Doch vorweg: mehr als 100 bis 120 Headbanger fanden sich an diesem herrlichen Frühlingstag nicht ein.
Kommt einer ohne Vorwissen am Paradox vorbei, dürfte er kaum in erster Linie auf einen im Keller des Cafes verborgenen Metal Club schließen, denn von außen wirkt der Laden eher wie eine Mischung aus Bistro und Eisdiele, doch nimmt man die Treppe nach unten, findet man sich in einer spartanisch, aber sehr gemütlich eingerichteten Heavy Metal-Höhle der alten Schule wieder, die gerade für solche Gigs wie den in diesen Zeilen beschriebenen ein optimales Ambiente zur Verfügung stellt. Der Rezensent trifft dort auf ein bunt gemischtes Publikum aus Veteranen, die beim Aufstieg von China in den 80ern schon live dabei waren, und jüngeren Metalheads. Bei letzterer Fraktion überwiegt eindeutig ein offen zur Schau getragenes Faible für den 80er Glam- und Sleaze Rock, wie sich unschwer an Frisuren a'la Nikki Sixx und Shirts von Skid Row, Poison, ja sogar Warrant erkennen lässt.
Von daher scheint der Boden auf optimale Art und Weise für die regionalen Newcomer Delta Black (aus Straubing) bereitet, die mit ihren im Schnitt achtzehn Lenzen auf der Bühne ein Bild abgeben wie einst Black N' Blue oder Pretty Boy Floyd (!) und angesichts ihres Alters einen recht amtlichen Gig, der zu zwei Dritteln aus Coverversionen bestand, ablieferten.
Delta Black
Vor allem Gitarrero Jake Charvette bewies bei "Crazy Train", dass er seinen Randy Rhoads bis zum Abwinken geübt haben muss, bzw. bei "It's Not Love" (Dokken), dass auch heutzutage das Gitarrenspiel eines George Lynch die Jugend noch in die richtigen Bahnen lenken kann. Allerdings sollten sich die Jungs für die Zukunft überlegen, sich solche Songs zur Wiederaufbereitung auszusuchen, die Frontman Dusty Diamond nicht eine Oktave tiefer singen muss, denn bspw. Maidens "The Prisoner" verkam so leider zur Farce; und Steel Panther nachzuspielen, wirkt letztlich auch weniger lässig. Die wenigen eigenen Stücke - "Party Meltdown", "Rock n' Roll Crazy Nights" (hoffe ich habe mich bei den Titeln nicht vertan) hingegen machten Laune auf mehr und "Talk Dirty To Me" (Poison) und "Eighteen" (Alice Cooper) passten dann auch zur Stimmlage Diamonds. Wenn die vier zusammen bleiben, dürfte man von Delta Black in den nächsten Jahren noch so manches zu hören bekommen.

Einen weitaus höheren Bekanntheitsgrad genießen schon seit Längerem Room 77 rund um die Brüder Markus (Voc.) und Andy Görlitz (Git.), die letztes Jahr sogar einen Slot im Vorprogramm von AC/DC auf dem Cannstatter Wasen ergattern konnten.
Room 77
Die Band auf die Musiker um den ehemaligen Bayern-Profi herum zu reduzieren, wäre völlig fehl am Platz, wenn auch die Aufmerksamkeit, die Andy Görlitz durch seine Zeit an der Säbener Straße bis heute bekommt, weder wegzudiskutieren, noch aller Wahrscheinlichkeit nach beim Aufbau seiner zweiten Karriere als Rock Musiker hinderlich ist. Room 77 pflegen einen Sound, der als Stilmix aus U2, The Killers, aber vor allem auch Fury In The Slaughterhouse beschrieben werden kann und Stücke wie "Hope", "Only One Way" oder "Different Views" sind echte Ohrwürmer, die ordentlich nach vorn rocken. Außerdem stellten sich Sänger Markus als gewiefter Fronter mit einer sehr angenehmen Stimme und die Jungs insgesamt beim Aftershow-Bierchen als recht lustige Gesellen heraus. Starker Auftritt.

