Review
Sideburn (CH) - Jail
Sideburn, das hat nix mit einem halbseitigen Sonnenbrand oder einem teilweise erwischten Topflappen zu tun. Nein, das sind Koteletts. Und hierbei auch nicht die fleischige (fleischliche?) Version, die uns Kindern der 70er öfters mal sonntags serviert wurde. Nein, hier geht es um den Teil der Gesichtsbehaarung, den man auch bei Vollrasur (des Gesichts, das andere muss jeder selbst wissen) stehen lässt, um hinlänglich cool auszusehen. In den 70ern waren die Koteletten verpflichtend, und selbst Heino und Udo Jürgens zeigten sich diesbezüglich als Oberrocker.
Somit ist der Name Programm. Denn die fünf Herren aus der Schweiz werkelten zunächst von 1986 bis 1997 unter dem Namen Genocide zusammen - und das deutete denn auch mehr auf Heavy Metal der heftigeren Gangart. Aber 1997 warf man das Ruder in Richtung erdigen Hard Rock, für den der neue Name passt wie die Faust aufs - na, die Schläfe eben.
Stilmäßig machen sie nicht lang rum, den Schweizern scheint das australische Riffing ja ohnehin im Blut zu liegen, und so machen sie wie die Landsleute Krokus eine astreine, absolut gekonnte Verbeugung vor den 70er-Alben von AC/DC, und dabei vor allem vor der bluesbetonteren Variante ("Red Knight" klingt derart nach "Live Wire", dass es schon eine Art hat...). Das haben Airbourne ja auch getan und sind damit zu Millionensellern aufgestiegen - zumindest waren Sideburn früher dran. Das Material ist so gut, wie es in dem Genre eben sein kann: beschwingte Riffs, Mid-Tempo (mit Ausnahmen: der Titeltrack "Jail" geht ab, mit "Hot For Teacher"-Vibes, oder "Chase The Rainbow", groovt wie Sau), dreckige Vocals, und nachdenklich-reflektierende Texte wie z.B. "Live To Rock", "Devil And Angel", "One Night Stand" oder "Rock'n'Roller". Die Qualität ist durchweg hoch, und mit "Lazy Daisy" liefern sie das ab, was für AC/DC die gute alte Rosie und für Krokus die "Smelly Nellie" war. Jawoll.
Will also heißen: wer Riff-Rock mag, der kommt hier absolut auf seine Kosten. Gut gemachte AC/DC-Kost, und das ist per se mal gar nicht schlecht.