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Konzert-Bericht

G'schmach

Westtorhalle, Riedhausen/Murnau 19.03.2011

Ja, dass der gute Holgi euch manchmal Amüsantes, bisweilen Absonderliches zur Kenntnis bringt, das wisst ihr ja schon. Aber den Leckerbissen, der euch dieses Mal erwartet, der hatte wahrlich epische Qualitäten. Die entfalteten sich teilweise bereits während des Events, aber insbesondere danach, und hier fängt jetzt euer Pech an: davon werde ich natürlich nicht berichten. Das hättet ihr wohl gerne.

Nein, wir konzentrieren uns auf den musikalischen Part, und schon der hatte es in sich. Zu bestaunen gab es nämlich die Lokalkombo G'schmach, die zumindest in Teilen aus der ehemaligen Metal-Formation Infernation hervorging, die 2008 im Rahmen des Rage Band Contests selbst unsere ja durchaus nicht unkritische Chefredakteurin vollauf begeistern konnten.
Nach internen Querelen, die ich nicht näher ergründen konnte und wollte, im Rahmen derer sich der Fronter wohl Profiallüren hingab, rissen einige ehemalige Infernaliker, darunter Schlagwerker Florian Ampenberger das musikalische Ruder herum, schlossen sich dem Akustik-Projekt von Martin Lehmer (ehemals Bassist bei Infernation) und Franz Moroder an und kredenzen nun gänzlich andere Kost. Nämlich einen bunten Reigen aus akustischen Melodien, die sich schwerpunktmäßig um das Schaffen diverser deutsch- und österreichisch-sprachiger Musikanten ranken. Es nutzt nichts mehr, drum herumzureden, geboten werden Songs von STS und den als Austria 3 bekannten Herrschaften Ambros, Fendrich und Danzer. Aber da der Holgi ja immer schon ein Ohr für feine Melodien hatte (und für Einladungen empfänglich ist, ist ja gut), sind wir mal geneigt. Nehmen wir es vorweg, es galt das Motto von Ado mit der Goldkante: es lohnt sich.