Doch gewartet hatten alle Anwesenden selbstredend auf den Hauptact und schon bevor Eric St. Michaels (Voc.), Beat Kofmehl (Bass), Billy La Pietra (Drums), Mack Schildknecht (Git.) und Bandgründer und Gitarrenhexer in Personalunion Claudio Matteo die Bühne betraten, wurden "China, China"-Sprechchöre laut. Die Band startete in ihr fast zweistündiges Set mit dem Titelsong ihres neuesten Outputs "Light Up The Dark" und wie schon für die Vorbands geltend darf gesagt werden, dass der Sound im Paradox druckvoll und wohl temperiert aus den Boxen donnerte.
China
Die erste Überraschung folgte mit "Can't Call It Working", das nur als Bonustrack auf dem Re-Release des neuen Silberlings zu finden ist, und daher eventuell nicht allen im Publikum bekannt gewesen sein dürfte. Das galt allerdings in keinster Weise für den nächsten Song: "Dead Lights", der Opener vom 89er Götteralbum Sign In The Sky, der die Party (auch von Wenigen kann eine solche veranstaltet werden) erst richtig in Gang brachte. Erstaunlich, wie gut in Form sich St. Michaels Stimmbänder erwiesen. Am Shouter, der bereits auf dem 91er Album Go All The Way zu hören war, schien der Zahn der Zeit kaum genagt zu haben, denn auch was seine Agilität (die nur noch vom Jüngsten in der Band Mack Schildknecht getoppt wurde, der sich wie selbstverständlich ins 80er-Gefüge einbrachte) anbelangte, kann ihm keiner einen Vorwurf machen. Nach "Lay Down" (von Natural Groove) folgte einer der stärksten Tracks von Light Up The Dark: die schmissige Good-Time-Hymne "Lonely Rider" und danach der 80er Hit "Shout It Out" vom Debut, bei dem nicht nur der Rezensent der im Titel nieder gelegten Aufforderung Folge leistete.
China
Das anschließende neue "Trapped In The City" hielt die Stimmung hoch und stellte sich als echte Live-Granate heraus, was man allerdings vom darauf folgenden "She's So Hot" nicht unbedingt sagen konnte. Und an diesem Punkt angelangt muss ein wenig gekrittelt werden. Klar: der Fokus lag auf dem neuen Material und die meisten Bands zocken lieber ihre frischen Kompositionen als die alten Gassenhauer; dass jedoch in der Setlist lediglich je zwei Songs vom Debut und von Sign In The Sky auftauchten und unglaublicherweise die Klasse-Scheibe Go All The Way gänzlich vernachlässigt wurde, erzeugte zumindest bei mit ein wenig Stirnerunzeln. Der Überhit "In The Middle Of The Night" und das unkaputtbare "Rock City" wurden auf alle Fälle gebracht und Matteo ließ sich sogar dazu hinreißen, das lautstark geforderte "Back To You" kurz akustisch anzuspielen (geiler Moment). Des Weiteren gefielen allen voran die Ballade "Gates Of Heaven" zu der St. Michaels selbst zur Akustischen griff, das Van Halen-Cover "Ain't Talkin' Bout Love" (plus coolem Gitarrensolo des Meisters Matteo) und das finale Medley aus "Proud Mary", "Stay" und "Flesh And Bone".
China
China muss hoch angerechnet werden, dass sie trotz des spärlichen Zuschauerzuspruchs auf der Bühne alles gaben und sich nach der Show noch unters Volk mischten, um mit den Fans über die alten und neuen metallischen Zeiten zu diskutieren. Auch an der Performance selbst gab es nichts auszusetzen. Jedem/jeder wurde deutlich gemacht, dass er/sie es hier mit einer vorzüglich aufeinander eingespielten Band zu tun hat, deren außergewöhnliche musikalische Klasse auch endlich wieder in deutschen Landen bewundert werden durfte, aber gerade wegen der langen Abstinenz schmerzte das Fehlen solcher Übersongs wie "She Did A Real Good Job", "Medicine Man", "The Fight Is On" und natürlich "Sign In The Sky" doch sehr. Dennoch darf ich von einem gelungenen Abend sprechen und die Hoffnung äußern, dass wir die sympathischen Schweizer in nächster Zukunft wieder öfter zu Gesicht bekommen. Schließen möchte ich jedoch mit der Aufforderung an alle Hard Rocker: Unterstützt den Underground und solche Clubs wie das Paradox. Demnächst treten da Rhino Bucket (15.6. mit Scandal) und im September gar Forbidden auf.

Setlist China:
Light Up The Dark
Can't Call It Working
Dead Lights
Lay Down
Lonely Rider
Shout It Out
Trapped In The City
She's So Hot
Ain't Talkin' Bout Love
Gates Of Heaven
Rock City
In The Middle Of The Night
Deadly Sweet
Girl On The Screen
All I Do Is Wait
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Bad Case
Rhythm Of The Flame
Proud Mary/Stay/Flesh And Bone

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