Review
Neronoia - Un Mondo In Me
Manchmal wird man ja noch überrascht. Meistens zwar eher negativ, doch es gibt auch hin und wieder Lichtblicke, auch wenn sie sehr rar gesät sind. Einer dieser Lichtblicke ist die hier besprochene CD, obwohl "Lichtblick" im Zusammenhang mit der Musik von Neronoia ein eher deplatziert wirkender Begriff ist.
Denn das, was die fünf Italiener auf Un Mondo In Me da fabrizieren, ist nicht blendend hell oder wenigstens etwas aufgehellt, nein, hier herrscht Schwärze, Dunkelheit, Düsternis vor. Dark Ambient könnte man den Stil nennen oder Dark Wave, auch ein wenig Industrial-Einflüsse tauchen hier und da auf und an ein oder zwei Stellen scheint es etwas doomig durch. Ja, das "Tempo", wenn man es denn überhaupt so nennen darf, bewegt sich hier in den untersten Regionen, zähflüssig wie langsam erkaltende Lava quillt die Musik der Band aus den Boxen. Aber dabei klingt die ganze Sache nicht verzweifelt oder weinerlich, sondern sehr entspannt und locker. Die Musik lädt ein, sich in einem dunklen Zimmer zurückzulehnen, die Augen zu schließen und ein Glas (vorzugsweise extrem dunklen) Rotwein zu genießen. Es hat bei mir eine Zeit lang gedauert, bis ich in die CD hineingefunden habe, aber wenn man die Anfangshürden genommen hat, breitet sich eine faszinierende Klangwelt vor dem Hörer aus, die ihn in ihren Bann zu ziehen versteht. Ein atmosphärisches Keyboard verbindet sich mit zarter melodischer Gitarrenarbeit zu einem fesselnden Ganzen, bei dem der Beitrag der Rhythmusgruppe auf reine Unterstützung beschränkt. Nein, mit Metal hat das hier nichts zu tun, aber das muss es auch nicht, um mir zu gefallen. Die Lyrics sind komplett in Italienisch gehalten, ich habe also keinen blassen Schimmer, worum es hier eigentlich geht. Aber das ist auch völlig egal, die Musik erzählt ihre eigene Geschichte. Und die zieht sich über den gesamten Tonträger hin, so dass die Tatsache, dass alle Tracks nur mit Nummern betitelt sind und kein eigenes Gesicht erhalten, überhaupt nicht störend wirkt, sondern ganz im Gegenteil die Homogenität des Werkes dadurch nur noch betont wird. Dafür muss ich, was die Produktion betrifft, leider Minuspunkte verteilen, denn hin und wieder verschwinden die Höhen einfach im klanglichen Nirwana, während an anderer Stelle dafür ein Rauschen im Hintergrund auftaucht, das mich unweigerlich an die "guten alten Zeiten der Musikkassette" erinnert.
Das ganze Werk ist keine Musik für Zwischendurch, die CD verlangt Zeit und Aufmerksamkeit sowie (wohl am Wichtigsten) die richtige Stimmung vom Hörer, aber dann belohnt sie ihn mit einer Reise in ganz besondere Welten. Ich habe keine Ahnung, wie diese Platte im Vergleich zu ähnlichen Alben zu bewerten ist, dazu fehlen mir einfach die Vergleiche. Deswegen verzichte ich mal auf eine Punktewertung, persönlich sehe ich sie irgendwo zwischen vier und fünf Pünktchen, auch wenn die CD mit Metal ungefähr so viel zu tun hat wie George W. Bush mit einem Staatsmann...
Hannes
Ohne Wertung
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