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Konzert-Bericht

Ministry

Backstage, München 06.08.2012

Da wären wir also wieder! Nach dem alljährlichen "Familientreffen" auf der härtesten Gartenparty der Welt - dem Headbanger's Open Air - und der Schlammschlacht in Wacken haben es sich mein australischer Kollege Mr. Wilson und ich auch dieses Jahr nicht nehmen lassen, direkt nach Wiederankunft in Augsburg den Festivalsommer bei einem Besuch im Backstage ausklingen zu lassen. Letztes Jahr waren es noch W.A.S.P., die dazu aufspielten, heuer sind es Al Jourgensen und seine Mannen, kurz Ministry. "Ausklingen" wurde dabei zu "ausklingeln", denn der brachiale Industrial-Sound beherrschte meine Gehörgänge sicher noch zwei Tage danach. Aber von Anfang an:
In München angekommen überraschte uns ein gewaltiger Regenschauer - aber nach dem WOA war man daran fast schon gewöhnt - und so kommen wir wie die sprichwörtlichen begossenen Pudel klitschnass im Backstage an. Da in der Halle jedoch schon reges Treiben herrschte und der Temperaturpegel entsprechend hoch war, dunsteten wir recht schnell aus - wie viele andere auch, was die Location klimatisch in einen Tropenwald verwandelte. Beste Voraussetzungen also für einen "gediegenen" Abend, untermalt mit sanften Klängen der Marke Ministry. Wir hatten die Band zwei Tage zuvor schon auf dem WOA gesehen, allerdings von einem Standpunkt aus (Cocktailbar!), der dann doch recht weit vom Geschehen auf der Bühne entfernt lag. Aber das war schon Extraklasse und ein Höhepunkt der diesjährigen Festivalsaison. Zu unserer Schande muss ich gestehen, dass wir in Augsburg zu spät los kamen, und so die Vorband Djerv komplett verpassten. Der allgemeinen Meinung nach muss der Auftritt jedoch ganz in Ordnung gewesen sein.
Nun: wenn schon Ministry nach all der Extravaganza, dann wörtlich die volle Dröhnung und so rückten wir step by step weiter nach vorne Richtung Bühnenrand, bis wir sozusagen im Pit angekommen waren. Verblüffend nahm sich die Zusammensetzung des Publikums aus: alte Truemetaller schwatzten da mit jugendlichen John-Cena-Lookalikes, Mädels in Gewändern aus der Gruft prosteten muskelbepackten Hardcorlern zu und Anzugträger standen Seite an Seite mit den netten Punkrockern von nebenan. Das spricht meines Erachtens für die Band, der es über die Jahrzehnte gelungen zu sein scheint, sich schichten- und genreübergreifend eine treue Anhängerschar zu erspielen. Als das Licht ausging war die Halle voll!!!

Wie schon in Wacken ging's los mit "Ghouldiggers", gefolgt von "No W" und stante pede mutierte unser "Aufenthaltsraum" zu einem zappelnden, pogenden, Fäuste reckenden Etwas, das sich gemeinhin Mosh-Pit nennen lässt. Da ist die einzige Chance sich zu fügen, mitzumachen, um nicht unterzugehen. Und logisch: wie erwartet bläst einen der Sound von Anfang an schlicht weg. Druckwellen en masse, dennoch transparent und schön laut, laut, lauter! Mr. Al stapfte auf die Bühne im altbewährten Antisocial-Look und zeigte stilecht erst mal jedem im Publikum den Finger. So kennen wir das. Die Präsenz des U.S.-Establishment-Kritikers Nummer 1 hat über die Jahre nichts verloren, wenn auch seine Bewegungen das ganze Konzert über einem Dance in Trance glichen.

Ministry

Es folgten die beiden ersten Tracks vom Rio Grande Blood-Album, der Titelsong und überraschenderweise auch "Senor Peligro", wobei Mike Scaccia an der Gitarre und Casey Orr mit seinem schicken Cowboyhut am Bass ständig für Bewegung auf der Bühne sorgten und den Kontakt zum Publikum suchten. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt war die Stimmung überschäumend, was sich beim abschließenden Brachialbolzen "LiesLiesLies" und dem jetzt schon neuen Klassiker "99 Percenters" noch steigerte. Die Wechselwirkung zwischen Band und Audience wurde letztlich zum Schlüssel, diesen Abend unvergesslich zu machen, was zum Großteil auch an der Gabe von Herrn Jourgensen lag, immer wieder über seine John-Lennon-Brille zu schielen und jeden, zumindest in den vorderen Reihen, per Augenkontakt persönlich zu involvieren. In der heutigen Zeit findet man sicher nur eine Hand voll Frontmänner, die ihm in Sachen Charisma das Wasser reichen können. Ach was... der Mann ist eh schon längst eine lebende Legende. Danach wurden zwei echte Überraschungen ins Rund abgefeuert: "Watch Yourself" und "Life Is Good" von The Last Sucker, die wir selbstredend freudig mitnahmen. "Don't look into the strobe light, Mr. Wilson, this is gonna hurt and those sparkles will stay for days!" "Whatever! Haha!" Ja, die Blitzlichtgewitter von der Bühne - ein Trademark jeder Ministry-Show - waren allgegenwärtig und durchleuchteten einen fast.

