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Konzert-Bericht

Saxon, Masterplan & Hellfueled

Elserhalle, München 14.04.2007

Saxon sind live das, was man landläufig eine Bank nennt. Es gilt: immer zuverlässige Qualität, nie Abzocke, immer ehrlich und mit Schwung - also das Zuschauererlebnis, das man bei meinen Landsleuten als "ned Abribbe lasse" bezeichnet. Wenn dann auch noch ein hervorragends Album wie The Inner Sanctum zu Buche steht, dann pilgern wir natürlich gerne zur neuesten Night Out With The Boys.

Bevor man Biff und Kollegen bewundern darf, stehen allerdings zunächst Hellfueled auf dem Programm. Selbiges ist für die Schreiberlinge allerdings recht kurz, da die Kombo schon um 19:30 Uhr die Bretter in der bis zu diesem Zeitpunkt noch recht übersichtlich gefüllten Georg Elser Halle entert. Wer wie wir erst kurz nach acht eintrudelt, erlebt grade mal noch den letzten Song "Midnight Lady", der allerdings schon in sehr transparentem Sound erstrahlt. Verbuchen wir das mal auf der Plus-Seite.

Auf die Recken von Masterplan, die als weitere Dreingabe auf der Gastspielreise unterwegs sind, darf man schon wegen personeller Aspekte gespannt sein. Neben Drum-Neuzugang Mike Terrana, der bekanntlich bislang bei Rage die Felle gerbte, richten sich die Augen vor allem auf Mikro-Beschwörer Mike Dimeo, den ehemaligen Fronter von Riot, der nun bei Masterplan den Sangesjob von Jorn Lande an sich genommen hat. Und siehe da, Herr Dimeo (zur beinahe-Namensgleichheit zu einem gewissen Kollegen kann er ja nix) hat zwar kein Haar auf dem Kopf, zaubert aber eine astreine Sangesleistung aufs Parkett, die er durch kompetentes Wedeln mit dem Mikroständer unterstreicht. Ob das nun Stücke vom aktuellen Studiowerk MK II sind ("Take Me Over", "Kind Hearted Light") oder die Masterplan-Klassiker wie "Enlighten Me": die Band klingt trotz neuer Aufstellung frisch und tight. Mitbegründer Roland Grapow zockt entspannt und ohne große Pose ein feines Riff nach dem anderen aus dem Ärmel, aber Blickfang ist Mike Terrana, der seinem Ruf als Muppet-Animal einmal mehr gerecht wird. Schon erstaunlich, mit welcher Inbrunst dieser Herr das Set verdrischt. Selbst das kurze Drumsolo - üblicherweise unnötig wie ein Bierwärmer - gerät hier zur kurzweiligen Kraftmeierei. Fetten Respekt. Schöner Set mit ordentlicher Spielzeit (45 Minuten), der durch ebenso guten Sound gefällt.

