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Konzert-Bericht

Kim Wilde & Kellner

Muffathalle, München 26.02.2011

Ja, jetzt kommt er ja schon wieder mit diesen artfremden Sachen daher! Ok, liebe Freunde, da ich eine ausführliche Apologie zu dieser Thematik bereits geliefert habe (in den Gedanken zum Auftritt der Dame vor zwei Jahren an gleicher Stelle), erspare ich mir die Argumentation, dass die gute Frau Schmidt (bürgerlicher Name, echt) vor allem auf den frühen Alben gleich mehrere veritable Rocker am Start hatte, die auch heute noch mehr Schmiss als 95% aller sonstigen, auf den Radiomarkt schielenden Darbietungen haben (denn wie die klingen, davon können sich die Kleineren heute Abend unweit im Zenith bei der Kaugummi-Show von Katie Perry überzeugen). Die späteren, elektronischeren und vollständig poppigen Elemente geraten livehaftig ebenfalls zu durchaus kraftvollen Nummern, so dass wir eben doch wieder kurz erklärt haben, warum die gute Kim zugegebenermaßen sicherlich nicht heavy, aber hinreichend hard ist, um unsere Seiten zu zieren. Und jeder, der die 80er bewusst erleben durfte, weiß ohnehin von was ich rede. Stichwort Starschnitt und Formel 1 im Ringelshirt. Dazu später mehr.

Nun, nachdem die Dame sich ja in den 90ern vor allem durch ihre eher hortikulturellen Fertigkeiten hervortat und im englischen Fernsehen mit Gartensendungen unbd -büchern quasi dauerpräsent war, schnupperte sie mit dem Nena-Reboot "Anyplace, Anywhere, Anytime" schon mal wieder Morgen- und Chartluft und wagte sich dann - wie ausführlich berichtet - vor zwei Jahren schon mal auf die Bretter des Landes, in dem sie stets besonders erfolgreich gewesen war. Diese Ansetzung gereichte uns zur Entzückung, und offenkundig war das Interesse groß genug, um ein weiteres Date folgen zu lassen. Dieses Mal lag davor allerdings eine ausführliche Promotionkampagne für das aktuelle Album Come Out And Play (die Frage, ob man in diesem Gerne ein Werk denn wirklich so nennen sollte wie gleichlautende Titel von The Offspring und Twisted Sister, das lassen wir mal unbeantwortet) und die zugehörige Tour. Ein Geheimtipp war es dieses Mal also nicht mehr, und folgerichtigerweise pilgerten auch diverse Hundertschaften mehr in den Austragungsort Muffathalle.

Augenscheinlich größer war auch die Produktion und Darbietungsform: statt dem schlichten Arrangement gab es an diesem Abend eine ausgewachsene Showtreppe nebst zugehöriger Leuchtstreifen. Die blieben allerdings erst einmal aus, denn zunächst erfreute uns ein Herr namens Mathias Kellner mit gleichnamiger Band mit seiner feinen, Akustik-Gitarren-lastigen Pop/Rock-Mischung. Der in jeder Hinsicht gewichtige Herr Kellner und seine Mannen balancieren dabei gekonnt in der Schnittmenge zwischen Singer/Songwriter und radiotauglichen Balladen, die vor allem durch die charakteristische Stimme des Cheffes überzeugen. Ein schöner Farbtupfer ist es dabei, dass der Herr nach gekonntem Englisch in den Songs selbst sich dann jeweils krachbayrisch beim Publikum bedankt. Diese 25 Minuten vergehen somit durchaus angenehm.