Ministry

Fein, fein, dass die Band es verstand, uns mit jedem Song neu staunen zu lassen, denn nun gab es einen Doppelschlag vom 2004er-Opus Houses Of The Mole in Form einer genialen Version von "Waiting" und dem darauf folgenden "Worthless". Was auf der Videoleinwand das ganze Konzert über ablief, ist kaum in einen kurzen Live-Bericht zu packen. Da marschierten die NS-Truppen über den Bildschirm, gefolgt von Szenen aus Kambodscha, Klimakatastrophen gaben sich die Klinke in die Hand mit von Hungersnöten ausgemergelten Menschen und im steten Wechsel schielten Osama, der ältere und der jüngere G. W. Bush, gegen die Al sein Leben lang schon einen Kleinkrieg führt, ins Publikum. Ministry waren schon immer eine der Bands, die Sozialkritik ins absolut Extreme wenden, die Leute auch intellektuell erreichen wollen, und von diesem Aspekt der Combo ist über die Jahre nix, aber auch gar nix verloren gegangen.

Ministry

Weiter im Programm mit zwei Titelsongs "Relapse" und "The Last Sucker", die Halle brodelt und bebt, während sich Al auf den Boden schmeißt und von dort aus weiter schreit. Mit "Khyber Pass" (noch mal von Rio Grande Blood) endet das reguläre Set, es dauert aber nur kurz, bis sich die "Gang" (ich denke dieser Ausdruck passt zum Auftreten der Band) wieder auf der Bühne versammelt hat und frenetisch gefeiert "Psalm 69" anstimmt. Wer dachte, dass die Stimmung davor schon ihren Höhepunkt erreicht hatte, der sah sich ohne Frage getäuscht! Noch mal am Lautstärkeregler gedreht hauen Ministry danach nacheinander die beiden Überhits, die längst in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen sind, "N.W.O." und das immer wieder für Gänsehautattacken sorgende "Just One Fix" raus. Absolute Extraklasse! Doch auch damit ist nicht genug: Zeit für den Rundumschlag von The Mind Is A Terrible Thing To Taste, heißt in diesem Fall "Thieves" und, worauf ich gehofft hatte, einer meiner Alltime-Faves "So What" - und das in ganzer Länge (also über acht Minuten)! Da bekam ich das Grinsen lange nicht mehr aus dem Gesicht und die Band gab noch mal alles. Kurz schlenderten die Mannen noch mal von der Bühne, jedoch nur, um wieder umzudrehen und noch eine kurze Coverversion ihrer Buddies Stormtroopers Of Death zu spielen, nämlich "United Forces". Was oben über die Publikumsstruktur gesagt wurde, fasste die Band in ihrem Abschlusstrack auf einzigartige Art und Weise zusammen.

Ministry

Da waren wir erst mal baff, wie man so schön sagt. Soviel Energie, Power, Eindrücke! Gigs habe ich dieses Jahr unzählige gesehen, dieser schafft es aber mindestens unter die Top Drei. Ein echtes Erlebnis! Noch schnell zum Merchandiser, wo sich schon die beiden Gitarristen eingefunden hatten und fleißig Autogramme schrieben, und eine Halskette mit dem Ministry-Logo bzw. ein Bandana für unseren australischen Kumpan Paul geholt. Dank an Mr. Wilson, der sich anfangs in den Photograben gewagt hat und ein paar Bilder schoss. Ob dies nun die letzte Möglichkeit war, Ministry live zu erleben, bleibt abzuwarten, denn Mr. Al hat sein "Baby" ja schon öfter wiederbelebt. Wenn doch, hat sich die Band mit einer in allen Bereichen denkwürdigen Show vom Münchner Publikum verabschiedet.

Setlist Ministry:
Ghouldiggers
No W
Rio Grande Blood
Senor Peligro
LiesLiesLies
99 Percenters
Watch Yourself
Life Is Good
Waiting
Worthless
Relapse
The Last Sucker
Khyber Pass
---
Psalm 69
N.W.O.
Just One Fix
Thieves
So What
---
United Forces

Fuxx


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