Review
Bai Bang - Livin' My Dream
Warum in der Szene immer wieder der Fehlschluss herum geistert, Bai Bang aus Schweden seien eine neuere Band, lässt sich kaum erklären. Bassist Joacim Sandin, Gitarrist Pelle Eliaz, Sänger Diddi Kastenholt und Felldrescher Johnny Benson beackern den Globus nämlich ganz im Gegenteil schon seit den späten 80ern mit ihrem Mix aus Sleaze-, Hard- und Melodic Rock, sind mit Größen wie Saxon, Ratt, Dio oder den Pretty Maids aufgetreten und haben sogar schon im Whisky gespielt. Von Newcomern kann also keinesfalls die Rede sein. Vielleicht liegt's jedoch daran, dass sich erst 2009 mit der Veröffentlichung von Are You Ready plattentechnischer Erfolg einstellte und seitdem die Band in aller Munde ist. Zurecht: denn die Scheibe erwies sich als Partykracher erster Kajüte. Darauf wollen die vier nun mit Livin' My Dream einen drauf setzen. Und auch auf dem neuen Output finden sich durchweg klasse Nummern, ja bisweilen sogar Überflieger.
Zu Letzteren würde ich den Opener "We're United" noch nicht zählen. Hier wird zwar straighter Vorwärts-Rock zwischen ZZ Top und Buckcherry geboten, richtig genial wird's aber erst ab dem anschließenden Titeltrack, in dem eine erste Bewegung in Richtung Def Leppard oder auch Europe stattfindet. Das heißt Melodien, Melodien, Melodien und große, große Chöre; hier verbunden mit einem hart gezockten Mainriff. "Come On" setzt diesen Weg entsprechend fort und erweist sich als erster echter Übersong! Irgendwie fühlte ich mich beim ersten Hören an solche Alltime-Hard Rock-Klassiker wie "Kiss Me Deadly" von Lita Ford, "Crazy, Crazy Nights" von Kiss oder "Edge Of A Broken Heart" von Vixen erinnert, was als Kompliment erster Kategorie zu verstehen ist. Das dürfte ein Song sein, der bleibt. Das Gleiche lässt sich noch über mindestens drei weitere Tracks sagen: die gleich darauf folgende Hommage an den Rock als solchen "Rock On", das nach "Animal" oder "Hysteria" von Leppard schmeckt, "Tonight", das schon in Richtung AOR etwa im Stile FMs tendiert und "Rock It" bei dem Y&T Pate gestanden haben könnten, aber eben nicht kopiert, sondern ganz exzellent in Szene gesetzt. Ausfälle gibt es auf Livin' My Dream keine zu verzeichnen.
Alle anderen Songs liegen weit über dem Durchschnitt (man höre sich etwa nur die Goodtime-Abschlussnummer "Put On Her Dress" an!), werden streckenweise mit tollen Melodie-Soli garniert und ergeben insgesamt ein stimmiges Gesamtbild. Rechnen wir Bai Bang mal der Schweden-Sleaze-Bewegung zu, was zwar nicht unbedingt den Tatsachen entspricht, da hier ein ganz eigener Stil gezockt wird, der höchstens mit den Crazy Lixx verglichen werden kann, dann liefern die Jungs neben Sisters Hated das Album des Jahres aus dieser Ecke ab. Großartig!
Fuxx