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Festival-Bericht

Waldstock Open Air

mit The Mighty Roars, Boys In A Band, Schwefelgelb, The Honey Machine, Das Frisbee Maul, Enno Palucca & The Ring Twins, Jetzt Noch... & A-crid

Schlossberg Pegnitz, Pegnitz 11.07.2009

Bereits in die 16. Runde geht das Pegnitzer Waldstock Festival am Samstag, den 11. Juli. Und da ich mich noch gut daran erinnern kann, als diese heutige Kultveranstaltung aus der Taufe gehoben wurde, versteht es sich von selbst, dass ich dort vorbei schaue, wenn ich schon mal in der Gegen bin. Grund zur Unruhe hatten die Initiatoren, der Waldstock e.V., denn in der letzten Woche war kein Tag dabei, an dem es nicht geregnet hatte. Auch das Kabarett, das gestern hier im Freien hatte stattfinden sollen, musste kurzerhand in die Stadthalle verlegt werden. Doch manchmal hat man eben auch Glück, denn das Wetter hielt, war zwar kalt, aber weitgehend regenfrei.

Für alle, denen dieses Tagesfestival mit dem Slogan "Umsonst und Draußen" noch nicht geläufig sein sollte, sei die Lokalität kurz beschrieben, denn sie ist der große Trumpf des Waldstock. Auf halber Höhe des Pegnitzer Schlossbergs, auf dem einst die Burg Böheimstein thronte, befindet sich - mitten im Wald - eine große Festwiese mit anschließender Tribüne. Auf mehreren Geländeterrassen findet der Besucher unter dem Schutz alter Bäume zahllose Sitzgelegenheiten und Verkaufsstände, die fürs leibliche Wohl traditionell Fränkisches aber auch Döner und Crepes bereithalten. Ein besseres Ambiente kann einem Festival doch nicht geboten werden. Und weil dem so ist, finden sich jedes Jahr aufs Neue zahllose Gäste ein, die ihre Heimatstadt längst verlassen haben, um sich hier oben mit diversen Bekannten aus alten Tagen zu treffen.

Um 14:00 Uhr startet das musikalische Programm mit A-Crid. Ich bin schon etwas früher da und eile auch gleich zum Bierausschank, denn so ein Aufstieg von gefühlten 4.385 Metern macht doch mächtig durstig. Ein gepflegtes "Allmächdd!" oder vielleicht sogar "Allmächddla-Nah!" mag dem Franken durch die Oberstube pfeifen, wenn er erstmal den Bierpreis von satten 3 Euronen 'derschmeggd' hat. Aber dafür ist ja der Eintritt frei, der in Anbetracht des internationalen Line-Ups auch ebenso gut 20 Flocken betragen könnte. Also alles im grünen Bereich und nichts wie her mit dem feinen Gebräu!

Die Bayreuther A-Crid haben wahrlich kein leichtes Spiel, denn um diese Uhrzeit hat noch kaum jemand den Berg erklommen und so müssen sie die Angelegenheit wohl zwangsläufig als eine Art Festivalprobe betrachten. Schade, dass sowenig Leute da sind, denn die Bayreuther sind mit ihrem elektronischen Dark Metal definitiv der Exot und zugleich härteste Kapelle des Tages. Mich können die düster rockenden Nummern mit ihren eingängigen Refrains auf jeden Fall durchweg überzeugen und so entpuppen sich die fünf Herren um Frontdame Janett als echte Überraschung, auch wenn noch nicht jeder Ton präzise sitzt. Gerade die Percussions machen im Vergleich zur Studioaufnahme ordentlich was her, denn wann bekommt man schon eine Band mit zwei Schlagwerkern zu Gesicht. Lediglich der Sänger, der als Gegenpol zu Janetts Gesang ordentlich ins Mikro brüllt, will mit seiner Performance noch nicht so ganz ins Konzept der Truppe passen. Offensichtlich stammt der stimmlich gewaltige Kerl aus der Deathcore-Ecke und das sieht man auch.

Den folgenden Musikanten von Jetzt noch..., dem Nachfolgeprojekt der Bayreuther Band Lisastahl, geht es mit ihrem Indie-Rock leider nicht viel anders, als eben noch A-Crid. Nach wie vor haben sich bislang kaum Gäste eingefunden. Die wenigen Anwesenden befinden sich in sicherer Bühnenentfernung auf den Rängen, während auf der Festwiese eine gähnende Leere herrscht. Daraus sollte man seine Lehre ziehen und fragen, ob das musikalische Programm auch in Zukunft schon so früh zu starten ist. Hat ja schließlich keiner was davon.

Das Dilemma setzt sich sogar um eine weitere Runde fort, denn auch Enno Palucca & The Ring Twins haben es nicht gerade leicht. Der Schlossberg wird zwar allmählich menschenreicher und auch vor der Bühne haben sich einige Musikfans auf mitgebrachten Decken gemütlich eingerichtet, um die wenigen Sonnenstrahlen zu genießen, aber Stimmung will deswegen noch keine aufkommen. Dafür können sich die Fürther Mannen den ehrlich verdienten Preis für die deppertsten Kommentare zwischen ihren Nummern mit nachhause nehmen, wobei Phrasen der Marke "Habt euch alle lieb" durchaus den Geist der Veranstaltung einwenig widerspiegeln. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Musiker mit ihren poppigen Tönen gerade mal den Anstandsapplaus der Anwesenden ernten können.