Nun gilt es leider erneut, eine schwierige Zeit zu überstehen. Nämlich Pausenbeschallung mit 80er-Gräueltaten wie "Running In The Family", "Slave To The Rhythm" und "Sign O' The Times". Wer sich jemals fragte, warum genau wir uns just zu dieser Zeit dem schweren Metall verschrieben, sei auf diese Entgleisungen verwiesen. Aber nun, so wie das der spaßige Boxansager im Fernsehen immer formuliert, "the main event of the evening". Licht aus, Treppe an, die Formation spaziert auf die Bühne, und da sind alle Protagonisten wieder versammelt: der nach wie massiv einen auf Kerry King machende schreibende, produzierende und musizierende Bruder Ricky Wilde, der ehemalige Kajagoogoo-Recke Nick Beggs am Bass (wie gewohnt im Rock, massiven Bikerstiefeln und Zöpfchen, aber dieses Mal gefährlich mit Totenkopfmustern) - und zur Begeisterung allenthalben darf auch Scarlett Wilde nicht fehlen, die Nichte, die sich als Sangeskünstlerin und Blickfang gleichermaßen bewährt. Und wenn sie uns letztes Mal schon im frechen Cocktailkleidchen bezirzte, dann schrammt das Outfit des heutigen Abends (Hosenanzug, allerdings ausgeschnitten bis wer weiß wohin) hart an der Jugendgefährdung entlang. Aber genug des schmückenden Beiwerks, zu den Klängen des Openers "King Of The World" von der aktuellen Scheibe spaziert die Protagonistin die Treppe herunter (so viel war zu erwarten), ihrerseits sehr elegant gekleidet und von Anfang mit einem spürbaren Spaßfaktor. Dieser Dame macht ihr Handwerk Freude, unübersehbar, mit leichter Selbstironie inszeniert sie die Darbietung und sich selbst, ist erneut auffallend gut bei Stimme und steht nach wie vor zu ihrer lebensnahen Figur. "Oh my God", stellt sie gespielt verschämt fest, "so many people - it's so crammed! Thank you for coming to see Kim and her band!" Understatement einer Pop-Queen - hübsch. Als gleich an zweiter Stelle mit "Chequered Love" vom Debut einer der Allzeitfavoriten abgefeuert wird, sind die angereisten Anhänger vollends aus dem Häuschen. Gitarrero Wilde greift beherzt in die Saiten, wobei dieses Mal - zumindest für mich ein kleiner Malus - die Gitarren nicht ganz so weit nach vorne gemischt sind, der Sound somit nicht ganz so schroff und ungehobelt daherkommt wie bei der letzten Ansetzung. Dafür steht der Olaf-Scholz-Imitator am Keyboard mehr im Mittelpunkt, was sicherlich authentischer, aber weniger kraftvoll ist. Dennoch gilt: wenn manch einer angereist sein sollte, um eine beschauliche, nostalgische Kaffeefahrt zu erleben, dann ist wieder Fehlanzeige. Denn das ist hier nur dem Buchstaben nach die 80er-Show aus dem Privatfernsehen - de facto ist das eine gute Mischung aus altem (ordentlich rausgeballertem) und neuem Material, das teilweise etwas zu reichlich vertreten. Denn nach dem launig als "of your own darling Nena" angesagten "Irgendwie Anywhere Irgentime" kommen gleich einige aktuelle Nummern - wobei "Lights Down Low" und das riffige "Suicide" zu gefallen wissen, aber die bange Frage aufkommen lassen, ob man dafür etwa Klassiker unter den Tisch fallen lassen wird (wird man nicht. Keine Angst.). Aber jetzt ist dann mal gut, die Dame wendet sich an uns kündigt süffisant an, man komme nun zu einem Stück, das der eine oder andere sicher kenne. Das folgende "Cambodia" überzeugt wie stets durch eine derart dichte Atmosphäre, die innerhalb eines Popsongs (hier ist wirklich kein Rock zu vermelden, außer dem des Bassisten) nur noch unverschämt ist. Ganz großes Kino - insbesondere die ohne Begleitung gesungenen letzten Textzeilen. Heftig weiter im Kanon geht es mit "View From a Bridge", bei dem Frau Wilde und ihre