Austragungsort ist die Westtorhalle im lauschigen Murnau am Staffelsee, das an sich schon eine Reise wert ist - immerhin benannte sich ein gewisser Herr Friedrich Wilhelm Plumpe flugs nach diesem Ort, bevor er einige nicht gänzlich unbedeutende, seien wir doch ehrlich unsterbliche deutsche Filmklassiker schuf (Nosferatu. Faust. So ohne Ton und den ganzen Schmarrn. Wers nicht kennt: anschauen. Und Ruhe, da wird nicht diskutiert). Halle ist zwar ein wenig übertrieben, das Ganze ist eine größere Kneipe, aber mit Biergartenbestuhlung um dem einen oder anderen verlorenen Sofa genau das Richtige für den Event, den sich insgesamt zweihundert Schlachtenbummler mit wachsender Begeisterung zu Gemüte führen.
Der mit einem feinen Intro anfängt, das gleich den passenden Ton setzt: die drei Weisen aus dem Morgenland setzen sich da mit Brians Mutter auseinander ("wir folgten einem Stern!" - "Sternhagelvoll seid ihr!!"), bevor der Monaco Franze sich mit der Polizeistreife auseinandersetzt, dass er ja nur diverse Weine, Schäpse, Biere usw. intus hätte. Dann betreten die Protagonisten die Bühne, einer der Herren Gitarristen adrett mit Beatsteaks-Hut, der zum Sitztrommler (Cajon) mutierte Florian Ampenberger setzt zumindest kleidungstechnisch mit einem Jamey Jasta-Shirt eine kleine Reminiszenz in die härtere Gangart. Los geht die Sause mit "Wir woll'n doch nur spielen", einer feinen, ironischen Version des gleichnamigen Schlagers der pseudo-Chansoniere Annett (das "e" hat sie offenbar einmal aus Geldnot verkauft) Louisan. In dieser Version durchaus hörbar. Zu konstatieren ist ein tighter Sound, sehr gute Gesangsharmonien und durchaus parodistische Züge, die auch das fachfremdeste Material amüsant und verdaulich machen. Mit viel Schmäh führen G'schmach (als Fremdsprachenkundler lass ich mich natürlich aufklären: langsam, bedächtig, gschmach eben, sagt man mir zumindest, so hieße das) dann durchs Programm, mit launigen Ansagen, wo auch locker mal Muttern und Oma begrüßt werden, die natürlich auch angereist sind. Sehr nett! Auch andere Perlen der Lagerfeuermusik kommen zu Ehren, wie etwa "Bad Moon Rising", das mit seinen überschaubaren, aber zutiefst effektiven Akkordfolgen zumindest mich wohlig an die eigene Schrammelzeit erinnert - und daran, dass ich endlich wieder mal American Werewolf anschauen muss. Lokalmatadoren dürfen natürlich auch nicht fehlen - also muss ich wohl oder übel durch die Germeringer Sportkollegen Stiller waten, aber das geht schließlich auch vorbei. Mittlerweile gerät die durchaus zahlreiche angereiste holde Weiblichkeit (ist es etwa das Weißbier, welches spricht?) in zunehmende Verzückung ob des nach wiederholten Aussagen "Sängerschnuckels", was ich aufgrund mangelnder Urteilsfähigkeit und -willigkeit ausdrücklich nur berichte und nicht werten möchte. Im Verlauf des Abends werden die Ansagen immer cooler, ausgepackt werden Wolfgang Ambros ("Langsam wachs ma zamm"), Billy Joel ("Piano Man" - auch wenn einige Verwirrte standhaft behaupten, der Urheber dieses Klassikers sei Billy Idol) mitsamt Harmonika-Einsatz, die alten Haudegen The Kinks ("Death Of A Clown") und dann auch das durchaus anrührende und für die Gelegenheit fast schon zu melancholische "I hab di leben g'sehn" der Ösi-Rocker STS, die zugegebenermaßen schon immer deutlich mehr auf Lager hatten als den abgenudelten Fürstenfeld-Heuler. Mittlerweile eskaliert die Lage im Publikum allerdings zusehends, zur nächsten Ambros-Nummer legen sich dann die ersten Ausdruckstänzer so massiv ins Zeug, dass es eine Art hat. Die Fendrich-Einlage "Tango Korrupti" wird (oder auch nicht, das habe ich vor lauter bayrischem Genuschel dann nicht mehr ganz verstanden) dem italienischen Cavaliere gewidmet, bevor es mit "Proud Mary" eine weitere wohlige Reminiszenz an meine eigenen Zupfhansl-Zeiten gibt. Sehr schön. Wo war hier noch mal der H-Moll untergebracht... muss ich mal wieder nachschauen. Völlig enthemmt werfen sich die ersten jungen Leute dann, geradezu mit nacktem Oberkörper, zu STSens "Geht's da guad, Oida" in die erste Reihe. Mit "Mrs Robinson" werden natürlich die unzweifelhaften Könige der Akustik-Sausen bedacht, und der feine zugehörige Satz des Reifeprüflings Dustin Hofmann zu Anne Bancroft ("Mrs Robinson, I think you're trying to seduce me") passt irgendwie auch heute, auch wenn die Altersverhältnisse manchmal verdreht sind. Ganz allein für mich spielen sie dann tatsächlich auch noch "Wonderwall", das wieder einmal zeigt, wie unglaublich genial die Gallagher-Brüder waren, bevor sie dem Größenwahn anheim fielen. Der Zeltlager-Kracher "Streets Of London" wird gefolgt von Fendrichs "Schickeria" (der Kerl war ja mal lustig), und dann quält man mich leider doch noch ganz erheblich mit Pink Floyd ("Wish You Were Here") - kein Wunder, dass man da noch ein (übrigens ganz vorzügliches) Weißbier braucht. Vollends kein Halten gibt es dann mehr, als auch der alte Möchtegern-Anarcho Hans Söllner mit seiner tatsächlich witzigen Kifferhymne "Marihuanabam" berücksichtigt wird. Ah, genau, die haben noch gefehlt: die alten Renner von der Spider Murphy Gang werden mit "Sommer in der Stadt" ausgebuddelt (ich behaupte nach wie vor, dass man da staunend vernehmen kann, der Sänger liege high auf einem Rhinozeros, auch wenn man mich dann stets zurechtweist, der meine den Monopteros).
So geht der fröhliche Reigen stetig weiter, man erzählt, singt und lacht - das einzige, was fehlt, ist das Lagerfeuer, das uns der Veranstaltungshinweis versprochen hatte. Vermutlich hatte die Murnauer Feuerwehr dagegen dann doch etwas einzuwenden. Fest steht, dass G'schmach in jedem Fall die Reise wert waren. Gerne wieder! Mit was und vor allem wann das fröhliche Geschehen aufhört, entzieht sich allerdings leider meiner Kenntnis, denn... aber genau das werde ich euch ja, wie eingangs erwähnt, ganz bestimmt nicht erzählen.

Holgi

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