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Konzert-Bericht

Dream Theater

TonHalle, München 17.10.2005

Dream Theater sind in etwa genauso alt wie ich. Und so wie ich neulich feiern auch sie zur Zeit zwanzigjähriges Jubiläum. Der Gig in der Münchner Tonhalle fand im Rahmen der Octavarium-Welttournee statt, stand aber ganz im Zeichen des Geburtstages.
Die New Yorker Prog-Metal-Propheten spielten ohne Vorband, dafür waren sie quasi sich selbst die Vorband: Der Auftritt wurde in zwei Sets aufgeteilt, die zusammen etwa zweieinhalb bis drei Stunden dauerten.

Zu Beginn war die Bühne mit einem Vorhang verhängt, was die Fans nicht davon abhielt, sich davor fast zu erdrücken. Mit vielleicht 15 bis 20 Minuten Verspätung erklangen dann endlich die ersten Töne des Octavarium-Openers "The Root Of All Evil" und der Vorhang fiel. Was gab es zu sehen? Ein gut gelauntes, erfrischtes Traumtheater. Einen hingebungsvollen James LaBrie, einen fast völlig in seine Sammlung historischer Synthie-Instrumente eingemauerten Jordan Rudess und, was die Fußballfans sicher interessiert, einen Mike Portnoy mit Sonnenbrille und Sechziger-Trikot. Woher er das wohl hatte? Mit von der Partie waren jedenfalls natürlich auch "die beiden Johns", Myung und Petrucci.
Im Hintergrund hatte man eine Videoleinwand installiert, die wechselweise entweder Animationen und Artworks zu den jeweiligen Alben zeigte oder das Geschehen auf der Bühne vergrößert wiedergab. Letzteres empfand ich selbst an meinem Platz vorn in der Mitte als bitter nötig. Also entweder sind DT-Fans im Schnitt 30 Zentimeter größer als das normale Metalpublikum oder die Bühne war deutlich zu niedrig gebaut. Jedenfalls war es sehr schwer, jeweils das zu sehen, was ich sehen wollte.

Nach einem weiteren Stück vom letzten Studioalbum begann das Traumtheater, die gesamte Bandgeschichte im Schnelldurchlauf zu wiederholen. Beginnend mit dem "nullten" Tonträger, als Dream Theater am Anfang kurz Majesty hießen, spielte die Band von jedem Studioalbum ein Stückchen, von den neueren ein paar mehr.
Auf den Majesty-Song folgte das Debütalbum When Dream and Day Unite. Mit dem sehr knackig dargebotenen "Afterlife" waren wir dann auch schon mitten in der großen Schaffensperiode der Band, so dass nun ein wahres Hitfeuerwerk vom Stapel gelassen wurde. Nach "Under A Glass Moon" sprach James LaBrie zum ersten Mal zum Publikum. Bandjubiliäum und so weiter. Doch er fasste sich so kurz, dass die Stimmung keinen Zentimeter abfiel. Mit den Worten "Let's Go On To... Awake!" war seine kurze Ansprache vorbei und seine Bandkollegen knallten das eröffnende Killerriff von "Caught In A Web" entgegen. Ekstase. Danach wieder etwas Erholung: "Peruvian Skies". Sagte ich Erholung? Nunja, nicht für die Kehlen der versammelten Fans, denn diese sangen spätestens von nun an in Massen mit. Es gibt, nebenbei bemerkt, wohl wenige Metalbands, deren Fanscharen derart viel Text beherrschen.
Nach dem dramatischen "Fatal Tragedy" von Metropolis Part II war dann Six Degrees of Inner Turbulence an der Reihe. Die Jungs hatten sich für "About To Crash (Reprise)", das siebte Kapitel des Monster-Titelsongs entschieden, und natürlich musste darauf dann noch der Abschluss "Losing Time..." gespielt werden. Unglaublich, wie druckvoll dieses eigentlich eher ruhige Stück gespielt wurde. Ich habe selten eine Ballade derart intensiv interpretiert gehört. Ein Abschluss war es dann auch insofern, als dass sich die Band nun in eine 15-minütige Pause verabschiedete.