Mitsängerin einmal mehr durch gekonntes Zusammenspiel/singen begeistern. Ja, natürlich war sie nie eine begnadete Sopranistin, das hat am wenigsten sie jemals behauptet - aber der Kunstgriff, eben nicht auf Samples (zu deutsch Playback), sondern auf die Verwandtschaft zurückzugreifen, wenn es stimmlich mal übers Moor geht, das passt einfach zur gesamten, ungezwungenen Attitüde. Selbst am Piano versucht sich die Dame dann bei "Jessica", der Hymne über ihren Hund (ehrlich), bevor man sich dann auf der Freitreppe zu einem Akustik-Block versammelt: "Love Blonde" (das war zugegebenermaßen damals schon lahm), das fast schon vergessene "Thought It Was Goodbye" (von Teases And Dares), und dann noch ein Cover von "Sleeping Sattelite" (von Tasmin Archer - warum, bleibt offen). Das ist ja alles schön und gut, aber bevor wir uns ernstliche Sorgen machen, geht es endlich wieder deftiger zu Werke - das noch nicht mal entfernt zweideutige, sondern höchst anzügliche "The Second Time" glänzt wieder mit einer der fiesesten Basslinien des populären Genres, die Meister Beggs mit Verve herunterzupft. Wobei sich die gute Kim übrigens mittlerweile in eine passende Lederjacke und Jeans geschmissen hat. Nicht fehlen darf natürlich der seichte Liebling "You Came", dicht gefolgt vom einzigen US-Nummer 1-Hit "You Keep Me Hangin' On". Damit ist erst mal Ende, kurzes Resümmee: fast alles Wesentliche haben wir gehabt, und über das, was noch fehlt, ist uns nicht bange. Ohne großes Federlesen kommt man erneut und serviert mit einer feinen Version von "Forever Young" der Synthie-Popper Alphaville ein weiteres Cover - was vielleicht der einzige Moment des Abends ist, der unverbrämt die Zeitreisen-Mentalität bedient, mit der viele hergekommen sind. Da wäre zumindest mir ein weiterer Backkatalog-Beitrag lieber gewesen - aber man kann nicht alles haben. Egal, denn nun, ganz zu Ende, natürlich, gibt's dann noch die Signatur-Melodie, der das Ganze 1981 losgetreten hat. Da kommt sie dann noch mal die Treppe herunter, und trägt dabei als Schmankerl für alle mit intaktem Langzeitgedächtnis ein Ringelshirt in eben dem Stil, in dem sie ihre berühmten ersten Auftritte im damaligen Musikfernsehen Formel 1 absolvierte. "Kids In America" wird von Ricky geradezu zelebriert, mit kräftiger Soloeinlage auf der Treppe - und dann ist endgültig Schluss. Mit einer durchaus ansprechenden Spielzeit von gut 120 Minuten kommen somit alle essentiellen Zutaten zum Zuge - man könnte sich vielleicht noch "Another Step", "Four Letter Word" oder "The Touch" wünschen, aber die A-Liste war vollständig vertreten. Was bleibt, ist einmal mehr ein Abend voller Qualität, Können, Spielfreude, unkaputtbarem Material - und ja, geben wir's doch zu, ein wenig Schwelgen, aber wenn das so begeisternd runtergerissen wird wie hier, dann tun wir das gerne. Und suchen einmal mehr unsere LPs heraus. Ach ja, "Water On Glass" und "House Of Salome" wären auch mal wieder nett. Dann bitte 130 Minuten Spielzeit.

Setlist Kim Wilde:
King Of The World
Chequered Love
Hey You
Anyplace, Anywhere, Anytime (Nena-Cover)
Words Fell Down
Lights Down Low
Real Life
I Want What I Want
Suicide
Cambodia
Never Trust A Stranger
View From A Bridge
Jessica
Love Blonde
Thougt It Was Goodbye
Sleeping Satellite (Tasmin Archer-Cover)
Together We Belong
The Second Time
My Wish Is Your Command
You Came
You Keep Me Hanging On
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Forever Young (Alphaville-Cover)
Get Out
This Paranoia
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Kids In America

Holgi


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