Nun ist es auch für mich an der Zeit, ein wenig die Runde zu drehen, daher verpasse ich die Bamberger Punkrocker Das Frisbee Maul - schon der Bandname schreckt mich irgendwie ab  Aber es ist doch schön, dass man neben vielen alten Bekannten auf zwei Beinen sogar dem einen oder anderen Flüssigfreund nach langer Zeit wieder begegnet. Ich kann mir den Namen dieses alkoholischen Gesöffs einfach nicht merken, das da mit Tabasko angereichert in Reagenzgläsern den Barbesuchern verabreicht wird. Aber wer aufs Waldstock geht, kommt um diesen Zaubertrank eh nicht rum. Den entstanden Brand gilt es natürlich sogleich mit der mittlerweile *räusper* Halben Vollbier zu löschen. Gesagt, getan, und weil es so schön ist, bleib ich auch gleich noch ne Weile in der Bar.

Daher kann ich auch nur von der zweiten Gighälfte der Nürnberger Band The Honey Machine berichten. Mit ihren 60er Klängen ebnen sie den Weg für das, was noch kommen soll. Mich persönlich können diese Noten zwar nicht vom Hocker reißen, aber vor der Bühne ist mittlerweile doch einiges an Bewegung in die nunmehr dichter stehenden Reihen gekommen. Die Musikfreunde beginnen ausgelassen zu tanzen und fordern die Band sogar für eine Zugabe zurück auf die Bühne. So soll es sein!

Es ist kurz nach 20:00 Uhr, als die Mittelfranken das Podium verlassen. Das Wetter hat sich wieder verschlechtert und auch ein kurzer Regenschauer bleibt nicht aus, aber das tut der mittlerweile aufkeimenden Stimmung nun keinen Abbruch mehr. Immerhin sind es zurzeit ca. 2.000 Besucher, die den Schlossberg bevölkern. Das hat wohl auch einen Grund, denn eigentlich sollte mit Boys In A Band von den Färöer Inseln der erste internationale Gast die Bühne betreten. Doch nachdem sie am Zoll festgehalten wurden, haben sie nun offenbar auch noch Probleme, das Szenario zu finden, was in der Tat nicht unbedingt einfach für einen Auswärtigen ist. Die Bretter, die die Welt bedeuten, bleiben kurze Zeit also verwaist. Doch nicht lange, denn schon steht mit einem etwa fünfjährigen Mädel eine Improvisationskünstlerin dort oben und gibt vor aktivem Mikro "Alle meine Entchen" in abgewandelter Form und mehreren Strophen zum Besten. Bei ihr schwimmt besagtes Federvieh nämlich nicht im See, sondern im Klosett und verschwindet auch ruckzuck wieder, wenn man erst einmal die Spülung betätigt hat. Einen amtlichen Applaus kann die kleine Lady für ihre Darbietung ernten. Von solcher Anerkennung konnten die ersten Bands des Tages nur träumen.

Nach ca. 30 Minuten Verspätung ereichen schließlich doch noch die Jungs von der nordischen Inselgruppe das Waldstock, und mit ihrem Auftritt erlebt die Stimmung eine deutliche Wende. Ganz nach dem Motto "The King is alive!" schmettern die ausgeflippten Jungs ihren fetzigen Happy Rock 'n ' Roll aus den Boxen. Allerhand bekannte Zutaten der 60er und 70er in modernem Gewand und mit massig Synthesizer im Stil einer Hammondorgel unterlegt bringen diese Herrschaften die Stimmung nun endlich zum Brodeln. Überall wird getanzt und sogar eine Art Light-Version eines Moshpits tut sich unter den jüngeren Besuchern vor der Bühne auf, während in den hinteren Reihen fleißig die Luftgitarre geschwungen wird. Natürlich lassen sich die Insulaner nicht lange bitten und kommen nach gut einer Stunde noch einmal für eine zünftige Zugabe zurück. Wenn mich nicht alles täuscht, wird man auch hierzulande von dieser Truppe noch öfter zu hören bekommen. Der Gig auf dem Schlossberg hat sich für sie definitiv gelohnt.

Mit der nächsten Kapelle wird es nun noch einmal eine Spur härter: The Mighty Roars aus London verhindern mit ihrem flotten Punk 'n' Roll ein Abkühlen der Muskulatur und halten die Besucher weiter auf Trab. Besonders die attraktive Sängerin / Bassistin Lara Granqvist aus Schweden zieht mit Polizeimütze und tief über die Schultern gezogenes T-Shirt die Blicke auf sich und dirigiert die Fans mit dem kleinen Finger, spätestens nachdem sie sich in deutscher Sprache der Audienz als Waldpolizei vorgestellt hat. Die Songs machen natürlich auch richtig Spaß - diese Band könnte man sich im Vorprogramm von Motörhead lebhaft vorstellen. Der Fun-Pit hält also länger an und zwar von der ersten bis zur letzten Note des etwa eineinhalbstündigen Sets. Ich muss zusehen, wo ich ein Album der Band erstehen kann und bin mir sicher, dass sie mit diesem Auftritt nicht nur mich als neuen Fan gewinnen können.

Es steht noch eine Band aus, und zwar das Berliner Elektropop-Duo Schwefelgelb, doch ist es für mich allmählich an der Zeit die Segel zu setzten. Schließlich erwartet mich morgen eine lange Fahrt auf dem Motorrad, für die man fit sein sollte. Wem sich in den kommenden Jahren die Gelegenheit bietet, dem Waldstock einen Besuch abzustatten, sollte diese auch am Schopf ergreifen - es lohnt sich wirklich. Nähere Infos rund um die Veranstaltung findet man unter: www.waldstock.de, wo in Kürze auch eine Bildergalerie eingerichtet wird.

Dagger

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