Dann aber ran an den Speck beziehungsweise die Sause. Als Saxon ganz locker die Bühne betreten, macht sich das wohlige Gefühl breit, heute abend hier genau richtig zu sein - wie jeder in der Halle, der 1982 die Platte (!) Wheels Of Steel beim heute lange untergegangenen Warenladen Berhart kaufte. Biff erscheint wie immer schlohweiß und in langem Militärmantel, Paul Quinn ("We call him the Mighty Quinn!") hat wie immer ein Fußballshirt an und sieht mit getrimmtem Bart und Brille immer mehr aus wie ein Sozialkundestudent im 20. Semester, und auch an Nigel Glockler, dem wiedergekehrten Ur-Drummer, sind die Jahre nicht spurlos vorbeigegangen. Aber das ist wurscht, als sie mit "State Of Grace", dem zugegebenermaßen etwas schwachen Opener des neuen Albums, und mit der flotten Folgenummer "Let Me Feel Your Power" in den Set einsteigen. Die Stimmung ist gut, die mitgereisten Koredakteure sind aus dem Häuschen: hier stimmt Sound, Darbietung und Rahmen. Als Biff dann verkündet "This is an old song", kommt richtig Freunde auf, denn es setzt den "Motorcycle Man", komplett mit schmissigem Pfeifen ins Mikro. Hossa, das macht Laune. Danach verhaspelt sich Biff (an diesem Abend nicht zum letzten Mal) - "this ist the new single from the Innocence..." und weg schmeißt er sich vor Lachen. Inner Sanctum heißt eure neue Platte, mein Freund, Innocence Is No Excuse ist aus den seligen 80ern. Das macht aber nichts, es folgt "If I Was You", ein Song, bei dessen Download man automatisch für eine wohltätige Stiftung für Opfer von Waffengewalt spendet, was uns Biff auch wissen lässt.
Mit "Strong Arm Of The Law" macht sich dann endgültig die wohlige Erinnerung an den Mono-Märchenplattenspieler breit, auf dem man diesen Scheiben zuerst lauschte. Die Menge honoriert das mit lautstarken Zustimmungsbekundungen, die sich auch bei "Great White Buffalo" von Dogs Of War fortsetzen, ein Stück, das die Jungs live schon länger nicht mehr im Set hatten. Bei der üblichen Frage "Do you want a fast song" verhaspelt sich Biff wieder komplett, aber die Freude am Speedy "20,000 Feet" kann das nicht schmälern. Klar ist das keine hohe Riffkunst, hier gibt es keine Kabinettstückchen, aber der Spaßfaktor ist enorm, so viel steht fest. Mit "Travellers In Time" gibt es eine Nummer von Metalhead, wo Saxon nach eigenen Worten die dunkleren Seiten erschließen wollte - insgesamt weniger mein Ding. Danach gibt es aber den Titel-Track der kommenden DVD ("no idea when it's coming out"), und beim folgenden "To Hell And Back Again" gerät ein Sympathisant so aus dem Häuschen, dass er dem aufmerksamen Schreiberling ins Kreuz springt. Nun ja, wir sehen drüber weg, denn, wie Biff sagt, "this is some 80s Heavy Metal!". Jawohl, so ist's. Weiter geht's mit dem feinen, wenn auch etwas sperrigeren Kommunismus-Abgesang "Red Star Falling" von The Inner Sanctum, bevor mit "We Will Remember" der Tribut an die "friends who have passed to the other side" folgt. Sehr feines Stück!
Mittlerweile haben sich die Temperaturen Sauna-Verhältnissen angenähert, was auch Biff feststellt: "It's getting hot - I can tell, because my hair looks like shit", stellt er launig fest. Gleichzeitig fordert er uns auf, uns nicht hängen zu lassen - immerhin hat Frankfurt gestern schon eine ordentliche Schau geliefert. Ich kann mir's gut vorstellen - und das lässt sich der mitgereiste Koredakteur nicht zwei Mal sagen und reißt sich beim folgenden "Princess Of The Night" vor Begeisterung das Leibchen herunter. Immer wieder ein Erfolgsgarant, kommt der Opener von Denim And Leather auch dieses Mal als absolute Granate, getrieben vom Stakkato-Riff von Paul Quinn und dem wunderbaren Text über die Dampflok, die die Post bringt. The 80s rocked!, kann man da nur sagen. Dann endlich das balladeske Gitarrenintro, auf das offenbar die halbe Halle wartet: Hurra, es ist Zeit für den "Crusader", den Biff wie immer mit Referenzen wie etwa "Warlords of Deutschland" ausmalt. Ein wahrer Klassiker, einfach unverwüstlich, immer berauschend. Nach der kommenden Single "I've Got To Rock To Stay Alive" (bei der Biff offensichtlich Gedächtnislücken hat und den Text abliest) ist erst mal Schluss.
Fazit bislang: guter Gig, Setlist schön zusammengestellt aus allen Schaffensphasen. Vieles fehlt, aber der Back-Katalog ist halt so groß, dass man auf einiges verzichten muss. Denkt man. Und liegt falsch. Denn wo die Jungspunde vielleicht noch ein, zwei Zugaben gebracht und sich dann verabschiedet hätten, fangen die alten Herren erst an.
Der Dreingabenteil beginnt mit "Attila The Hun" eher schwächer - die Epik passt vielleicht zum neuen Album, zündet live aber nicht so recht - aber mit "Dallas 1 pm" und dem einmal mehr herausragenden "Power And The Glory" bricht vollends der Klassikerreigen an. Egal, was man sich als alter Hase noch wünscht, hier wird's nun doch noch geboten: "747 - Strangers In The Night", "Wheels Of Steel", die Stimmung erreicht den Siedepunkt, während die Spielzeit die zwei-Stunden-Marke überschreitet. Biff kommentiert's treffend: "I'm sure I'm older than all of you down there - and if I can stand here on stage for two hours and still jump around, you can jump, too - come on!" Und dann noch sein bester Scherz des ganzen Abends: "Careful, the medics are getting ready. But if you die now, it's alright - you can say you died for Metal!" Sprachs und eimert sich weg. Unglaublich, welchen Bekanntheitsgrad Joeys unsterbliche (ha!) Worte erreicht haben! Danke, Herr Kühnemund, für große Momente der Unterhaltung.
Nach einem weiteren Rückzug und Zurückrufen auf die Bühne setzt es natürlich noch die ultimative Hymne "Denim And Leather", bevor dann mit "Ashes To Ashes" endgültig Ruhe ist. Was soll man dazu noch sagen? Spielzeit satte 130 Minuten. Neue Stücke und Klassiker in schöner Ausgewogenheit. Eine Band in bester Spiellaune, guter Sound und ein launig aufgelegter, auch stimmlich in Topform befindlicher Fronter. Man könnte bemängeln, dass der Igel nicht gelandet ist, sondern zu Hause auf der Insel bleiben musste, und dass der eine oder andere persönliche Favorit wie "Heavy Metal Thunder" oder "Solid Ball Of Rock" fehlte. Aber das wäre kleinlich. Großes Kino, wie es sein muss und wie es nur die alten Helden zelebrieren können.

Setlist Saxon:

State Of Grace
Let Me Feel Your Power
Motorcycle Man
If I Was You
Strong Arm Of The Law
Great White Buffalo
20,000 Feet
Travellers In Time
To Hell And Back Again
Red Star Falling
We Will Remember
Princess Of The Night
Crusader
I've Got To Rock To Stay Alive
---
Attila The Hun
Dallas 1 p.m.
Power And The Glory
747 - Strangers In The Night
Wheels Of Steel
---
Denim And Leather
Ashes To Ashes

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