Nach der Pause ging es mit dem düsteren, modernen vorletzten Album Train Of Thought weiter. Das Album wird von der meisten Fans ja nicht besonders geliebt, und so war ich überrascht, dennoch so viel Begeisterung um mich herum zu haben. Nun ja, die beiden Songs "As I Am" und "Endless Sacrifice" ragen ja auch weit über den Rest des Albums hinaus und können es meiner Meinung nach auch durchaus mit den Perlen der früheren Alben aufnehmen.
Überhaupt: Dieses Album war kein Irrweg, den Dream Theater nun wieder aufgegeben haben, so wie es in vielen Reviews zu Octavarium zu lesen war. Ohne die schon in Six Degrees Of Inner Turbulence angedeutete Härte von Train Of Thought wäre Octavarium niemals möglich gewesen. Das konnte man nun sehr schön sehen, oder besser: hören, denn es folgte der unglaublich kräftige Octavarium-Ohrwurm "These Walls". Wenn ich so früh schon den besten Song des Albums benennen müsste, meine Wahl fiele auf diesen Song. Schon auf Konserve wirft er mich regelmäßig vom Stuhl, aber live erst! Unglaublich.
Es folgte Dream Theaters Beitrag zum 11. September: "Sacrificed Sons". Welche Söhne meinen sie da eigentlich? Die einen, oder die, äh, anderen? Oder die einen und die anderen? Würde mich mal interessieren. Fraglos ist hingegen, dass James' getragener Gesang Gänsehaut hervorrief. Die Videoleinwand im Hintergrund zeigte zum Glück nicht die altbekannten bunten Fernsehbilder, sondern nur zwei undeutlich angedeutete rechteckige Türme. Aber mehr braucht es wohl auch nach drei Jahren nicht, um die Bilder in unseren Köpfen wieder hervor zu holen. Aus "Sacrificed Sons" wurde "Octavarium". Der Anfang des 25-minütigen Stücks bestritt John Petrucci mit einer Doppelhalsigen, bevor er für die weiteren Teile wieder zum Sechssaiter wechselte. Die Meinungen über das Stück selber gehen ja auseinander. Langweilig, sagen die einen, magisch, sagen die anderen. Live würde ich mich auf jeden Fall der letzteren Gruppe anschließen. Viel anderes als Magie kann man nicht zu dem sagen, was Jordan hier, wie übrigens auch schon bei "Sacrificed Sons", mit Analog-Synthie, "Zupfbrett" und Keyboard veranstaltete. Auch Herrn Petruccis atemberaubendes Gitarrenspiel soll hier stellvertretend für den Rest des Konzertes erwähnt werden.

Nach "Octavarium" war die Bandgeschichte logischerweise erst einmal vorbei. Die Band verließ die Bühne. Davon ließen sich die Fans natürlich wenig beeindrucken. Dass die herbeigerufene Zugabe geplant war, wird sich der aufmerksame Leser vielleicht schon gedacht haben. Etwas fehlte doch noch.
Nein, nicht das nun anklingende "The Spirit Carries On" von Metropolis Part II, das aber natürlich schön passte als Statement zu zwanzig Jahren Bandgeschichte. Nein, natürlich fehlte "Pull Me Under" und das kam danach natürlich auch. Wobei ich zugeben muss, dass ich während der ersten Takte dachte, es würde noch ein Metallica-Cover eingeschoben werden. "Sanitarium"? Nein, es war natürlich schon "Pull Me Under", aber mir fielen zum ersten Mal die interessanten Parallelen zwischen den beiden Songs auf. Unsere New Yorker Lieblingsproggies sind also natürlich schon sehr lange Metallica-Fans, quasi "Birth, Berklee School of Music, Metallica, Death". Naja, letzeres hoffentlich noch nicht so bald.
Coversongs wurden übrigens nicht gespielt. Es sei denn, ich war zwischendrin mal fünf Minuten auf Astralreise und habs nicht mitbekommen. Den Verzicht auf Covers fand ich aber eigentlich auch ganz logisch, sie hätten nicht so richtig in einen Abend gepasst, der voll und ganz Dream Theater gewidmet war. Und das zu Recht.

So und bevor ich die Setliste hier anschreibe, noch ein unkommentierter Auszug aus der Merchandise-Preisliste. Die Zahlen sprechen für sich. Und nein, ich habe mich nicht verschrieben. Angesichts der Preise habe ich mich allerdings für ein hübsches Tour-Plakat entschieden, das kostete nur 8 Euro.

T-Shirts: 25-30 Euro
Longsleeves: 40 Euro
Baseballshirt: 50 Euro
Girlie: 35 Euro
Workshirt: 75 Euro
CDs: 25-30 Euro
Schweißband: 15 Euro

Setlist Dream Theater
Set 1:
The Root Of All Evil
Panic Attack
Your Majesty?
Afterlife
Under A Glass Moon
Caught In A Web
Peruvian Skies
Fatal Tragedy
About to Crash (Reprise)
Losing Time / Grand Finale

Set 2:
As I Am
Endless Sacrifice
These Walls
Sacrificed Sons
Octavarium
---
The Spirit Carries On
Pull Me Under

Tankred

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